Porsche zeigt Mut – und bietet den Macan nur noch als Elektro-Version an. Nun kommen zwei neue Varianten des Erfolgs-SUV auf den Markt: der Macan und der Macan 4S.
Kann das wirklich gut gehen? Und dann noch bei einem Porsche? Klar, sagt man beim Sportwagenbauer aus Zuffenhausen und bietet den Macan nur noch als rein elektrisches Modell an.
Dazu gehört Mut. Schließlich gehört der Macan seit Jahren hinter dem Cayenne zu den beliebtesten Fahrzeugen im Portfolio. Aber mit Marktstart des neuen Macan in diesem Spätherbst hat man dem SUV zumindest für Europa den Benzinhahn abgedreht. Wer jetzt Macan fahren will, kann dies nur noch elektrisch. Und damit die Kundinnen und Kunden ausreichend Wahlmöglichkeit haben, erweitert Porsche auch gleich das Modellangebot.
Neben dem Topmodell Macan Turbo (584 PS/114.000 Euro) und dem Macan 4 (387 PS/84.100 Euro, bringt Porsche ihn auch noch als Macan 4 S (448 PS/90.700 Euro) und als Einstiegsversion Macan (340 PS) geben. Während alle anderen Modelle mit Allradantrieb unterwegs sind, muss sich der Macan mit einem Hinterradantrieb begnügen. In ihm kommt – wie in allen anderen Macans – übrigens eine 100 kWh (95 kWh netto) große Batterie zum Einsatz. Beim Einsteigermodell soll die Reichweite je nach Ausstattung zwischen 536 und 641 Kilometer betragen. Der Preis, einen elektrischen Macan zu fahren, beginnt bei ihm übrigens bei 80.700 Euro. Das sind rund 10.000 Euro mehr als beim vergleichbaren Verbrenner.
Keine Angaben zu Bestelleingängen
Es wird nun spannend zu sehen, ob das in der Regel zahlungsbereite Porsche-Klientel auch bei diesem Aufpreis den Weg in die E-Mobilität mitgeht. Von daher ist der Weg der Zuffenhausener mutig, das zweitbeliebteste Modell ausschließlich nur noch elektrisch anzubieten. Manch einer würde indes auch sagen, er sei angesichts der ab dem kommenden Jahr verschärften CO2-Flottengrenzwerte alternativlos gewesen. Denn wenn die Co2-Grenzwerte verfehlt werden, drohen den Herstellern Strafen in Millionenhöhe.
Und, wie laufen derzeit die Bestellungen für den E-Macan? Bei der Vorstellung der beiden neuen Varianten Anfang Oktober in Stuttgart war dazu nichts zu erfahren.
Vertriebsvorstand Detlev von Platen ließ dazu bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen Mitte des Jahres auch nicht Konkretes wissen. Er sprach nur von sehr erfreulichen Auftragseingängen.
Was in diesem Zusammenhang erfreulich heißt, lässt Spielraum für Interpretationen. Der Blick auf den Absatz des Taycan jedenfalls dürfte für Porsche weniger erfreulich sein. Für das erste rein elektrischen Modell der VW-Tochter entschieden sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres weltweit nur 14.042 Kundinnen und Kunden. Das ist ein Rückgang von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Diese Zahlen liegen aber nicht nur an der derzeitigen Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität, sondern auch am Modellwechsel des Taycan. Im vergangenen Jahr wurden von ihm noch 40.629 Einheiten (+17 Prozent) abgesetzt. Schaut man sich die Zahlen des Macan an, dann sind auch bei ihm per drittem Quartale Rückgänge von 20 Prozent bei 55.000 verkauften Modellen feststellbar. Im Vorjahr lieferten sich der Cayenne (87.553) und der Macan (87.355) in der Kundengunst noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Neue Varianten überzeugen
Auch wenn aufgrund der derzeit anhaltender Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität noch ein Fragezeichen besteht, ob die E-Version des Macan an die Absatzzahlen des Verbrenners heranreichen kann, ist eines klar: Mit Blick auf die Performance und Fahrdynamik braucht man dem Verbrenner keine Träne hinterher weinen. Fangen wir bei der Einstiegsversion an, die, wie gesagt, im Gegensatz zu den anderen Varianten statt mit Allrad nur mit Hinterradantrieb vorfährt. Bei ihm sorgt der bereits aus dem Macan 4 bekannte Hinterachsmotor für eine Leistung von 340 PS; im Overboost sind es sogar 360 PS.
Bereits diese Werte zeigen, dass das Wort Einstiegsversion immer relativ zu sehen ist, vor allem wenn man von Porsche spricht. Denn der Macan stellt in dieser Variante ein Drehmoment von 563 Nm zur Verfügung. Das liegt, wie bei E-Autos üblich, sofort an und sorgt für einen druckvollen Vorwärtsdrang. Er sollte selbst eingefleischte Verbrenner-Fans zufrieden stellen.
In gerade einmal 5,7 Sekunden wird der Sprint auf Tempo 100 zurück gelegt – und die Spitzengeschwindigkeit ist bei mehr als ausreichenden 220 km/h erreicht. Zu wenig? Nun ja, seien wir ehrlich: Wo, bitteschön, kann man auf den immer voller werdenden Autobahnen denn auch mal länger schneller als 220 km/h fahren? Zudem sind solche Höchstgeschwindigkeiten längst nicht mehr zeitgemäß. Kurz noch ein Wort zum Verbrauch: bei den Testfahrten rund um Stuttgart haben wir den Macan laut Bordcomputer mit einem Verbrauch um die 20 kWh/100 Kilometer bewegt. Mit etwas Zurückhaltung bei der Fahrweise sind auch Werte darunter möglich.
Macan optional mit Hinterachslenkung
Der Spaß, einen Porsche zu fahren, resultiert zudem nicht aus dem Topspeed, sondern vor allem aus seiner Beschleunigung und seiner exzellenten Fahrdynamik. Und die lässt beim Macan keine Wünsche offen. Dafür sorgt beispielsweise die Hinterachslenkung (Aufpreis 1854 Euro bei Einstiegsversion), die die Hinterräder um bis zu fünf Grad einschlagen lässt. Daneben sorgt die adaptive Luftfederung mit Niveauregulierung und dem Porsche Active Suspension Management (PASM/2653 Euro, Serie bei Macan 4S) für alles, was man mit Blick auf Komfort und Sportlichkeit erwartet. Mit dieser Fahrwerksabstimmung freut man sich auf die nächste Kurve: der 4,78 Meter lange Macan liegt satt auf der Straße, kein Wanken, keine Seitenneigung führen zu Irritationen bei der Kurvenhatz. Der Spaßfaktor in diesem E-SUV ist hoch.
Apropos Sportlichkeit: Wem die Leistung der Einstiegsversion nicht reicht, für den dürfte der Macan 4S eine Alternative sein. Er stellt 448 PS (Overboost 516 PS) zur Verfügung. Hier erreicht man Tempo 100 bereits nach 4,1 Sekunden und kann – wenn man es braucht – sogar 240 km/h schnell fahren. Was an diesem Modell indes noch beeindruckender als der Topspeed ist, ist das Drehmoment: es liegt bei 820 Nm. Ein Druck aufs Pedal reicht – und man wird mit noch größerer Vehemenz in die Sitze gedrückt, als es beim Macan der Fall ist. Wer es sich mit seinem Beifahrer nicht verscherzen will, der sollte ihn also kurz vorwarnen, bevor er das Gaspedal durchdrückt.
Laden mit bis zu 270 kW
Ach ja, noch ein Wort zum Allrad. Bei den Testfahrten in Stuttgart konnten wir dessen volles Potenzial nicht im Gelände ausprobieren. Dazu hatten wir indes schon bei anderer Gelegenheit die Möglichkeit – nämlich vor ein paar Monaten auf der Offroad-Teststrecke des Herstellers in Leipzig. Hier gab der Macan auch bei tiefem Matsch und Wasserdurchfahrten eine richtig gute Figur ab. Dass man im Macan auch im schwierigen Gelände ziemlich souverän unterwegs sein kann, ist gut zu wissen. Doch irgendwie dürfte sich das Gros der Kundschaft nur äußerst selten abseits befestigter Straßen bewegen.
Anders sieht es da schon mit der Ladeleistung aus. Auf sie legt (fast) jeder Kunde gesteigerten Wert, der auch gern mal Langstrecke fährt. Dank des 800 Volt-Bordnetzes lässt sich der Akku an einer entsprechenden Schnellladesäule mit bis zu 270 kW laden. Das bedeutet, dass die Batterie von 10 auf 80 Prozent in gerade einmal 21 Minuten geladen werden kann. Porsche verspricht dabei nicht nur eine hohe Peakleistung, sondern auch eine ziemlich konstante Ladekurve. Ob dieses Versprechen zutrifft, haben wir bei den zurückliegenden Testfahrten nicht ausprobiert, werden es aber bei einem kommenden Test nachholen.
Mit dem Macan bringt Porsche ein Modell auf den Markt, das selbst die Wünsche und Anforderungen eingefleischter Petrol-Heads befriedigt. Den Porsche-Verantwortlichen um Chef Oliver Blume jedenfalls ist zu wünschen, dass ihre Rechnung mit dem Macan aufgeht. Denn in Zuffenhausen steht man nach wie vor zu seinem Ziel, bis 2030 bereits 80 Prozent seines weltweiten Absatzes mit rein elektrischen Fahrzeugen zu bestreiten. Entsprechend befinden sich die nächsten E-Modelle schon in der Entwicklung: 2025 sollen die E-Versionen vom 718 /Boxster und Cayman) und wohl ab 2026 auch der Besteller Cayenne folgen.