Nissan Navara N-Guard: Lastwagen mit Luxus-Attitude

Nissan Navara N-Guard: Lastwagen mit Luxus-Attitude
Der Nissan Navara N-Guard zeichnet sich durch schwarze Akzente aus. © Nissan

Kaum eine Autogattung ist im automobilen Alltag sperriger zu fahren als ein Pick-up. Der Nissan Navara N-Guard kaschiert seine ungelenke Art mit Luxus und Lifestyle.

Ein Pick-up wie der Nissan Navara ist ein Spezialist. Vor allem für schwere Transportaufgaben und Geländefahrten ist er kompromisslos gut, weshalb man in fast allen anderen Situationen Abstriche hinnehmen muss. Das wirft gelegentlich auch die Frage auf, welchen Sinn diese Gattung im deutschen Autoalltag hat? Und selbst wenn man am Ende der Testzeit zu dem Schluss kommt: keinen großen – der Abschied von diesem kauzigen Typen fiel dennoch schwer.

Und mit dem traurigen Abschiedsgefühl ist man nicht allein, denn dieser nicht gerade alltägliche Allradriese vermag bei Kindern eine ganz besondere Wirkung zu entfalten. Da ist die schiere Größe, da sind die mächtigen Trittbretter und da ist eine offene Ladefläche, auf der sich prima rumturnen und verstecken lässt. Der Nachwuchs kriegt jedenfalls große Augen, wenn Papa mit diesem Trumm vorfährt und feuchte, wenn er damit wieder wegfährt.

Sperrig, laut, durstig und nur mäßig bequem

Der Nissan Navara kann einen recht edel ausgestatteten Innenraum bieten. Foto: Nissan

Sitzt er am Steuer, hadert er allerdings nicht selten mit dem ach so tollen Spielzeug. Es gibt keinen Kofferraum, der 5,30-Meter-Gigant ist sperrig, laut, durstig, mäßig bequem, ungelenk – die Liste der Unzulänglichkeiten kann lang werden. Da ist zum Beispiel der Arbeitsplatz, den man bequem entern, aber nur mäßig bequem während der Fahrt genießen kann. Man sitzt nicht so schön eingebettet und auf konturiertem Gestühl. Auf den Fondsitzen empfindet man den Fußraum als viel zu flach, die Rückenlehne als zu steil.

Immerhin verwöhnt die von uns getestete Ausstattungsversion N-Guard mit einigen noblen Extras, was aus dem Navara auch ein Lifestyle-Mobil macht. Mit Infotainmentsystem, Sitzheizungen, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, viel Chrom oder einem großen Glasschiebedach wird deutlich mehr geboten als für reine Nutzfahrzeuge üblich. Mittlerweile hat der Nissan sogar moderne Sicherheitstechnik wie etwa einen automatischen Notbremsassistenten an Bord.

Träger Antritt trotz 190 PS

Gut 5,30 Meter ist der Nissan Navara N-Guard lang. Foto: Nissan

Eher nach alter Schule wirkt hingegen der Diesel. Der 2,3-Liter-Vierzylinder wird per Knopfdruck sanft fauchend zum Leben erweckt. Gekoppelt an eine althergebrachte Wandlerautomatik wirkt der Zweitonner trotz seiner 190 PS Leistung beim Anfahren träge. Das behäbige Temperament stört aber nicht weiter, denn angesichts der üppigen Abmessungen bewegt man sich ohnehin mit Vorsicht durch den Straßenverkehr. Auf der Autobahn ist hingegen ausreichend Durchzug geboten, um im Pkw-Verkehr mithalten zu können. Immerhin 450 Newtonmeter schieben an der Hinterachse, sofern nicht die zuschaltbare Vorderachse per Drehknopf aktiviert wurde.

Maximal erreicht der Pritschenwagen 180 km/h, die man problemlos und angstfrei fahren kann. Allerdings nehmen die Windgeräusche in Richtung Topspeed erheblich zu. Und so stellt man den Tempomat lieber irgendwo im Bereich der Autobahn-Richtgeschwindigkeit ein und lässt den trotz Leiterrahmen angenehm komfortablen Wagen lässig Kilometer fressen. Sparsam ist der Pick-up dabei nicht. Selbst bei mäßigem Tempo nuckelte die Einspritztechnik mehr als zehn Liter aus dem 73-Liter-Tank.
Doch nicht nur Autobahn, auch die kurvige Landstraße meistert der Navara recht manierlich. An die Handlichkeit eines SUV reicht das nicht heran, doch das Mehrlenkersystem der Hinterachse vermittelt ein deutlich besseres Fahrgefühl als man es von einer klassischen Starrachsenkonstruktion gewohnt ist.

Ein Typ fürs Grobe

Die wahre Bestimmung des Navara aber ist der Offroad-Einsatz. Der Allradriese ist nicht unbedingt eine Bergziege, doch wenn es für andere Autos nicht mehr weitergeht, ist der mit Allradantrieb und zuschaltbaren Sperren gerüstete Japaner noch längst nicht mit dem Latein am Ende. Als Typ fürs Grobe ist er jedenfalls über jeden Zweifel erhaben.

Diese Stärke konnte der Navara bei unserem Test allerdings kaum ausspielen, umso erstaunlicher war es, dass uns der Abschied dennoch schwer fiel, denn irgendwann hatte man sich daran gewöhnt, auf den Bock zu klettern, gelassen durch den Stadtverkehr zu schiffen und dabei irgendwie über den Dingen zu thronen. Als Alternativspielzeug zum praktischeren Familien-Golf ist der gut 45.000 Euro teure Double Cab als N-Guard allerdings dann doch etwas teuer. (SP-X)

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Frank Wald
Nach einem abgeschlossenen Studium der Kulturwissenschaften in Göttingen, Frankfurt und Hamburg volontierte er bei der Hamburger Morgenpost. Danach folgten freiberufliche Engagements u.a. bei Spiegel-Online, Welt am Sonntag, und TV Spielfilm. Seit 1996 berichtet er als freier Journalist über automobile Neuerscheinungen.

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