Im Porsche 918 Spyder werden dem Fahrer Eindrücke aus allen Welten von Öko bis Rennstrecke geboten. Allerdings kommen nur wenige in den Genuss, andere müssen sich gedulden, bis die Technik auch in die weitaus günstigere 911er-Baureihe einzieht.
Ein Dröhnen liegt in der Luft, es riecht nach heißem Öl und verbranntem Gummi und was da tatsächlich über die Formel1-Teststrecke von Valencia jagt, kann man bei diesem Tempo kaum erkennen. Erst als der schnelle Schwarm ein wenig Gas herausnimmt, zeichnet sich eine flache Silhouette ab, die irgendwie vertraut nach Porsche aussieht. Aber dann geschieht etwas, was das Weltbild des gemeinen Porsche-Fahrers in seinen Grundfesten erschüttert: Wie auf ein geheimes Kommando verstummt die gesamte Truppe und surrt in andächtiger Stille um den Kurs, kaum langsamer als vorher aber dafür viel leiser, fast wie auf einer Carrera-Bahn im Maßstab 1:1. Denn hier im sonnigen Spanien läuft sich keine weitere Variante des Elfers warm, kein Boxster und kein Cayman. Hier startet mit der Kraft von zwei Elektromaschinen und einem V8-Benziner gerade ein Porsche, wie es ihn in über 60 Jahren noch nicht gegeben hat: Strecke frei für den 918 Spyder, den grünsten Sportwagen und das schnellste Öko-Auto der Welt.
Porsche Spyder 918 Spyder nah an der Million
Aber das ist nicht der einzige Superlativ für die Carbon-Flunder mit dem messerscharfen Design und den beiden herausnehmbaren Dachhälften. Auch der Preis der auf 918 Exemplare limitierten Kleinserie, von der schon die Hälfte aller Exemplare verkauft ist, ist nicht von dieser Welt: 768.026 Euro kostet das Grundmodell, das zwar wie ein Rennwagen entwickelt wurde, innen aber allen erdenklichen Komfort bietet. Ja, die Sitze sind ein bisschen stramm und auf den Rückenwärmer muss man verzichten. Aber natürlich verstellt man die Spiegel elektrisch, es gibt eine Freisprechanlage und elf Burmester-Lautsprecher und vor allem gibt es eine Mittelkonsole mit einem Touchscreen wie einen Tablet-Computer, die sich nur noch vom Tesla Modell S die Schau stehlen lässt.
Trotzdem gibt es noch jede Menge Extras: Mit dem Weissach-Paket für weniger Gewicht und noch mehr Fahrdynamik klettert der Preis schon auf 839.426 Euro und wer in der schlanken aber gehaltvollen Preisliste Kreuzchen bei Extras wie dem Authentic-Leder (23.800 Euro), dem Liquid-Metall-Lack (47.600 Euro) oder nur der Fußmatte für den Beifahrer (1190 Euro) macht, der kommt einer Million gefährlich nahe.
Porsche 918 Spyder schafft Nordschleife unter sieben Minuten
Aber dafür gibt es auch ein Auto mit bislang nie dagewesen Fähigkeiten. "Denn der 918 macht das Unmögliche möglich", prahlt Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz mit Blick auf die Extreme, die der 918 unter einen Hut bringt: Auf der einen Seite ist er 652 kW/887 PS und 1280 Nm stark, schafft er die Nordschleife des Nürburgrings in 6:57 Minuten und darf sich deshalb das schnellste Serienfahrzeug auf dem Eifelkurs nennen. Und auf der anderen Seite verbraucht er – zumindest nach den abwegigen aber nun einmal gültigen Normen – im Mittel nur 3,0 Liter und ist damit sparsamer als die meisten Kleinwagen.
Um diesen Spagat zu stehen, spannen die Schwaben gleich drei Motoren zusammen: Das heiße Herz des 918 Spyder ist der V8-Benziner im Rücken der Passagiere. Direkt aus dem Rennsport übernommen, 4,6 Liter groß und 447 kW/608 PS stark, röhrt der hochdrehende Sauger schon beim ersten Kickdown so kraftvoll und ungeniert, als wolle er direkt gegen die stillen Stromer anschreien, die ihm zur Seite gestellt wurden. Dabei soll er, dirigiert von einer rasend schnellen Steuerelektronik, doch eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten mit dem flüsterleisen 95 kW/129 PS-Motor an der Vorderachse und der 115kW/156 PS starken E-Maschine im Heck, die beide gespeist werden aus dem 6,8 kWh großen Lithium-Ionen-Akku.
Porsche 918 Spyder in 20 Sekunden auf 300
Die Regie führt der Fahrer mit dem Gasfuß oder dem so genannten Map-Schalter am Lenkrad: Ähnlich wie das legendäre Manettino von Ferrari regelt es den Charakter und mit ihm die Betriebsstrategie des Öko-Renners: Vom rein elektrischen Betrieb in der ersten bis zum Race-Mode in der vierten Stufe.
Und wer dann noch wie der Schütze im Kampfjet den roten Kopf drückt, der kann im Modus "Hot Lap" für eine heiße Runde alle Reserven mobilisieren: Der Akku entlädt weiter, als es ihm auf Dauer gut tut, die E-Maschinen boosten, was das Zeugt hält und der Verbrenner dreht auf höchsten Touren. So schafft man den Sprint von 0 auf 100 in 2,6 Sekunden, stürmt in unter 20 Sekunden auf 300 km/h, erreicht bei Vollgas 345 km/h – und vor allem schafft man die Nordschleife so in weniger als sieben Minuten.
Porsche 918 Spyder zwischen den Extremen
Schaltet man die fünf Modi durch, erlebt man tatsächlich deutliche Unterschiede: Ruhig aber rasant fährt der 918 in der Grundstellung bis Tempo 150 rein elektrisch. Man erlebt den Hybridmodus mit dem effizientesten Zusammenspiel der beiden Motoren, in dem er den Normverbrauch von drei Litern schafft. Man freut sich am fast schon brutalen Brüllen des 4,6 Liter großen Rennmotors im Rücken, der so wunderbar vorlaut in die Strom-Stille platzt. Und vor allem staunt man, mit welcher Urgewalt der 918 einen Satz nach vorne macht, wenn die beiden E-Motoren und der Verbrenner gemeinsam zur Sache gehen. Zusammen 1280 Nm katapultieren die 1,7 Tonnen schwere Karbonflunder dann nach vorne und pressen einen so tief in die Sitze, dass der eben noch verdammt knappe Hosenträger-Gurt plötzlich wieder ziemlich viel Spiel hat.
Dabei bleibt der 918 sehr lange extrem gut beherrschbar. Ja, er ist bretthart gefedert, die Keramikbremsen haben einen Biss wie Höllenhunde und die Lenkung reagiert extrem scharf. Doch dafür kann man den Wagen mit Torque Vectoring und Hinterachslenkung so präzise um den Kurs führen wie ein Chirurg sein Skalpell.
Porsche 918 Spyder lädt in fünf Minuten wieder auf
Anders als bei Elektrosportwagen wie dem Tesla, dem SLS ed von Mercedes oder dem verhinderten Audi e-Tron muss man dabei nicht nach der Reichweite schauen. Klar ist der Akku nach knapp 30 Kilometern irgendwann leer, und auf der Nordschleife fühle sich das Auto danach plötzlich an, als ob es stehe, klagt PS-Veteran und Porsche-Werksfahrer Walter Röhrl. Aber statt den 918 dann 3,8 Stunden an die Steckdose oder 25 Minuten an den weitere 20.000 Euro teuren Schnelllader zu hängen, kann man einfach weiter fahren. Denn der V8 hat so viel Power, dass er die Batterie auch unterwegs in fünf Minuten wieder laden kann.
In der Zwischenzeit jedoch liegt wieder ein vertrautes Brüllen in der Luft es riecht nach heißem Öl und verbranntem Gummi – und für die Porsche-Fahrer ist die Welt wieder in Ordnung. Wenn es nach Entwicklungschef Wolfgang Hatz geht, wird sich die Kundschaft an dieses ungewohnte Wechselspiel gewöhnen müssen. Nicht nur, weil der abgespeckte 918-Antrieb wohl noch in dieser Generation auch im 911 Einzug hält. Sondern weil der Plug-In-Hybrid der Sportwagenschmiede womöglich auf Dauer den Bestand sicher wird: "Damit beweisen wir auch kritischen Beobachtern, dass Sportwagen noch eine große Zukunft haben." (SP-X)