Porsche Cayman 718 GT4 RS: Krönung der Baureihe

Porsche Cayman 718 GT4 RS: Krönung der Baureihe
Der Porsche Cayman 718 GT4 RS bietet faszinierende Fahrleistungen. © Porsche

Der Porsche Cayman 718 GT4 RS bringt alles mit, was sich Sportwagenfans wünschen. Doch er wirft auch Fragen auf – nämlich die nach der Sinnhaftigkeit.

Was waren das für Zeiten. Ein zweisitziger Sportwagen, direkt hinter den Insassen ein dicker Sechszylinder mit 500 PS, der bis zu 9.000 Touren dreht, auf der Autobahn niemanden fürchten muss und viele Rivalen auch auf der Rennbahn hinter sich lassen kann. Innen eng und draußen laut, wenig Platz für Gepäck.

Alles noch so, wie es die englischen Coupés ab den 50-Jahren vorgemacht haben. Das Wichtigste aber ist das Porsche-Wappen mit dem sprungbereiten Stuttgarter „Rössle“, das seit 1952 kaum verändert wurde.

Preis bei mindestens 58.000 Euro

Jetzt schmückt es die stets dunkel lackierte Fronthaube des bisher stärksten und schnellsten Porsche Cayman GT4 RS, der zusätzlich die Nummernfolge 718 trägt. Das Mittelmotor-Coupé ist vor 17 Jahren erschienen und ergänzt seither den erfolgreichen Roadster mit Namen Boxster. Mit ihm war Porsche in den 90er-Jahren aus der drohenden Pleite gefahren.

Eigentlich war der Zweisitzer einst als günstigste Möglichkeit gedacht, sich einen Porsche in die Garage zu stellen. Heute kostet so ein Cayman mindestens 58.000 Euro. Wer sich dann verleiten lässt, das neue Super-Modell mit den kryptischen Zusätzen „GT4 RS“ anzuschaffen, ist mit einiger Ausstattung sogar gut das Dreifache los.

Pompöser Heckflügel

Der Gegenwert sind Leckerbissen rund ums Auto. Zum Beispiel der pompöse Heckflügel, der von einer „Schwanenhals“-Aufhängung gehalten wird. Ein passendes Bild, erinnert die Form doch an den weißen Vogel, dessen Schnabel den Spoiler von oben umklammert. Seine Neigung kann vorher von Hand in drei möglichen Stufen fixiert werden. Je nachdem, ob man sich mehr pressende Luft-Kilos fürs Kurvengeschlängel oder weniger für eine Tour auf langen Geraden wünscht. Porsche-Kenner entdecken sofort, dass der größere 911 GT3 über das gleiche Bügelbrett verfügt.

Dem Spiel mit dem Fahrtwind widmeten die Väter des Cayman GT4 RS viel Zeit und Mühe. Vier Öffnungen an der Front, so viel wie in keinem anderen 718. Oben auf den Kotflügeln Lamellen-Lüftungen für das Radgehäuse. Zwei Schlitze im Frontdeckel sollen die Kühlung der Bremsen verbessern, ohne dabei den so wichtigen cW-Wert zu verschlechtern. Beim Rundgang spürt man viele dieser aerodynamischen Kunstgriffe auf, die bei flüchtigem Blick leicht übersehen werden. Zum Beispiel nach vorne gerichtete Öffnungen hinter den Seitenscheiben, die den Sechszylinder mit Atemluft versorgen. Dagegen dienen die schlanken Hutzen hinter den Türen seiner Kühlung. Ein Gesamtkunstwerk der Designer und Luftikusse in Porsches Diensten.

Vierliter-Sechszylinder aus dem 911er

Beim Herzstück des GT4 RS musste nicht lange getüftelt werden. In den Regalen lag schließlich der Vierliter-Sechszylinder aus dem Klassiker 911 GT3 griffbereit für einen weiteren Einsatz. Da das bewährte Triebwerk beim Cayman nicht im Heck Platz findet, sondern als Mittelmotor hinter den Sitzen lauert, mussten die Abgasleitungen im Vergleich zum „Elfer“ verlängert werden. Das kostete zehn PS an Leistung. 500 statt 510 PS, die künftigen Kunden werden es verschmerzen können.

Vor dem Ritt über die Ex-Formel-1-Strecke im portugiesischen Estoril muss sich das wilde Krokodil erst im richtigen Leben beweisen. Auf den kurvigen Landstraßen entlang der Atlantik-Küste, den engen Straßen im Alltagsstau der kleinen Städte und Ortschaften mit den typischen schneeweißen Häuschen. Hand aufs Herz, das ist nicht wirklich das Terrain eines wachechten Sportwagens.

Gedanklich auf der Autobahn

Beim Stop-and-Go mit niedrigen Drehzahlen durch Tempo-30-Zonen mit leise blubberndem Herzschlag des Motors einem Kleintransporter zu folgen, lässt unvernünftige Ungeduld aufkommen. Wenn sich dann eine Lücke auftut und der Gasfuß zuckt, drohen dank des Radaus hinter den Sitzen fragende Blicke der Passanten. Später im Rhythmus der vielen Biegungen ist so ein Porsche immer noch unterfordert und verlangt aufmerksame Blicke gen Tacho. Nein, hier ist der Neuling sicher nicht zu Hause.

Der gedankliche Sprung auf die linke Spur einer deutschen Autobahn ohne Limit passt da schon eher, ist aber sicher auch nicht Adrenalin pur im Hinblick auf drohendes Ungemach durch Raser-Bashing und die oft strapazierte „Sozialverträglichkeit“ solcher Autos in Zeiten von Klimasorgen und Spritpreis-Explosion. Also ab auf das Asphalt-Band einer abgesperrten Rennstrecke. Die Realität bleibt vor dem Maschendrahtzaun, die Menschen mit schwerem rechten Fuß sind unter sich. Und werden mit all dem verwöhnt, was dann später in vielen Fachgesprächen diskutiert wird.

Spitze 315 km/h

Natürlich mit Heckspoiler: der Porsche Cayman 718 GT4 RS. Foto: Porsche

Der 718 Cayman GT4 RS ist genau dafür gedacht. Mit dem Luxus-Spielzeug raus aus dem Alltag. Laut Porsche gibt es viele Betuchte, die sich so ein Vergnügen mehrmals im Jahr gönnen und deshalb bei ihren Clubtreffen vehement ein solches Geschoss wünschten. 80 PS mehr als der bisherige GT4, dazu mit 315 km/h Topspeed 11 km/h schneller. Und noch eine glatte Sekunde früher auf der 100-Markierung des Tachos. Verbesserungen, die nur der Profi in den Estroril-Schikanen oder den Vollgas-Kurven zu spüren bekommt.

Die größeren Bremsscheiben mit 408 Millimetern Durchmesser packen messerscharf zu, wie es wohl so einem Krokodil gebührt, dessen Name Kaiman die Modellbezeichnung des Sportlers angelehnt ist. Schnelles Schalten zwischen den Kurven, entweder per Hebel in der Mitte oder mit den Schaltplatten hinterm Lenkrad. Atemberaubend wie erwartet auch der furiose Antritt, die Möglichkeit der Annäherung an die Haftgrenze der dicken Reifen. Gut, dass für die interessierten Laien auch noch die Elektronik an Bord ist, die bei drohendem Übermut den Anker wirft.

Unterm Strich bleibt der Gewissens-Zwiespalt zwischen der Faszination eines technischen Meisterstücks und der Frage nach deren Sinnhaftigkeit. Gut, dass jeder für sich entscheiden kann, wie er unterwegs sein will. Hilfreich dabei könnte dabei die Tatsache sein, dass der neue 718 Cayman GT4 RS auch E-Fuel verträgt. (SP-X)

Keine Beiträge vorhanden