Porsche Cayman: Auf der Spur des 911ers

Nahezu perfekter Sportwagen

Porsche Cayman: Auf der Spur des 911ers
Porsche-Fahrer gelten als sehr an Autos interessiert. © Porsche

Der Porsche Cayman ist wohl der ehrlichste Vertreter der Sportwagenschmiede. Nicht überraschend giert die geschlossene Variante des Boxsters nach Drehzahlen.

Der Kleinwagen hat den Überholvorgang abgeschlossen, die linke Autobahnspur ist wieder frei und der vor uns fahrende 5er-Diesel gibt Gas. Und zieht erst einmal weg. Was? Das kann nicht sein! Also flugs vom sechsten in den vierten Gang zurückgeschaltet, den Gasfuß durchgedrückt und nach einigen Sekunden ist man wieder dran – und kurze Zeit später auch vorbei. So muss es ein. Ja, mangelndes Überholimage kann man einem Cayman wahrlich nicht vorwerfen.

Porsche Cayman giert nach Drehzahlen

Die kleine Episode auf einer deutschen BAB macht den Charakter des kleinen Porsche deutlich. Für die schnelle Beschleunigung und für den ganz großen Fahrspaß benötigt der Sechszylinder-Boxer einfach Drehzahlen. Das zeigen auch andere Werte: Das maximale Drehmoment von zunächst nicht übermäßig viel anmutenden 290 Newtonmetern wird erst bei 4500 U/min erreicht, hält sich dann aber bis 6500 Umdrehungen. Und hochfahren lässt sich der Motor bis immerhin 7800.

Ein Hochdrehzahlkonzept also und das muss der Käufer eines Cayman wissen. Denn sonst geht es ihm so wie einer jungen Dame in der Redaktion nach einer kurzen Einkaufsfahrt durch die Stadt: Es könnte sich leichte Enttäuschung einstellen. Der Cayman will einen aktiven Fahrer, jemanden der gerne und viel schaltet. Das knackige Sechsganggetriebe macht Spaß, wenn wir den Schalthebel auch gerne etwas niedriger angesetzt gehabt hätten. Wem der ständige Gangwechsel auf Dauer zu viel Arbeit ist, muss sich ein anderes Fahrzeug zulegen – oder den Cayman mit optionalem 7-Gang-PDK ordern. Dann fährt er sich alltagstauglicher, verliert aber auch ein klein wenig an Flair.

Kurvige Landstraße das optimale Terrain für Porsche Cayman

Wer einen Hund hat weiß: Der benötigt je nach Größe und Rasse viel Auslauf. Dem bissigen Cayman geht es nicht anders. Fährt man ihn längere Zeit nur durch die Stadt, meint man den Sportler geradezu nach Drehzahlen und Geschwindigkeit flehen zu hören. Eine besondere Art der Tier-Quälerei. Geht es dann auf die Autobahn, sägt er zufrieden vor sich hin, um bei Gasstößen kurz und sonor Rückmeldung zu geben. Am wohlsten fühlt sich der Zweisitzer allerdings dort, wo alle echten Sportwagen zuhause sind: auf Landstraßen und auf Bergetappen oder Küstenstraßen – gerne mit ganz vielen Kurven und ganz wenig Verkehr. Der Tanz kann beginnen.

Der Cayman ist in mancher Hinsicht viel kompromissloser als der große Bruder 911 und vom Schwestermodell Boxster unterscheidet er sich durch die fehlende Dachöffnungsmöglichkeit. Was ihn als Fahrmaschine konsequenter wirken lässt. Zudem geben die cleveren Schwaben dem Cayman sowohl in der von uns bewegten Normalversion als auch in der S-Variante – dann mit 3,4-Liter-Motor und 239 kW/325 PS – jeweils zehn Pferdchen mehr Leistung mit auf die Straße. Was ein zusätzlicher Grund ist, den Preisunterschied von 3000 Euro zu rechtfertigen. Damit wir nicht falsch verstanden werden: Die drei Tausender zusätzlich nimmt Porsche für den Cayman. Ein seltenes Beispiel dafür, dass eine wenn auch marginal schwächere Cabrio-Version günstiger ist, als die geschlossene Variante. Porsche eben.

Porsche Cayman ab 51.400 Euro

Die Preise für den Porsche Cayman beginnen bei 51.400 Euro.
Eine stilvolle Heckpartie zeichnet den Porsche Cayman aus Porsche

Wer die Preise eines 911 gewohnt ist, wird die knapp 51.400 Euro Grundpreis trotzdem geradezu als fair empfinden. Aber Obacht: Man kann in den Porsche-Preislisten auch hier ganz problemlos Optionen für 20.000 oder 30.000 Euro hinzufügen. Mindestens 10.000 Euro müssen es sowieso sein, damit die grundlegenden Dinge an Bord sind.

Als Gegenwert für diesen Haufen Euro erhält man einen nahezu perfekten Sportwagen, qualitativ hochwertig und auf ein langes Leben ausgelegt. Was sich auch in hohen Gebrauchtwagenpreisen niederschlägt – oder anders gesagt: in relativ geringem Wertverlust.

Es gibt nicht wenige Porsche-Kenner, die den Cayman für den pursten, echtesten Porsche halten. Sie meinen, dass der Zuffenhausener heute genau jene Rolle spielt, die der groß, breit und auch schwerer gewordene 911er vor 20 oder 30 Jahren einnahm. Wir würden dieser Ansicht nicht widersprechen wollen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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