Nissan Micra 1.0: Der kleine Nachzügler

Kleinwagen mit drei Zylindern

Nissan Micra 1.0: Der kleine Nachzügler
Der Nissan Micra. © Nissan

Nissan stellt den Micra auf eine neue Basis. Trotz eines fehlenden Turbos findet sich der Kleinwagen nicht nur im urbanen Einsatzgebiet gut zurecht.

Die neue Micra-Familie ist komplett. Als Nachzügler geht jetzt die Basisversion des kompakten Nissan an den Start. Der turbolose Einliter-Benziner kommt mit 52 kW/71 PS aus, ist aber mit einem Einstiegspreis von unter 13.000 Euro deutlich günstiger als die Turboversion mit 66 kW/90 PS.

Natürlich will jede Autofirma den Hype auf ein brandneues Modell nutzen, um erst einmal mit teuren Varianten die Begierden zu stillen. So war es auch beim neuen Nissan Micra, einst eines der erfolgreichsten japanischen Modelle in Deutschland. Jetzt erst, gut ein halbes Jahr nach dem Erscheinen, soll eine preisgünstige Basisversion dazu beitragen, den Micra wieder zum Makro machen. Jeder fünfte Kunde beteiligt sich an der Diät-Kur im Motorraum.

Drei Zylinder ohne Turbounterstützung

Ein Liter Hubraum, verteilt auf drei Zylinder ist längst Standard, wenn es um das sogenannte Downsizing geht, wie das freiwillige Schrumpfen auf neudeutsch genannt wird. Gleichen andere ein unvermeidliches Leistungsdefizit durch den geringeren Hubraum mit einem Turbolader aus, geht Nissan den ehrlicheren Weg. Kein Turbo, der Brennraum muss mit der klassisch angesaugten Atemluft auskommen und sich mit eher bescheidenen Werten begnügen. 52 kW/71 PS stehen ebenso für Zurückhaltung wie die mögliche Spitze von 161 km/h oder den Spurt in gut 15 Sekunden auf 100 km/h.

Doch welch Wunder: Da das Vier-Meter-Auto recht leicht ist, reicht all das im Normalbetrieb völlig aus. Der Micra wieselt durch den Stadtverkehr, kann aber ebenso locker beim Landstraßentempo mithalten und ist auch auf der Autobahn kein Hindernis. Zugegeben – die linke Spur ist nicht sein bevorzugtes Terrain. Aber gerade für den Urtyp eines japanischen Kleinwagens gilt: Menschen mit ausgeprägtem Sportsgeist werden um diesen Micra einen großen Bogen machen. Wer aber zumeist innerhalb der Stadtgrenzen unterwegs ist und obendrein noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen ist, ist Zielgruppe pur. Innerorts spielt es bekanntlich keine Rolle, ob unter der Haube 71 oder 200 PS und mehr lauern.

Unterstützung von Renault Twingo und Dacia Sandero

Der Nissan Micra auf der Landstraße. Foto: Nissan
Auch auf der Landstraße ist der Nissan Micra überraschend flott unterwegs. Foto: Nissan

Dennoch ist Umlernen und weites Vorausschauen nötig, vor allem beim Überholen zum Beispiel auf der Landstraße. Der Basis-Micra will oft und mit Nachdruck geschaltet werden, um den nötigen Schwung zu produzieren. Dabei ist es hilfreich, die Drehzahl möglichst genau zu treffen, in der das kleine Herz die meiste Durchzugskraft entwickelt. Da hilft nur Kennenlernen, Üben oder vielleicht den Fahrer eines Renault Twingo oder Dacia Sandero um Rat zu fragen. Beide haben den gleichen Motor im Angebot.

Die Umsicht und der Statusverzicht auf immer mehr PS werden an der Zapfsäule belohnt. Ein Testverbrauch von sechseinhalb Litern auf 100 Kilometer sind im Praxisbetrieb ganz erträglich, wenn auch gut zwei Liter mehr als es die Norm verheißt. Da macht auch der Micra keine Ausnahme. Eine Ausnahmeerscheinung ist er dennoch, der in Frankreich gebaute Japaner. In kaum einem kleinen Auto ist das Angebot an modernen Assistenzsystemen so umfangreich wie im Micra. Ein aktiver Spurhaltehelfer, ein Toter-Winkel-Warner oder eine automatische Notbremsfunktion, deren Kameraauge auch Fußgänger in Blick hat. Andere Feinheiten, die sonst eher aus größeren Fahrzeugklassen stammen, sind der 360-Grad-Monitor oder die Verkehrszeichenerkennung.

Nissan Micra für Entschleunigte

Das Cockpit des Micra. Foto: Nissan
Der Micra verfügt über einen funktionalen Innenraum. Foto: Nissan

Natürlich steckt all das nicht automatisch im Basis-Micra drin. Dessen Preis klingt mit 12.990 Euro zunächst verlockend. Doch wer sich die vielen Sicherheits- oder Komfortextras verguckt hat, um sein ansonsten recht karg ausgestattetes Auto zu verfeinern, muss bluten. Gut 16.000 Euro kommen wohl zusammen, bis ein nach eigenem Gusto ausstaffierter Micra vor der Tür steht. Wobei zu bedenken ist, dass manch Edles diesen Micra erst gar nicht angeboten wird.

Sei es drum, der Micra mit 71 PS ist das ideale Gefährt für Entschleunigte, für Vernunftmenschen oder für Statusverweigerer. Ein rundum gutes Auto, aber eben letztlich vielleicht doch nicht mit diesem Triebwerk unter der kurzen Haube. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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