Porsche 718 Cayman GT4: Rückkehr des Sechszylinders

Porsche 718 Cayman GT4: Rückkehr des Sechszylinders
Der Porsche 718 Cayman GT4 und der Spyder. © Porsche

Im Porsche Cayman GT4 und in dem auf dem Boxster basierenden Spyder feiert der Sechszylinder ein Comeback. Ab Spätsommer sind die neuen Modelle auf dem Markt.

Mit dem Facelift vor einigen Jahren hatte Porsche den Boxster und Cayman nicht nur um den Namenszusatz 718 ergänzt, sondern sie auch der Sechszylinder-Boxer beraubt – und die neuen Vierzylinder gleich noch mit Turbos ausgerüstet.

Ganz loslassen wollten den guten alten Sechser allerdings selbst die Ingenieure nicht: In Cayman GT4 und dem auf dem Boxster basierenden Spyder kehr der Sechszylinder-Boxermotor deshalb zurück – und das auch noch freiatmend. Die neuen Top-Modelle werden ab Spätsommer ausgeliefert und setzen mit 93.350 Euro für den Spyder beziehungsweise 96.206 Euro für den Cayman der Baureihe auch preislich die Krone auf. Zumindest in Deutschland bleibt noch ein bisschen Zeit zum Sparen: Die 2019er-Charge ist bereits ausverkauft.

Von Purismus keine Spur

Cayman GT4 und Spyder, das klingt nach Purismus. Optisch allerdings legen beide erstmal ordentlich zu: Zahlreiche Aerodynamik-Anbauteile erhöhen nicht nur merklich den Abtrieb, sondern lassen die Sportler athletischer auftreten. Beim Cayman fällt vor allem der mächtige Heckflügel auf, beim Roadster sind es die beiden Hutzen hinter den Sitzen – und das händisch zu montierende Finnen-Stoffverdeck, das nach ein wenig Tüftelei unter dem Heckdeckel verschwindet.

Im Porsche Cayman feiert der Sechszlinder sein Comeback. Foto: Porsche

Innen geht es recht wohnlich zu, auffälligstes Merkmal sind die Türschlaufen anstatt klassischer Griffe, und wer mag, kann das serienmäßige Infotainment-System durch ein leichtes Ablagefach ersetzen lassen. Für den perfekten Halt sorgen verschiedene sportliche Fauteuils bis hin zum engen Schalensitz.

Gleiche technische Basis

Interessant: Die technische Basis ist erstmals bei beiden Modellen gleich. Während der GT4 schon länger auf die Vorderachse des 911 GT3 zurückgegriffen hat, kommt diese jetzt auch beim Spyder zum Einsatz. Dazu packt Porsche alle aktuellen Fahrwerks-Optimierungen: Das adaptive Sportfahrwerk, das den Wagen 3 Zentimeter näher an den Boden rückt, das Torque-Vectoring und das Hinterachs-Sperrdifferenzial.

Wirklich spannend aber wird es unter der Haube: Vierliter-Sauger, das klingt zwar zunächst stark nach 911 GT3, doch dessen Triebwerk in die 718er einzupflanzen, wäre viel zu aufwendig gewesen. Also haben die Techniker einen neuen Motor entwickelt: Das neue Aggregat hat mit dem intern 9A2 genannten Dreiliter-Elfer-Triebwerk zu tun und wird mit ihm zusammen gefertigt, aber eben ohne die Bi-Turbo-Aufladung. Ein Aufwand, den Porsche sicher nicht für nur ein Modell eingeht, doch wo wir den Motor zukünftig wieder sehen werden, ist noch nicht bekannt.

Verwendungszweck für den hochdrehenden Sauger gäbe es sicher genug: Der Begrenzer greift erst bei 8.000 Touren ein; nur knapp darunter steht die maximale Leistung von 420 PS bereit. Damit übertrifft der neue Cayman GT4 seinen Vorgänger mit 3,8-Liter-Motor um 35 Pferdestärken, beim bislang etwas schwächeren Spyder ist es sogar ein Plus von 45 Zählern. Das Drehmoment von 420 Newtonmetern liegt zwischen 5.000 und 6.800 U/min an und wird aktuell ausschließlich händisch verwaltet.

Ein DSG ist in Arbeit

Eine Doppelkupplungsversion ist in Arbeit, bis die kommt, muss man sich an den kurzen, knackigen Schaltwegen erfreuen. Dass die Gänge für einen Sportwagen recht lang übersetzt sind, liegt an den Abgasnormen, die der Motor sonst nicht einhalten würde; auch die Zylinderabschaltung trägt zum Normverbrauch von 10,9 Litern bei. Allerdings lassen sich die beiden Sportler im Alltag recht schaltfaul fahren, schließlich überzeugt der geschmeidige Sauger mit erstklassiger Drehfreunde und schon ab 2.000 Touren steht ausreichend Kraft parat.

Der Porsche Spyder basiert auf dem Boxster. Foto: Porsche

Per Tastendruck gibt die Technik beim Runterschalten gekonnt Zwischengas und sorgt so neben einem kernigen Fauchen auch für den reibungslosen Drehzahlanschluss. Wer den Schalthebel behände durch die Gänge führt, kommt in gerade mal 4,4 Sekunden von null auf hundert. Das hat der Cayman schon bisher geschafft, für den Spyder bedeutete das eine Verbesserung von einer Zehntelsekunde. Die V-Max ist bei beiden gestiegen, sie liegt beim Coupé bei 304 km/h, der Roadster ist mit Tempo 301 marginal langsamer.

In die Trickkiste gegriffen

Die reine Längsdynamik steht bei Porsche aber nie allein im Vordergrund, genauso wichtig ist es, schnell ums Eck zu kommen. Für bestmögliche Performance haben die 718-Ingenieure wie bereits erwähnt tief in die Fahrwerks-Trickkiste gegriffen und ein straffes, aber nicht unkomfortables Setup erreicht. Klar, über Gullideckel und Schlaglöcher poltern beide ziemlich ungehobelt, doch in Summe ist der Fahrkomfort durchaus alltagstauglich. Und genau dort werden die meisten Kunden ihren GT4 oder Spyder bewegen; die meisten werden nämlich vor allem wegen des Sechszylinders zuschlagen und nur selten auf die Rennstrecke gehen.

Dass er am Track eine gute Figur macht, steht außer Frage: Bis in die letzte Faser durchtrainiert, sprintet der Mittelmotor-Sportler auf den Marschbefehl mit dem rechten Fuß hin nicht nur mit Leichtigkeit los, sondern lässt sich mit überragender Präzision in die Kurve werfen – um mit noch mehr Nachdruck und aus selbiger wieder heraus zu beschleunigen.

Gute Reifenwahl

Die Michelin-Pilot-Sport-Cup-2-Reifen (vorne 245er, hinten 295er) auf 20-Zoll-Rädern krallen sich in den Asphalt, setzen kleinste Lenkrad-Bewegungen unverzüglich in Richtungswechsel um und der perfekt austarierte Unterbau sowie die zahlreichen Aerodynamik-Maßnahmen arbeiten Hand-in-Hand.

So wird das Handling fast schon zum Kinderspiel, auf Lastwechsel reagiert der Mittelmotorsportler unglaublich neutral und lässt sich auch sonst kaum aus der Ruhe bringen. Und wer sich doch mal einen groben Fahrfehler erlaubt, der kann guten Gewissens auf das Stabilitäts-Programm vertrauen – wenn es an ist. Anders als bei den meisten Porsches, lässt sich der Helfer bei den GTs nämlich komplett abschalten. (SP-X)

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