Mini John Cooper Works: Freudenspendende Unvernunft

Kleinwagen mit 231 PS

Mini John Cooper Works: Freudenspendende Unvernunft
Beim Mini John Cooper Works arbeiten 231 PS © Mini

Der Mini John Cooper Works polarisiert mächtig. Dabei kann der potente Kleinwagen nicht nur die Landstraßen hinabflitzen, sondern sich auch normal in den Stadtverkehr einreihen.

Zwischen Irr- und Frohsinn: Die Reaktionen auf unseren Test-Mini reichten von der händisch ausgeführten Scheibenwischerbewegung bis zu glänzenden Augen. Selten polarisierte ein Testwagen so die Betrachter. Der Grund für die Abneigung: 231 PS, der Grund für die Zustimmung: 231 PS. Natürlich hatten wir keinen normalen Mini zum Alltagstest, sondern einen Mini John Cooper Works (JCW). Dieser potente Kleinwagen kostet knapp 30.000 Euro - mindestens.

Mini JCW potenter als die Konkurrenz

John Cooper Works steht bei Mini für die leistungsstärksten Varianten im Portfolio. Der bayrisch-englische Kraftzwerg hat in seiner Neuauflage so viel PS unter der Haube wie noch nie zuvor in seiner Geschichte. Mit dem Audi A1 belegt er damit den ersten Platz unter den kleinen Muskelprotzen. Anders als der Ingolstädter, der auf Allrad setzt, erfolgt die Kraftübertragung beim Mini aber über die Vorderachse.

Mit „nur“ 147 kW/200 PS reihen sich Renault Clio RS und Peugeot 208 GTi auf die nächsten Plätze ein. Ein Polo GTI, Seat Ibiza Cupra, Mini Cooper S sowie ein Ford Fiesta ST geben sich mit 141 kW/192 PS beziehungsweise 134 kW/182 PS schon fast vernünftig.

Mini JCW in 6,1 Sekunden auf Tempo 100

Beim Mini John Cooper Works arbeiten 231 PS
Der Mini JCW schafft 246 km/h. Mini

Aber wer will schon immer vernünftig sein? Der Mini JCW eher nicht. Unter der Motorhaube kommt der aus dem Cooper S bekannte Vierzylinder zum Einsatz. Der Zweiliter-Turbobenziner leistet hier allerdings 170 kW/231 PS. Und die sorgen für mächtig Vortrieb. Ein leichter Tritt aufs Gaspedal und die Sportmaschine erwacht laut knurrend zum Leben. Von wegen Mini: Schon die Akustik lässt erahnen, dass der Kleine nicht nur spielen will. In nur 6,1 Sekunden stürmt der Kracher von 0 auf Tempo 100, gefühlt geht es deutlich schneller.

Gut, dass die gefahrene Geschwindigkeit in dem zwar nicht besonders formschönen – weil mit einer Scheibe aufgesetzten und nicht in die Windschutzscheibe projizierten-, aber praktischen Head-up-Display gut sichtbar angezeigt wird. Auf einer freien Autobahn zeigen die Ziffern 246 an. Allerdings wird man gerne von anderen Autofahrern eingebremst, die die Rückspiegel nicht oder nur unzureichend konsultieren oder den gesichteten Kleinwagen nicht ernst nehmen, und einfach rausziehen. Da nützen auch die auffällige Lackierung, die markante Front sowie die JCW-Schriftzüge nichts. Es ist auf jeden Fall gut, dass die Brembo-Bremsanlage ordentlich zupacken kann.

Kurvenräuber im Sportmodus

Beim Mini John Cooper Works arbeiten 231 PS
Serpentinen sind die ideale Strecke für den Mini JCW Mini

Pure Schnelligkeit ist aber nur ein Teil des Fahrvergnügens. Auf Landstraßen – gerne auch auf nicht gut ausgebauten – zeigt der Mini JCW seine wahre Berufung. Dazu zählen seine minitypischen Fahrwerksqualitäten sowie seine präzise Lenkung. Man schlängelt entspannt im Normalmodus, aber nicht eben langsam, durch kurvenreiche Abschnitte, derweil schaltet die Sechsgang-Sportautomatik (Aufpreis: 1850 Euro) unaufgeregt und schnell.

Überholvorgänge sind dank des Leistungsangebots ratzfatz erledigt, die Überholten können sich dann kurz an dem mittig platzierten Doppelauspuff mit markanten Endrohren erfreuen. Wer es ein wenig sportlicher krachen lassen möchte, stellt von Normal- auf Sportmodus. Hier erfolgt die Gasannahme noch direkter, die Lenkbefehle werden einen Tick schneller umgesetzt und der Sound wird kerniger.

Mini JCW im Green-Modus ideal für die Stadt

Beim Mini John Cooper Works arbeiten 231 PS
Der Mini JCW bietet ordentliche Platzverhältnisse Mini

Der Sportmodus empfiehlt sich aber nur zum alleinigen Gebrauch und Genießen. Nimmt man Fahrgäste mit - der 3,87 Meter kurze Mini bietet immerhin ordentliche Platzverhältnisse auch auf den hinteren Sitzen - sollte man um eine Grünfärbung der Gesichtsfarbe der Mitreisenden zu vermeiden, den Sportmodus nicht aktivieren.

Apropos grün: Der Mini kann aber auch das Schaf im Wolfspelz spielen. Im Green-Modus fehlen dem Muskelpaket die Testosteronaufputschmittel, er mutiert zum fast braven Begleiter. Das ist ideal für Stadtfahrten oder wenn auf der Landstraße dichter Berufsverkehr herrscht und man sich dem vorgegeben Trott nicht entziehen kann. Immerhin vermittelt das maximale Drehmoment von 320 Nm, das zwischen 1250 und 4800 Umdrehungen auf Abruf steht, eine durchzugsstarke Gelassenheit zum Cruisen.

Mini JCW mit Automatik ab 31.750 Euro

Eine gewisse Gelassenheit benötigt man beim Thema Verbrauch. Klar ist, dass der Durchschnittsnormwert von 5,7 Litern mit Alltagserfahrungen wenig zu tun hat. Tritt man das Gaspedal ständig durch, fließt deutlich mehr Sprit durch die Leitungen. Eilige Fahrer verbrennen locker zehn Liter pro 100 Kilometer, im Mix kamen wir am Ende der Testzeit auf einen Schnitt von 8,9 Litern. Das ist für einen Kleinwagen viel, angesichts der Leistung geht der Verbrauch aber in Ordnung.

Der Mini JCW kostet in Verbindung mit der Automatik mindestens 31.750 Euro. Zwar ist er vergleichsweise gut ausgestattet, unter anderem mit LED-Scheinwerfer, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, Brembo-Bremsanlage, Heckspoiler, Sportsitzen und Lederlenkrad. Wie nicht nur bei Mini üblich, lässt sich der Kraftzwerg aber durchaus noch individualisieren, zum Beispiel mit Navigation, Leder, Assistenzsystemen wie Verkehrszeichenerkennung, Head-up-Display, Sitzheizung, Klimaautomatik oder schicken Lackfarben. Weitere 5000 Euro kommen da schnell zusammen. Aber wenn schon, denn schon. Wer vernünftig sein will, kauft ein anderes Fahrzeug. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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