Stecker und Diesel sind beim neuen X-Trail nicht im Angebot. Stattdessen setzt Nissan auf Hybridantrieb – eine Art rollender Stromerzeuger.
Schon mit der dritten Generation 2014 hat Nissan seinen X-Trail deutlich eigenständiger modelliert: vom kantigen Offroader zum vielseitigen Crossover. Und intern eine Art Grenze gezogen. Während der Qashqai eher in der Stadt bewegen soll, darf der X-Trail vorrangig mit der größeren Familie rollen. Gerne auch, wenn es aufs Land und Richtung Abenteuer geht. Damit avancierte er zwischenzeitlich zum beliebtesten SUV der Welt. Drei Millionen Exemplare setzten die Japaner allein von der aktuellen Auflage ab, rund sieben Millionen waren es in 20 Jahren insgesamt.
Nun also Nummer vier. Ein eher kantiger Geselle. Kurze Überhänge, breite Schultern, in den Radkästen jede Menge Luft nach oben. Und über all dem wölbt sich ein Dach, das himmelsgleich zu schweben scheint. Natürlich ist das ein nicht ganz billiger optischer Trick – aber ein schicker eben auch. Und so kann das Design elegant verschleiern, dass da schon ein wuchtiges Teil steht: 4,68 Meter lang, ohne Spiegel 1,84 breit, gut 1,70 hoch.
Kollateralnutzen dieser Abmessungen: Vorne thront man erhaben wie der Tenno. Umgeben von gestepptem Leder, feinem Zierrat – und bestens gefeit gegen Wind- und Fahrgeräusche. Auch in zweiter Reihe hat’s reichlich Raum – vor allem aber bequemen Zugang. Die Türen öffnen nahezu rechtwinklig, was nicht nur Passagiere freut, sondern auch Befestiger von Kindersitzen. Die optionale dritte Reihe hingegen ist eher was für Menschen kleinerer Statur und vorzugsweise kurze Distanzen. Nicht wirklich bequem – aber allemal besser als gut gelaufen.
Dreizylinder mit variabler Verdichtung
Der wahre Clou indes sitzt deutlich tiefer – in Gestalt eines sehr speziellen Hybrid-Antriebs namens „e-power“. Zwar findet sich unter der mächtigen Haube ein 1,5-Liter-Benziner mit 158 PS, dennoch fährt der X-Trail technisch gesehen rein elektrisch, und ein klassisches Getriebe sucht man vergebens. Der Dreizylinder mit variabler Verdichtung arbeitet gleich einem Notstromaggregat mit meist konstanter Drehzahl und speist die Pufferbatterie unter den vorderen Sitzen. Nicht einmal unter hoher Last schließt sich eine Verbindung von der Kurbelwelle zu den Rädern.
Auf 150 kW (204 PS) haben die Nissan-Ingenieure den E-Motor an der Vorderachse ausgelegt. Beim Allrad-Modell treibt hinten zusätzlich ein Aggregat mit 100 kW (136 PS). Die Koordination erfolgt zehntausend Mal in der Sekunde. Dagegen dauert ein Wimpernschlag fast eine Ewigkeit. Und: Per Bremseingriff verschiebt der X-Trail Drehmoment zusätzlich dahin, wo es gebraucht wird. Intelligenter geht’s kaum – komfortabler ebenfalls nicht. Und so bahnt sich der Wagen bei Bedarf auch neben der Spur seinen Weg. Nicht so kompromisslos wie Patrol oder Pathfinder – aber so, dass einem verdammt viel Ungemach unter die bis zu 20 Zoll großen Räder kommen darf.
Derlei Vielseitigkeit geht nicht ohne Kompromisse bei der Abstimmung, doch das Fahrwerk hält den X-Trail auch in zügigen Kurven ordentlich im Lot. Zur heißen Hatz taugt der gut zwei Tonnen schwere Wagen ohnehin nicht. Zwar vergehen für drei Stellen auf dem Tacho nur sieben Sekunden, doch beim harten Kickdown wird der Benziner laut und knurrig. Gepflegtes Cruisen steht Nissans Jüngstem da deutlich besser.
Behütet von diversen Assistenten
Da kommt dann auch der Sparfuchs auf seine Kosten und den offiziellen 6,3 bis 6,7 Litern (WLTP) einigermaßen nahe. Schon ein paar Kilometer Autobahn nämlich treiben selbst bei Richtgeschwindigkeit den Verbrauch deutlich nach oben. An längere Etappen mit Maximaltempo 180 mag man da gar nicht denken. Richtig wohl fühlt sich der X-Trail eben eher da, wo er auch kräftig rekuperieren kann. Sogar one-pedal-driving bis fast zum Stillstand ist möglich.
So oder so fährt man behütet von diversen Assistenten. Der Wagen hält Tempo und Spur, sieht Verkehrszeichen, späht in Querverkehr und tote Winkel und wirft im Notfall den Anker. Auf Wunsch – und gegen Aufpreis – parkt er obendrein ein oder übernimmt im Stau. Smartphone-Integration und WLAN-Hotspot sind ebenso serienmäßig wie 12,3 Zoll Touchscreen plus ein ebenso großes Digitalcockpit. Optional bietet Nissan ein Head-up-Display.
Laderaum schluckt bis zu 1,4 Kubikmeter
Freunde der Fracht sind mit dem X-Trail ebenfalls gut bedient. Das Gepäckabteil steckt 585 Liter weg, ohne Hintersassen lassen sich gar 1,4 Kubikmeter verladen – und die Heckklappe öffnet auf Wunsch elektrisch. Einen Tribut von 200 Kilo gegenüber dem Vorgänger zahlt man bei der Anhängelast. Allerdings reichen auch 1,8 Tonnen, um Pferd, Boot oder Caravan ordentlich in Schlepp zu nehmen.
Auf dem Schrottplatz ist derweil der Selbstzünder gelandet. „Diesel ist nicht die Zukunft“, heißt es bei den Japanern. Mit ein Grund: Die aufwändige Entgiftung der Abgase sei mittlerweile teurer als eine Elektrifizierung. Verfechtern althergebrachter Antriebe offeriert Nissan nur mehr einen dreizylindrigen Benziner als 12-Volt-Mildhybrid mit 163 PS und stufenloser Automatik. Er bildet mit 35.500 Euro zwar den preiswertesten Einstieg, allerdings wird sein Verkaufsanteil bei Nissan auf weniger als 20 Prozent geschätzt. Modelle mit „e-power“ kosten in jeder der fünf Ausstattungslinien 1500 Euro Aufpreis, Allradantrieb weitere 3500. Kleine Warnung an alle, die gerne Kreuzchen machen: Für X-Trail „mit allem“ ist man am Ende mit fast 60.000 Euro dabei. Das ist – nicht erst in harten Zeiten – eine Menge Geld.