Plug-in-Hybride und SUVs stehen in der Diskussion. Nun bringt Mercedes den GLE 350 de mit einer elektrischen Reichweite von über 100 Kilometer auf den Markt. Kann das SUV die Erwartungen erfüllen?
Dieses Auto soll also für nachhaltige Mobilität stehen: Allein schon aufgrund des Gewichts von fast 2,5 Tonnen mag man diese Verbindung partout nicht herstellen. Zu groß erscheinen die Unterschiede. Doch wenn man ein SUV mit einem Diesel und einem Plug-in-Hybrid wie beim Mercedes GLE 350 de Coupé ausstattet, lässt sich dieser Widerspruch zumindest ansatzweise auflösen.
Klar, man muss ein SUV nicht mögen. Man kann und sollte darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, mit ihm in der Stadt unterwegs zu sein. Ist es nicht, schon gar nicht in Großstädten. Die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist hier weitaus sinnvoller. Und wenn man schon nicht aufs Auto verzichten will, dann sollte man einen Kleinwagen nutzen, im Idealfall einen elektrischen.
Doch diese Autos werden von vielen Kunden weiterhin gekauft. Das SUV-Segment boomt weiter. Beim Autobauer Daimler entfallen mittlerweile mehr als ein Drittel aller Verkäufe auf solche Fahrzeuge. Tendenz steigend.
Ein Verbrauch von unter 5 Litern im Alltag
Der Mann, der bei Daimler als Baureihenleiter dieses Segment verantwortet, ist Andreas Zygan. Er versteht diese Diskussionen und stellt sich ihnen. Bereits heute würde es eine große Anzahl an Elektroautos geben, sagt er: „Doch der Kunde kauft sie nicht in dem Maße, wie man das erhofft.“ Zwar kommt ein rein batterielektrisches Fahrzeug mittlerweile auf Reichweiten von über 400 Kilometer, doch selbst das reicht den Kundinnen und Kunden nicht, auch wenn sie damit das Gros ihrer Fahrten bestreiten könnten. Sie wollen „weiter die Freiheit haben, ohne Einschränkungen überall hin zu fahren.“ Diese Freiheit bietet ihnen ein Auto wie der GLE 350 de – nicht nur auf dem Papier.
Die 31,2 kWh starke Batterie ermöglicht eine rein elektrische Reichweite von 106 Kilometer (NEFZ). Es sei eine Reichweite, die die Akzeptanz in diese Technologie steigern kann, ist Zygan überzeugt: Sie gäbe dem Kunden Sicherheit, nimmt ihm die Reichweitenangst. Der von einem effizienten Vierzylinder-Diesel und einem Elektromotor mit einer Systemleistung von 320 PS angetriebene GLE 350 de wird dabei mit einem Verbrauch von 1,1 Liter angepriesen.
Gut, solche Verbrauchswerte entbehren der Realität – das ist auch beim GLE nicht anders. Doch auch wenn dieses SUV diesen Wert verfehlt, überrascht es am Ende positiv. Denn nach den zweitägigen Testfahrten kam er mit einem Fahrprofil über die Autobahn, Landstraße und hinauf und hinab in die Berge auf einen Durchschnittsverbrauch von 2,85 Liter.
Mehrgewicht von 390 Kilogramm
Dabei wurde der erste Streckenabschnitt von Innsbruck nach Hochgurgl im Hybridmodus mit einem Verbrauch von 5,5 Litern beendet, der zweite Abschnitt im Elektro-Modus mit 0,2 Litern (15,5 kWh). Dabei zeigte die Batterie bei der Ankunft in Innsbruck nach 102 gefahrenen Kilometern immer noch eine Restreichweite von 41 Kilometern an. Losgefahren sind wir bei Außentemperaturen von 0,5 Grad mit 88 Kilometern. Bei ausgeschalteter Klimaanlage hätten uns sogar zehn Kilometer mehr zur Verfügung gestanden. Doch wer will im Winter schon im Auto frieren.
Natürlich resultiert dieser Verbrauch aus dem Streckenprofil: bei den Bergabfahrten konnte der GLE rekuperieren. Doch für ein solches Trumm von Auto ist das ein Wert, den man nicht erwartet. Was ist aber, wenn ich lange Strecken auf der Autobahn fahre? Mit welchem Verbrauch habe ich dann zu rechnen? Immerhin bringt es der elektrische Antrieb auf ein Mehrgewicht von 390 Kilometer. Es seien sechs bis sieben Liter, sagt Zygan.
Laden muss zu etwas Alltäglichem werden
Was im Alltag mit dem GLE 350 de möglich ist, zeigt die tägliche Fahrtstrecke von Zygan über 84 Kilometer von seinem Wohnort Karlsruhe nach Stuttgart: Im Hybridmodus kommt der Baureihenleiter auf einen Verbrauch von 4,6 Litern. „Wenn ich dann abends wieder zu Hause ankomme, zeigt mir der Bordcomputer immer noch eine Restreichweite von 30 Kilometer an.“ Doch ein Plug-in-Hybrid macht nur dann Sinn, wenn er von seiner Fahrerin oder dem Fahrer auch regelmäßig geladen wird, darauf weist Zygan mehrfach hin. Dass Laden müsse einfach zu etwas Alltäglichem werden.
Den Widerspruch der steigenden SUV-Verkaufszahlen und dem schlechten Image dieser Fahrzeuggattung hofft Zygan mit dem Angebot eines nachhaltigen Antriebs wie dem im GLE 350 de Coupé (sein Preis steht noch nicht fest, dürfte aber im Bereich von 76.000 Euro liegen) entgegen zu wirken. Mit ihm könne man die Kunden auf dem Weg in die E-Mobilität begleiten.
SUV-Verkäufe nehmen weiter zu
Das ist auch nötig. Eine Ende November erschienene Studie des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen geht davon aus, dass bereits ab 2025 mehr als 50 Prozent der Neuwagen SUVs sein werden. Diese Entwicklung mag für den ein oder anderen bedrohlich klingen, „ist es aber nicht“, so Studienautor Ferdinand Dudenhöffer.
„So kurios es klingt, mehr SUV sind eine Chance, E-Mobilität schneller in Deutschland umzusetzen.“ Denn die strengen CO2-Grenzwerte der EU sorgen dafür, dass die Hersteller gezwungen sind, ihre SUVs entweder mit einem Hybrid oder gleich als reines Elektroauto anzubieten. So stehen die Hersteller in der Pflicht, ihren CO2-Grenzwert bis 2021 auf 95 g/km zu reduzieren. Gelingt das nicht, drohen Strafzahlungen.
Das könnte der kleinste gemeinsame Nenner werden, den man mit Kritikern von SUVs findet: Wenn schon ein SUV, dann nur einer mit E-Antrieb.