Der Mercedes-AMG GT Black Series hat beeindruckende 730 PS. Trotz soviel Leistung ist er mit einer Straßenzulassung unterwegs.
Wer ein halbes Dutzend dieses Fahrzeuge aus der neuen „Black Series“ Lausitzring über den Lausitzring jagen sieht, ist beeindruckt, Nicht nur von der Geschwindigkeit, sondern auch vom Beben des Untergrunds, wenn sie an einem vorbeirasen.
Die Rennstrecke haben die Schwaben nicht ohne Grund für die Jungfernfahrt gewählt. Schließlich ist die Black Series, die in diesem Herbst für Preise ab 335.240 Euro in den Handel kommt, nicht nur die Krönung der GT-Baureihe. Das radikale Coupé mit der rabenschwarzen Seele kommt einem Rennwagen näher als alles andere, was AMG aktuell mit Straßenzulassung zu bieten hat.
Und Rekorde gibt’s obendrein. Der größte Superlativ steckt dabei unter der Haube. Denn nach einer Generalüberholung mit vielen neuen Innereien legt der 4,0 Liter große V8 in der Leistung um rund ein Drittel zu und wird mit 730 PS und 800 Nm zum bis dato stärksten Achtzylinder in der AMG-Geschichte. Und wenn er den Black Series unter dem ohrenbetäubenden Brüllen einer neuen Auspuffanlage in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 und danach weiter bis auf 325 km/h katapultiert, lässt er die allermeisten Modelle aus der AMG-Chronik ebenfalls weit hinter sich.
Gieriges Ansprechverhalten
Mit Kraft alleine ist es aber nicht getan, und auch nicht mit dem gierigeren Ansprechverhalten des Motors. Parallel zur Ertüchtigung des Achtzylinders hat AMG auch den athletischen Körper gestählt und deshalb reichlich Stahl herausgenommen: die extrabreiten Kotflügel, die Motorhaube mit den riesigen Nüstern, das flache Dach und die Heckklappe zum Beispiel sind aus Karbon gebacken.
Und auch innen haben die Entwickler um jedes Gramm gekämpft: Die Frontscheibe ist genau wie die Türverkleidung dünner als üblich, statt Türgriffen gibt es nur Schlaufen und wo man sonst in Lack und Leder schwelgt, beschränken sich die schnellen Schwaben auf dünne Microfasern als Bezugsstoff. Und natürlich bauen sie schlanke Schalensitze ein. Auf Wunsch gibt’s obendrein einen Überroll-Käfig, Vierpunkt-Gurte und Feuerlöscher – schließlich will der Black Series nicht nur aussehen wie ein Rennwagen, sondern auch auf der Rennstrecke eingesetzt werden. Schwarzfahren für Fortgeschrittene, sozusagen.
Endlos lange Motorhaube
Deshalb klicken jetzt die vier Gurte ins Schloss vor dem Bauch, der Mechaniker lässt mit einem beherzten Zurren auch noch die letzte Luft aus den Lungen und der Blick fällt über die endlos lange Motorhaube auf die erste Kurve hinter der Ausfahrt aus der Boxengasse. Da flimmert die Tempo-Anzeige längst dreistellig und mit ihr der Puls des Fahrers. Der Black Series rumpelt zwar spürbar stärker über den welligen Belag der Strecke als es ein normal GT tun würde, doch ändert das nichts am schier eisernen Band zwischen Auto und Asphalt: Kurze, scharfe Schikanen, die lange Steilkurve, die Abkürzung über die Curbs und das ewige Wechselspiel zwischen Vollgas und Vollbremsung – während der Fahrer schwitzt, das Getriebe hämmert, die Keramikscheiben der Bremsen heiß werden wie Schamottsteine im Backofen und die LED der einstellbaren Traktionskontrolle flackern wie in der Techno-Disco hält dieser Silberpfeil eisern seinen Kurs und trifft immer ins Schwarze.
Dabei hilft nicht zuletzt die gründlich überarbeitete Aerodynamik: So reißt der GT sein Kühlermaul nicht nur weiter auf, damit mehr kalte Luft durch den Schlund strömt. Die Schürzen reichen tiefer nach unten, die Schweller sind weiter, Flics an der Front teilen die Luft, ein mächtiger Diffusor am Ende des voll verkleideten Unterbodens saugt den Wagen auf die Straße und ein doppelstöckiger Heckflügel samt elektronisch gesteuerten Flaps erhöht den Anpressdruck. Bis zu 500 Kilo Luft lasten dann bei Vollgas auf dem Heck und halten den Wagen so in einer perfekten Balance.
Schneller und schneller
Runde um Runde rast der GT so über den Lausitzring, und mit jedem Mal wird der Fahrer schneller, lässt den Fuß länger auf dem Gas, steigt heftiger in die Eisen und reißt im Vertrauen um die Haftkraft der Reifen stärker am Lenkrad – selten hatte Schwarzsehen so einen optimistischen Beigeschmack wie in diesem Auto. Und selten hat sich die Erschöpfung befriedigender angefühlt als nach der Raserei in der Lausitz.
Dann ist längst auch die schwerste Prüfung vergessen, die Schwarzfahrer bei AMG zu bewältigen haben. Den Kauf. Denn gegenüber dem Grundmodell des GT haben die Schwaben den Preis für die Black Series beinahe verdoppelt. Da kann selbst dem reichsten Raser schon mal schwarz vor Augen werden. (SP-X)