Mercedes S 500 Cabrio: Comeback nach langer Zeit

Yachtatmosphäre in der offenen Oberklasse

Mercedes S 500 Cabrio: Comeback nach langer Zeit
Mercedes fährt in der Oberklasse wieder offen © Mercedes

Die Auswahl fällt nicht leicht. Preislich unterscheiden sich der offene Mercedes 250 S und das S 500 Cabrio kaum. Der erste ist mittlerweile ein begehrter Oldtimer, der zweite sein viel zu spät auf dem Markt gekommener Nachfolger.

In den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren hellblau und chromfunkelnd en vogue bei Mercedes. Der offene 250 S war ein begehrtes Oberklasse-Cabrio, das sich nicht viele leisten konnten. Die Begehrlichkeiten haben nicht nachgelassen. Heute ist das Cabrio von damals ein begehrter Oldtimer und ähnlich teuer wie sein direkter Nachfolger, das S 500 Cabrio von heute.

Obwohl die Stuttgarter also eine große Tradition im Bau offener Autos haben, dauerte es tatsächlich bis 2016, um wieder eine große offene Limousine ins Portfolio aufzunehmen. Groß ist das S-Cabrio tatsächlich. Fünf Meter und 3 Zentimeter misst es und ist damit eine Handbreit kürzer als die Limousine. Das merkt man auf den Rücksitzen, wo eigentlich nur für kurze Strecken Erwachsene angemessen untergebracht werden können, wenn unter den vier Insassen auch welche sind, die an Körpergröße und Masse die Norm zart überschreiten. Gegen eine Reise zu viert spricht auch das Kofferraumvolumen von maximal 350 Litern.

Yachtatmosphäre ab 139.051 Euro

Aber ein Cabrio kauft man auch in dieser Klasse nicht für den Familienurlaub mit Kindern oder Eltern, sondern um zu zweit zu Reisen. Die hinteren Plätze dienen eher dazu, ab und an Freunde mit ins Restaurant zu nehmen. Vorne lebt es sich auf S-Klasse-Niveau und sogar ein bisschen besser. Das gegenüber der Limousine leicht modifizierte Cockpit vermittelt Yachtatmosphäre, zumindest wenn das Dach offen ist und für eben diesen Betriebszustand investiert man schließlich mindestens 139.051 Euro - ohne Extras.

Mercedes hat viel Hirnschmalz in die Verdeckkonstruktion gesteckt. Ergebnis: Im Stadtverkehr öffnet und schließt sich das Stoffverdeck binnen weniger Sekunden bis Tempo 50. Weiteres Ergebnis: man kann auch kleine Regenpausen zum sommerlichen Cruisen nutzen.

Cruisen ist im Mercedes S 500 Cabrio angesagt

Mercedes fährt in der Oberklasse wieder offen
In wenigen Sekunden ist das Verdeck offen Mercedes

Damit die Frisur der Angetrauten auch auf der Autobahn nicht vollends ruiniert wird, fährt ebenfalls auf Knopfdruck ein Windschott hinter den Rücksitzen hoch. Zusammen mit einem winzigen Spoiler am Rahmen der Windschutzscheibe wird so der draußen tosende Sturm dezent abgewiesen. Und zwar derart gründlich, dass man sogar bei Geschwindigkeiten von 150 km/h bei offenem Dach mittels Freisprechanlage so telefonieren kann, dass auch der Gesprächspartner etwas versteht.

Natürlich kann der S 500 schneller. Viel schneller sogar. Schließlich hat der Achtzylinder-Biturbo 335 kW/455 PS. Damit lässt sich das Zweitonnen-Cabrio in 4,6 Sekunden auf Landstraßentempo bringen und die üblichen 250 km/h sind ebenfalls im Nu erreicht. Aber derlei ist unziemliche Hast, die man im großen Cabrio nicht nötig hat. Cruisen ist angesagt, Genießen, Landschaft riechen, Musik hören, automobiles Schlendern auf höchsten Niveau, dass man sonst so eigentlich nur in der richtigen Luxusklasse der Rolls Royces und Bentleys erleben kann.

So bewegt kommt der große Benz übrigens dem Normverbrauch von 8,5 Litern ziemlich nah. Im Alltag, mit schnellen Autobahnetappen und allerlei Kurzstrecken, waren es tatsächlich 11,2 Liter Super, die durch die Einspritzanlage zischten. Aber das spielt in die Reise- und Preisklasse höchsten eine sehr untergeordnete Rolle.

Mercedes S 500 Cabrio als würdiger Nachfolger

Mercedes fährt in der Oberklasse wieder offen
DAs Cockpit im Mercedes S 500 Cabrio ist noch exklusiver ausgefallen Mercedes

Für die knappen 140.000 Euro liefert Mercedes ein Auto, dem nichts fehlt. Von elektrischen Ledersitzen bis zum großen Navi ist alles an Bord. Eigentlich. Denn, Mercedes wäre nicht Mercedes, wenn es nicht eine Vielzahl von Kleinigkeiten gäbe, die das Autoleben auch auf diesem Niveau noch schöner machten. Dabei reden wir jetzt nicht vom Nackenfön, der bei kühlem Wetter tatsächlich so angenehm ist wie eine beheizte, oder besser noch klimatisierte Sitzfläche.

Nein, es sind eher die offensichtlichen Attribute wie ein Leder-Holzlenkrad oder das helle extraweiche Editionsleder, die uns überzeugen würden, noch mehr Geld auszugeben. Natürlich ist auch das Komplettpaket an elektronischen Assistenten ein Muss, auch wenn wir sie im Alltag nie und nimmer alle einsetzen.

Verzichten würden wir aber auf die Swarovski-Kristalle an den Scheinwerfern. Dieses Bling-Bling hat ein S 500 Cabrio nicht nötig. Es strahlt auch so genügend Noblesse aus und ist damit ein würdiger Nachfolger seines 50-jährigen Ahnen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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