Braucht man das? Einen Kombi von Porsche? Braucht man nicht, ist die erste Reaktion. Doch wenn man erst einmal im neuen Sport Turismo gesessen hat, ändert man schnell seine Meinung. Auch wegen seines Designs.
Von Frank Mertens
Porsche und Kombi? Muss das auch noch sein? Klar, in Zeiten, in denen die Zuffenhausener mit Cayenne und Macan längst von einem reinen Sportwagenbauer auch zum Anbieter von SUVs geworden sind, geht auch das. Wobei: Natürlich bietet Porsche den Panamera ab Oktober nicht als Kombi an. Bei der VW-Tochter heißt er Sport Turismo. Das klingt dann gleich nicht so nutzwertorientiert und schon gar nicht nach Vertreterauto. Sport Turismo – der Name soll Emotionen wecken.
Doch natürlich geht es bei diesem Sport Turismo um den Nutzwert – und damit vor allem darum, sich neue Zielgruppen zu erschließen. Nämlich die, denen die Limousine des Panamera schlicht zu wenig Platz bot. Deshalb preist Porsche den ST auch als 4+1-Sitzer an. Ein Platz mehr auf der Rückbank soll am Ende dafür sorgen, dass sich innerhalb der Panamera-Baureihe 20 Prozent der Kunden für einen Sport Turismo entscheiden, wie Stefan Utsch sagt, der den Vertrieb und das Marketing für den Panamera verantwortet. 20 Prozent neue Panamera-Kunden also? Nein, natürlich nicht. „Es wird etliche Kunden geben, die sich statt für eine Limousine nun für einen Sport Turismo entscheiden", sagt Utsch. „Doch natürlich werden wir auch neue Kunden gewinnen. Wie viele es sein werden, werden wir sehen."
Nun auch für Familien geeignet
Doch der zusätzliche dritte Platz auf der Rückbank dürfte auch Kunden überzeugen, die drei Kinder haben, wie beispielsweise Andreas Jaksch. Jaksch ist Projektleiter des ST und konnte bei Ausflügen mit der Familie die Limousine des Panamera dafür nicht nutzen. Mit dem ST avanciert der Panamera nun vom Auto von Dinks (Double Income no Kids) zum Familienauto. Gut, wirklich lange Strecken wie der Fahrt in den Urlaub mag man niemanden auf dem Mittelplatz im Fond zumuten. Doch immerhin gibt es jetzt diese Option. Wer dem dritten Platz nichts abgewinnen kann, der kann den ST natürlich auch wie bei der Sportlimousine als Viersitzer mit zwei elektrisch einstellbaren Einzelsitzen ordern
Auf den Einzelsitzen im Fond können übrigens auch Großgewachsene wirklich bequem sitzen. Dazu trägt auch die längere und damit im Fond höhere Dachlinie bei, die auch zu einem Mehr an Kopffreiheit beiträgt. Von dieser höheren Dachlinie profitiert auch der Kofferraum, wie Jaksch erklärt. Er wächst bei umgeklappter Rückbank um bis zu 50 Liter auf 1390 Liter. Belädt man den ST bis zur Oberkante der Rücksitze, steht nun 520 Liter (+ 20 Liter) Gepäckraumvolumen zur Verfügung.
Die höhere Dachlinie bringt neben der Steigerung des Nutzwertes aber auch für das Aussehen Vorteile. Der ST sieht schlicht schöner, viel stimmiger als die Limousine aus. Das Team um Designchef Michael Maurer hat hier ganze Arbeit geleistet. In die Dachkante wurde übrigens ein Dachspoiler integriert, der sich je nach Geschwindigkeit in drei Positionen ausfährt und damit für einen noch besseren Anpressdruck auf der Hinterachse sorgt.
Doch weg vom Nutzwert, hin zum Fahrspaß. Hier steht der ST der Limousine natürlich – in nichts nach. Und das fängt bereits beim schwächsten ST an, dem Panamera 4 ST. Doch was heißt schwach? Der V6 bringt es bereits auf 330 PS und sorgt mit einem maximalen Drehmoment von 450 Nm für einen ausreichend kraftvollen Antritt, der den Fahrer in 5.5 Sekunden in Kombination mit dem wirklich gut arbeitenden Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe von 0 auf 100 km/h schnellen lässt, eher dem Spaß bei 259 km/h Einhalt geboten wird. Die 200er-Grenze ist übrigens nach 22,7 Sekunden erreicht. Auf dem Weg dorthin lernt der Fahrer alles das zu schätzen, was bereits die Limousine auszeichnet.
Unterwegs mit Hinterachslenkung
Das reicht über die die Lenkpräzision enorm steigernde Hinterachslenkung, die elektronische Wankstabilisierung, den Allradantrieb bis hin zur elektronischen Stoßdämpferregelung (PASM). Das sorgt alles dafür, dass der Porsche, nun ja, es klingt abgegriffen, wie auf Schienen unterwegs ist.. Wer mit ihm auf der Rennstrecke fährt, freut sich daran, wie dieses über 5 Meter lange und mindestens rund 1,9 Tonnen schwere Autos quasi auf dem Asphalt klebt.
ST kommt auch als Plug-in-Hybrid
Doch es geht natürlich auch noch schneller als in dem 97.557 Euro teuren Panamera 4 ST. Dazu braucht man nur in den Turbo ST steigen. Der kostet dann zwar auch 158.604 Euro, bietet dann aber auch einen potenten V8-Bitubo mit 550 PS und einem Drehmoment von 770 Nm. So motorisiert, erreicht man Tempo 100 in 3,8 Sekunden.
Stellt man den Drehschalter am Lenkrad auf den Fahrmodi Sport+ erreicht man dieses Ziel sogar schon in 3,6 Sekunden. Nun ja, für manch einen mögen diese zwei Zehntel wichtig sein. Doch am Ende steht doch vielmehr im Vordergrund, dass der ST neben einem höheren Nutzwert auch den schöneren Panamera darstellt.Den ST wird es übrigens auch als Plug-in-Hybrid mit einer elektrischen Reichweite von 51 Kilometer und einer Systemleistung von 462 PS bei 4 E-Hybrid beziehungsweise 680 PS beim Turbo S geben.