Nissan hat beim Micra die Metamorphose mit der fünften Generation extrem gestaltet. Hat der Anspruch „Weltauto“ die vorherigen Auflagen erdrückt, kann der nunmehr von der Last befreite Kleinwagen den Anforderungen mehr als entsprechen.
Von Thomas Flehmer
Die Zeiten der kleinen Pflasterblase sind vorbei. 35 lange Jahre hat Nissan am Micra herumprobiert, um den als „Weltauto“ konzipierten Kleinwagen für alle Ansprüche fahrtauglich zu gestalten. Nachdem die hohen Anforderungen gefallen sind, scheint dem Micra eine hohe Last genommen zu sein.
Völlig verwandelt ist aus dem Weltauto ein richtiger Kleinwagen geworden, der nun die Möglichkeiten hätte, wirklich zum „Weltauto“ aufzusteigen – und das auch ohne „europäische Brille“. Der mittlerweile gemeinsam mit dem Renault Clio in Frankreich produzierte Japaner ist deutlich länger und breiter geworden, hat seine „Knutschkugel-Attitüden“ abgelegt und sieht nun wirklich wie ein Kleinwagen aus, der im Trend liegend gar an die Kompaktklasse anklopft.
Nissan Micra erstmals über vier Meter
Der nunmehr die vier Meter Länge ganz knapp verpassende Micra wurde gefälliger proportioniert und sieht dank einer flacheren Linie deutlich gestreckter aus – mehr Kompaktwagen als Kleinstwagen. Ist der um gewaltige 17 Zentimeter in der Länge gewachsene Micra dann noch in dem auffälligen Orange bemalt, sticht der Micra aus der Masse heraus.
Der positive äußere Eindruck setzt sich auch im Innenraum fort – vor allem für die Personen in der ersten Reihe. Dekorelemente in Wagenfarbe hellen das Cockpit auf, die Instrumente sind gut ablesbar. Der in der Mitte angebrachte Touchscreen dagegen fällt gerade in diesen Zeiten, in denen die Bildschirme immer größer und schärfer werden, fast schon in selige Mäusekino-Zeiten zurück. Dafür arbeitet das Navi gut und natürlich erhält auch im Micra die 360 Grad-Rundum-Kamera, mit der das Einparken zum Kinderspiel avanciert, ein besonderes Lob.
90 PS reichen dem Nissan Micra
Auch hinten geht es bequem zu, nur nicht ganz so bunt, sondern eher dunkel. Doch kann man es auch auf längeren Strecken aushalten, wenn man sich mit dem Gepäck beschränkt. Zwar stehen im Kofferraum immerhin 300 Liter zur Verfügung, aber ein großer Koffer nimmt schon viel Platz weg. So sollte das Gepäck eher auf kleinere Behältnisse verteilt werden.
Die längere Fahrt hingegen meistert der Dreizylinder-Benziner des Micra N-Connecta 0.9 IG-T sehr souverän. Die 66 kW/90 PS reichen vollkommen aus. Dank 140 Newtonmetern erreicht der Micra in 12,1 Sekunden Tempo 100. Ab Tempo 50 ist der fünfte Gang eingelegt und die Bedürfnisse hochzuschalten, beschäftigen den Fahrer immer wieder, werden aber leider nicht erfüllt. Dann würden auch die fünf Liter Verbrauch in der Stadt eventuell auf den angegebenen Normwert von 4,4 Litern sinken. Auf der Autobahn bei Tempo 120 bis 140 km/h wurden 6,5 Liter notiert. Bis zu 175 km/h hört man den rauen Sound des Dreizylinders, der vernehmbar, aber nicht störend in den Innenraum eindringt. Und auch in den höheren Geschwindigkeitsbereichen hält sich der Micra ruhig und beginnt nicht zu wackeln, sodass die Fahrt angenehm verläuft.
Nissan Micra ab 12.990 Euro
Da der Micra qua seiner Konstitution kein Sportwagen ist, braucht auch das Fahrwerk keine besonderen Anstrengungen zu unternehmen. Fahrbahnunebenheiten bügelt der Kleine gut aus, die Körper werden in den gut konturierten Sitzen geschont. Und selbst ein wenig sportlich angegangene Kurven können ohne Risiko gefahren werden.
12.990 Euro ruft Nissan für den Basis-Micra mit 71 PS aus. Das sind in etwa so viel wie für den Basis-Polo, der aber elf Pferdestärken weniger an Bord hat. Der von uns gefahrene Dreizylinder kostet bereits mindestens 15.790 Euro, in der N-Connecta-Ausstattung mit allem zur Verfügung stehenden Ausstattungsmaterial 19.750 Euro. Auch das dokumentiert, dass die Zeit der Pflasterblase vorüber ist.