Opel setzt seine Modelloffensive fort und schickt am 20. Juni den Opel Karl auf den Markt. Der Kleinwagen hat dabei mehr zu bieten, als nur einen attraktiven Preis von deutlich unter 10.000 Euro.
Von Frank Mertens
Bei Opel geht es Schlag auf Schlag. Von 2014 bis 2018 kommen allein 27 Modelle und 17 neue Motoren auf den Markt. Mit diesem Tempo bei der Modelloffensive will der Rüsselsheimer Autobauer bis zum Jahr 2016 zurück in die Gewinnzone – und die neuen Opel-Modelle scheinen bei den Kunden anzukommen.
Zudem stiegen in den ersten vier Monaten des Jahres 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Absatzzahlen beim Adam gleich um über 34 Prozent, beim neuen Corsa um 16 Prozent, beim Mokka um 9,4 Prozent und beim Astra immerhin noch um über zehn Prozent, obwohl die neue Generation des Kompaktklassemodells schon im September auf den Markt kommen wird.
Einstiegspreis von 9500 Euro
Am Montag haben die Rüsselsheimer übrigens die ersten Fotos von ihrem zusammen mit dem Corsa wichtigsten Modell publiziert – und der neue Astra dürfte allein schon rein optisch für frischen Wind im Kompaktklasse-Segment sorgen. Das könnte auch auf den neuen Opel Karl zutreffen, den die GM-Tochter am 20. Juni für einen Preis von 9500 Euro auf den Markt schicken wird – und für den bereits vor dem offiziellen Start europaweit 25.000 Bestellungen vorliegen, wie Opel-Deutschlands-Vertriebschef Jürgen Keller bei der Präsentation in Amsterdam sagte.
Zuversichtlich stimmt Keller dabei das prognostizierte Wachstum im Kleinwagen-Segment. Während im Jahr 2010 noch 195.000 Einheiten abgesetzt wurden, sollen es bis zum Jahr 2022 bereits 270.000 Einheiten sein. Allein in Deutschland entfielen in Deutschland im zurückliegenden Jahr 7,5 Prozent aller Zulassungen auf diese Wagenklasse.
Davon will sich Opel nun ein kräftiges Stück vom Kuchen einheimsen – und einem VW Up, einem Hyundai i10 oder Renault Twingo Kunden streitig machen. Dazu beitragen soll zunächst einmal der Preis, der deutlich unter 10.000 Euro liegt und damit in diesem preissensiblen Segment die Kunden zum Kauf animieren soll. „Doch wir bieten nicht nur ein sehr wettbewerbsfähigen Preis, sondern dafür im Vergleich zur Konkurrenz den stärksten Motor“, so Keller.
Dreizylinder mit 75 PS
Und für den Vortrieb im Karl sorgt ein neuentwickelter Dreizylindermotor mit 75 PS. Er sei, so sagt Motorenchefentwickler Matthias Alt ausschließlich für den Karl konzipiert worden und soll nicht nur durch seine Effizienz, sondern auch durch die geringe Geräuschentwicklung überzeugen. Der Verbrauch soll sich gerade einmal bei 4,3 Litern (CO2-Wert 99 g/km) auf 100 Kilometern bewegen. Bei den Testfahrten rund um Amsterdam erreicht der Karl diesen Wert zwar nicht, doch mit rund fünf Litern machte er dennoch eine ganz gute Figur.
Das Geräuschniveau des neuen Aggregats ist okay, aber wirklich leise sieht dann doch anders aus. Doch das ist eine Marginalie. Das Aggregat verrichtet mit seinen 75 PS einen ganz anständigen Job – beschleunigt den 939 Kilogramm schweren Kleinwagen recht zügig, auch wenn man vom Karl keine ausgeprägten Sprintfähigkeiten erwarten sollte. So vergehen dann auch 15,5 Sekunden bis Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit ist bei 170 km/h erreicht. Doch das eine reicht ebenso wie das andere, denn der Karl ist doch vor allem ein Stadtauto. Hier fühlt es sich mit seiner Länge von 3,67 Meter und einer Breite von 1,87 Meter am wohlsten. Apropos Wohlfühlen: das kann man sich im Karl durchaus, auch wenn das Auge doch arg viele Kunststoffflächen zu sehen bekommt. Aber die Verarbeitung geht vollauf in Ordnung, da braucht man sich nicht zu verstecken.
Für den Stadtbereich ist die ansonsten bereits direkt ansprechende Lenkung des Karl ab der zweiten Ausstattungsvariante Edition mit einem so genannten City-Modus unterwegs, der das Einparken dann noch weiter erleichtert. Der Wendekreis von Bordstein zu Bordstein liegt übrigens bei 9,5 Metern.
Überschaubarer Kofferraum
Nichts zu meckern gibt es auch an den Platzverhältnissen für Fahrer und Beifahrer: hier können selbst zwei Großgewachsene bequem Platz nehmen – und auch für ausreichend Kopffreiheit ist gesorgt. Im Fond sieht das indes anders aus: hier mag man längere Fahrten Erwachsenen nicht wirklich zumuten. Aber ein Raumwunder zu sein, erwartet man von einem Kleinstwagen auch nicht wirklich. Der Kofferraum des global entwickelten und in Korea gebauten Karl beläuft sich auf recht überschaubare 195 Liter, bei umgelegter Rücksitzlehne werden es 926 Liter.
Erwarten würde man von einem Kleinstwagen auch keine Fahrassistenzsysteme wie einen Spurhalteassistenten („Einzigartig in diesem Segment“, Keller), der Bestandteil des Funktionspaketes (ab Edition) ist und für das 325 Euro fällig werden. Dafür gibt es dann aber auch noch Nebelscheinwerfer mit Abbiegelicht und 15 Zoll Designräder. Keller geht übrigens davon aus, dass 80 Prozent der Kunden sich für die zweite Ausstattungsvariante Edition und 15 Prozent für die Topvariante Exklusiv. „Der Karl“; so ist sich Keller dann auch sicher, „wird uns viel Freude bringen und uns neue Kunden zur Marke bringen“. Nach den ersten Testfahrten im neuen Karl, der neben dem Adam und dem Corsa nunmehr die Kleinwagenfamilie komplettiert, könnte diese Hoffnung aufgehen.