Mini Cabrio: Offen gestanden ein Kult

BMW-Tochter baut das Angebot aus

Mini Cabrio: Offen gestanden ein Kult
Das Dach kann bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h geöffnet werden. © AG/Busse

Zügig formiert sich die Mini-Familie auf der neuen Produktionsplattform. Das Cabrio rollt an. Statt revolutionärer Innovationen gibt es beim Cabrio eine „Weiterentwicklung der Qualitäten“, sprich: neues Motorensortiment, mehr Funktionalität im Detail und noch mehr Kult um eine Auto-Ikone.

Von Axel F. Busse

Wenn das Sir Alec noch erlebt hätte: Von dem globalen Rummel um seinen Kleinwagen hat Alexander Arnold Constantine Issigonis, der Erfinder des Minis, nichts mehr mitbekommen. Er starb 1988, noch bevor die erste Cabriolet-Version seiner Schöpfung das Licht der Showrooms erblickte. Das war erst 1992 der Fall. Seither ist das Auto nicht nur rund einen Meter länger geworden, sondern nach Lesart des Herstellers auch das weltweit einzige Kleinwagen-Cabrio im Premium-Segment.

Immerhin: Aus einem winzigen und unbequemen, mit dürftiger Motorleistung und ebensolchen Bremsen versehenen Kompromiss-Mobil ist unter BMW-Ägide eine vielköpfige Modell-Familie entstanden, die anhaltenden Fahrspaß verspricht und obendrein zu den wertstabilsten Pkw-Erzeugnissen überhaupt zählt. Das lässt sich der Hersteller gut bezahlen: Unter 23.950 Euro ist nichts zu machen. Dafür bekommt man das Cooper-Cabriolet mit Dreizylinder-Benzinmotor und 136 PS. Erst ein späteres Mini One Cabrio könnte diesen Preis unterbieten. Für mindestens 27.950 Euro gibt es 56 PS mehr im Mini Cooper S Cabrio.

USA als Schwerpunkt-Absatzmarkt für Mini Cabrio

War das allererste Mini Cabrio mit rund 1000 verkauften Exemplaren noch ein echter Exot, hat BMW von den bisherigen zwei Generationen seiner Variante innerhalb von elf Jahren schon mehr als 320.000 Einheiten an die Frau und manchmal auch an den Mann gebracht. Dass die zweite Sitzreihe eher der Optik als der Beförderung von Erwachsenen dient, mindert die Nachfrage offenkundig nicht. Die USA sind ein Schwerpunkt des Absatzes, aber auch in Europa kommen die offenen Versionen gut an. Eine John-Cooper-Works-Version mit sportlichem Outfit und 231 PS ist in Vorbereitung.

Wichtiges Merkmal eines Cabrios ist das bewegliche Verdeck, das nunmehr auf einen hydraulischen Öffnungsmechanismus verzichtet und komplett elektrisch arbeitet. Die kombinierte Schiebedach-Funktion ist erhalten geblieben. Während bei anderen Cabrios 50 km/h als Nenngröße für die Bewegbarkeit während der Fahrt gilt, darf man beim Mini höchstens 30 km/h fahren, um das Verdeck öffnen oder schließen zu können. Projektleiter Axel Braune nennt als Grund dafür die Suche nach einem „konstruktiven Optimum“. Höheres Tempo hätte eine steifere Konstruktion erfordert, die mehr Gewicht bedeutet hätte. Schon jetzt beträgt der Masseunterschied zwischen Limousine und Cabrio rund 115 Kilogramm.

Mini Cabrio ohne Überrollbügel

Das Dach des Mini Cabrios kann bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h geöffnet werden.
In 18 Sekunden ist das Mini Cabrio geöffnet AG/Busse

Die verchromten Überrollbügel, in den ersten beiden Generationen noch als prägnantes Designelement hervor gehoben, sind verschwunden. Der Überschlagschutz für die Insassen ist komplett hinter den Kopfstützen verschwunden und wird mittels Pyrotechnik binnen 0,1 Sekunden heraus geschleudert, wenn die Bordsensorik einen drohende 180-Grad-Wende um die Längsachse des Fahrzeugs signalisiert. Öffnen und Schließen des Verdecks werden über einen Kippschalter am Frontscheiben-Rahmen ausgelöst und dauert in beide Richtungen jeweils 18 Sekunden. In der Segeltuchhaube fanden die Designer eine weitere Chance, das Very-British-Image des Autos zu pflegen: Ein eingewebtes Union-Jack-Muster in titangrau kostet 600 Euro Aufpreis.

Wurde der Kofferraum beim ersten Mini noch als „außen liegendes Handschuhfach“ veralbert, kann der Hersteller jetzt einen Zuwachs an Gepäckvolumen vermelden. Die 215 Liter (bei offenem Verdeck 160 Liter) bedeuten eine Steigerung um 25 Prozent gegenüber dem Vorgänger. Allerdings müssen die Nutzer damit auch eine Erhöhung der Ladekante um acht Zentimeter hinnehmen. Als nützlich erweist sich die Easy-Load-Funktion: Sie vergrößert die Kofferraum-Öffnung um gut 15 Zentimeter, funktioniert aber nur bei geschlossenem Verdeck.

Viele Assistenzsysteme für Mini Cabrio verfügbar

Das Dach des Mini Cabrios kann bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h geöffnet werden.
Das "Gokart-Feeling" erfüllt auch das Mini Cabrio AG/Busse

Da Antriebsstrang, Fahrwerk und Lenkung den Komponenten der Limousine entsprechen, bleibt das griffige und direkte, vom Hersteller als „Gokart-Feeling“ selbstbewusst vermarktete Fahrgefühl erhalten. Die getestete Cooper-S-Version spricht auch mit 6-Gang-Automatik unmittelbar an, entwickelt herzhaften Zug aus 280 Newtonmetern Drehmoment und spurtet in 7,1 Sekunden von Null auf Hundert. Auf dem Rollenprüfstand erreichte 5,8 Liter Spritverbrauch je 100 Kilometer haben für die Praxis nur untergeordnete Bedeutung, aber mit sieben bis acht Litern solle man für ausreichend Fahrspaß sorgen können.

Damit der Verkauf des neuen Mini-Cabrios nicht allein vom Image leben muss, wurde mit einer Reihe von Assistenzsystemen aufgerüstet. Dazu gehören Verkehrszeichen- und Fußgänger-Erkennung, Spurhalte- und Parkassistent, Head-Up-Display und adaptive Temporegelung. Überdies ist eine Rückfahrkamera verfügbar, die vor allem bei geschlossenem Verdeck sehr nützlich ist. Sie wird mit 360 Euro Aufpreis berechnet, ist allerdings nur in Verbindung mit Navigationssystem und Einparksensoren erhältlich, was rund 2500 Euro weiterer Ausgaben erfordert. Die Mini-Fans wird das kaum schrecken. Im Schnitt geben sie selten weniger als 15 Prozent des Fahrzeug-Basispreises für zusätzliche Ausstattungsmerkmale aus.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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