SUV-Coupé Polestar 4: Die Zukunft des Rückblicks

SUV-Coupé Polestar 4: Die Zukunft des Rückblicks
Design-Kniff: Der Polestar 4 kommt ohne Heckscheibe aus. © Polestar

Der Polestar 4 bringt mit der fehlenden Heckscheibe ungewöhnlichen Design-Schwung in die Klasse der SUV-Coupés. Der hat leider seinen Preis.

Folgt man der Lehre Darwins, so haben Arten mit vorteilhaften Merkmalen bessere Chancen. Weniger vorteilhafte Merkmale verkümmern im Laufe der Zeit, bis sie gar nicht mehr vererbt werden. Diese Theorie lässt sich bisweilen auch im Automobilbau beobachten. Zugunsten einer optisch ansprechenden Coupé-Linie haben viele moderne SUV flache oder schmale Fenster. Die Sicht nach hinten ist stark eingeschränkt, die Scheibe verliert zwangsläufig ihre vorgesehene Funktion. Warum also nicht gleich ganz auf sie verzichten, dachte sich Polestar und bringt seine Nummer 4 jetzt zu Preisen ab 61.900 Euro ganz ohne Heckscheibe auf den Markt.

Das fehlende Fenster ist zweifellos das auffälligste Merkmal des 4,84 Meter langen Stromers. Stattdessen blickt der Fahrer durch einen digitalen 8,9-Zoll-Innenspiegel nach hinten, der das Bild einer am hinteren Ende des Daches integrierten 2,5-Megapixel-Kamera projiziert. Sie bietet einen Weitwinkelblick, soll auch bei Regen oder Staub einwandfrei funktionieren und ist dem menschlichen Auge bei schlechten Lichtverhältnissen sogar überlegen. Außerdem wird der Blick in den Rückspiegel nicht mehr durch Kopfstützen oder Mitfahrer behindert. Gewöhnungsbedürftig, aber effektiv – und ein Hingucker ist das scheibenlose Heck allemal.

Großzügiger Innenraum

Der Zentralbildschirm im Querformat bestimmt das Cockpit. Foto: Polestar

Das vom Polestar-Designteam entworfene Mittelklasse-SUV sieht in diesem unkonventionellen Kniff noch weitere Vorteile – optische wie funktionale. Trotz der nach hinten schnittig-abfallenden Dachlinie ist der Innenraum durch den Versatz der D-Säule großzügig dimensioniert. Das verbessert die Aerodynamik und sorgt für beeindruckende Kopffreiheit auf den verstellbaren Rücksitzen. Der Verlust der direkten Sicht irritiert aber auch. Während Fondpassagiere ein seltsames dunkles Gefühl umgibt, ist schlichtweg kein Backup an Bord für den Fall eines defekten Kamerasystems. Brillenträger tun sich zudem schwer damit, den digitalen Rückspiegel schnell zu fokussieren.

Auch der Polestar 4 setzt im Innenraum auf das markentypische Design mit schlichter Ästhetik und viel Technik. Der Fahrer sieht sich einer Digitalkombi gegenüber, die einen 15,4-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole mit einem 10,2-Zoll-Instrumentencluster hinterm Lenkrad verknüpft. Das Android System gibt eine Vielzahl von Informationen auf den Displays wieder, die über Kacheln statt Listen leicht zu finden sind. Hilfreich sind Quick Controls, über die man seine persönlichen Favoriten belegen und schneller zugreifen kann.

Auch Allradantrieb verfügbar

Das Einstiegsmodell kombiniert Hinterrad-Antrieb mit einem eher konventionellen Fahrwerk. Foto: Polestar

Materialien und Design haben eine unverwechselbare Ästhetik, die sich erfrischend von den Konkurrenten unterscheidet. Das Interieur ist stilvoll gestaltet und bietet schön strukturierte Textilien. Der Kofferraum des Fließheckmodells fasst beachtliche 526 Liter, davon 31 Liter unter dem Gepäckraumboden. Ein zusätzlicher 15-Liter-Frunk bietet Platz für Kabel.

Das Einstiegsmodell kombiniert einen einmotorigen Hinterrad-Antrieb mit einem eher konventionellen Fahrwerk und passiver Radaufhängung. Das System mit 200 kW (272 PS) und 343 Nm Drehmoment kann das Gesamtgewicht von 2,2 Tonnen nicht vergessen machen und müht sich redlich, das SUV behände auf Kurs zu halten. Dank einer kommunikativen Lenkung mit drei vom Fahrer wählbaren Abstufungen, ist ein präzises und ruhiges Handling ohne übertriebene Wankbewegungen möglich. Sportlichere Fahrleistungen verspricht die Dual-Motor-Variante mit Allrad und adaptivem Fahrwerk. Die kostet dann allerdings 8.000 Euro mehr. Ein Luftfahrwerk ist gar nicht vorgesehen.

Reichweite bis zu 610 Kilometer

Beide Versionen greifen auf den gleichen 100-kWh-Akku zu mit Reichweiten je Ladung von bis zu 610 km für den Hecktriebler, bei der stärkeren Variante sind es 30 km weniger. Das 400-Volt-Bordnetz kann den Polestar 4 mit bis zu 200 kW nachladen. Die Standardladung von 10 auf 80 Prozent gelingt dann in etwa 30 Minuten, für das AC-Laden zu Hause oder an öffentlichen Ladesäulen muss man sich serienmäßig mit 11 kW begnügen. Einen 22-kW-Lader gibt es im Plus-Paket für 5.500 Euro extra – dann in Verbindung mit dem Harman Kardon Premium-Sound und LED-Scheinwerfern

Trotz fehlender Heckscheibe ist der Polestar mit mindestens 61.900 Euro nicht gerade billig. Aber die Serienausstattung ist großzügig: Wärmepumpe, schlüsselloser Zugang, elektrisch verstell- und beheizbare Vordersitze, 360-Grad-Rückfahrkamera, Drei-Zonen-Klimaautomatik: Da muss man eigentlich nichts mehr dazubuchen. (SP-X)

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