Mercedes E-Klasse: Mit der Zehn zur Null

Business-Limo teilautonom unterwegs

Mercedes E-Klasse: Mit der Zehn zur Null
Die Mercedes E-Klasse fährt teilweise autonom. © Mercedes

Mercedes führt die E-Klasse in die zehnte Generation. Die Business-Limousine spielt dabei eine wichtige Rolle auf dem Weg zur „Vision Zero“.

Von Thomas Flehmer

So schnell ändern sich die Zeiten. War vor drei Jahren noch die S-Klasse der Maßstab bei Mercedes, wird das Topmodell von der neuen Generation der E-Klasse mehr und mehr in den Schatten gestellt. Denn die Business-Limousine schöpft aus dem kontinuierlich erweiterbaren Baukasten des Unternehmens die Neuerungen ab und setzt einen neuen Meilenstein auf dem Weg zur von Mercedes-Chef Dieter Zetsche für 2020 proklamierten „Vision Zero“, dem unfallfreien Fahren.

Zahlreiche neue und modernisierte Sicherheitsassistenten dominieren bei der mittlerweile zehnten Generation, der fünften Auflage, seit die E-Klasse E-Klasse heißt, ebenso wie Infotainment und Vernetzung. Keine Sorge – fahren kann die neue E-Klasse auch, und wie.

Neuer Dieselmotor für die neue E-Klasse

Das wahrscheinliche Volumenmodell E 220d hat einen völlig neuen Dieselmotor erhalten, der intern OM 654 genannt wird und die 4,92 Meter lange und 1680 Kilogramm schwere Limousine mit 143 kW/194 PS sowie 400 Newtonmeter antreibt.

Dabei soll sich der E 220d mit 3,9 Litern begnügen. Dass selbst das Einstiegsmodell über genügend Fahrkomfort sowie je nach Ausstattung über puren Luxus verfügt und nach 7,3 Sekunden Tempo 100 erreicht hat, interessiert diesmal nur am Rande und kann als gegeben angesehen werden.

Beeindruckende Fahrassistenten

Die Mercedes E-Klasse fährt teilweise autonom.
Nicht nur das Einparken erledigt die Mercedes E-Klasse alleine Mercedes

Viel wichtiger sind die Systeme, die Fahrzeug und Fahrer samt Insassen vor Beulen und Schäden bewahren. Zahlreiche Sicherheitssysteme hat Mercedes schon seit Jahren im Angebot, die Performance in der neuen E-Klasse fällt aber so beeindruckend wie noch nie aus.

Mit welcher Wucht die E-Klasse selbstständig bremst, wenn ein quer fahrendes Auto den Weg kreuzt und beide Fahrer nicht aufpassen, ist gewaltig. Selbst auf kurzem Bremsweg kommt es bei Geschwindigkeiten bis zu 100 Stundenkilometern nicht zur Kollision, in höheren Geschwindigkeitsbereichen wird die Unfallschwere deutlich gemindert.

Noch beeindruckender war es, wie das System ausrechnet, dass die E-Klasse das quer passierende Fahrzeug mit der eigenen gefahrenen Geschwindigkeit nicht mehr berühren wird und das Heck um einige Milli- oder Zentimeter verpasst. Will der Fahrer aber das Hindernis noch umfahren, unterstützt der Ausweich-Lenkassistent beim Manöver und berechnet das Lenkmoment, damit der Fahrer rechtzeitig wieder einlenkt und nicht in den Gegenverkehr prescht.



Immer wieder beeindruckend ist der modifizierte Drive Pilot, der das automatisierte Fahren unterstützt. Bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h hält die E-Klasse den richtigen Abstand zum Vordermann und wechselt auch – wenn der Fahrer zwei Sekunden blinkt, selbstständig den Fahrstreifen. Die Ingenieure haben dabei die Verkehrszeichenerkennung mit dem Tempomaten kombiniert, sodass das Fahrzeug immer die richtige Geschwindigkeit hält. Interessant ist, wie viele Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit dabei einen selbst überholen, während der Fahrer selbst dank der Entlastung durch das System völlig entspannt der nächsten roten Ampel entgegen rollt und dort dann die zuvor überholenden Autos wieder trifft.

Entspannung im Stau

Die Mercedes E-Klasse fährt teilweise autonom.
Ganz sicher ist die neue E-Klasse unterwegs Mercedes

Auf der Autobahn entlastet der Drive Pilot den Fahrer im Stau und pilotiert das Fahrzeug eigenständig. Auch wenn durch die Eigenständigkeit der Fahrer entlastet wird, trägt er immer noch die Verantwortung. So ist es – auch aus rechtlichen Gründen - unerlässlich, die Hände am Lenkrad zu lassen. Unterlässt der Fahrer dies, wird er nach einigen Sekunden dazu aufgefordert. Folgt er auch weiterhin nicht der Aufforderung, bremst das Auto bis zum Stillstand ab und schaltet ab Tempo 60 den Warnblinker ein. Der Wagen wird dabei aber nicht auf dem Standstreifen platziert, sondern bleibt in der jeweiligen Spur. Auch wird kein automatischer Notruf abgesetzt. Da bleibt noch Arbeit für die nächsten Generationen.

Sollte ein Aufprall von der Seite nicht zu vermeiden sein, wird die Vordersitzlehne präventiv eine Luftkammer aufgeblasen, die Fahrer oder Beifahrer weiter vom nahenden Gefahrenherd entfernt. Eine Soundanlage warnt mit einem Rauschsignal vor der bevorstehenden Kollision.

Einparken per Handy

Die Mercedes E-Klasse fährt teilweise autonom.
Per Handy wird die E-Klasse in die Garage pilotiert Mercedes

Damit es nicht so weit kommt, sollen die bereits bekannten und eingesetzten Helferlein bereits im Vorfeld einen Unfall verhindern und die Gefahr schmälern. Neu dabei sind die hochauflösenden Multibeam LED-Scheinwerfer, die die Straße exakt und außergewöhnlich hell ausleuchten. Dabei agieren rechter und linker Scheinwerfer unabhängig voneinander und wechseln je nach Situation von Abblendlicht zu Fernlicht, ohne den entgegen kommenden Verkehr oder Personen am Straßenrand zu blenden.

Angesichts der Vielzahl an Sicherheitsassistenten gerät der Remote Park-Pilot fast zur (komfortablen) Spielerei. Per Smartphone-App kann die E-Klasse nicht nur über das Handy geöffnet und der Motor gestartet werden, auch das Einparken kann von außen per Handy erledigt werden, sodass die Fahrt in äußerst kleine Parklücken oder in die Garage per Kreisen des Fingers auf dem Handy geschieht – James Bond lässt grüßen.

Der Geheimagent ihrer Majestät würde sich wohl für den E 400 entscheiden. Mit seinen 333 PS und einem Drehmoment über 400 Newtonmeter erreicht der Business-Sportler bereits nach 5,3 Sekunden Tempo 100. Dass auch Fahrwerk, Lenkung und Neungang-Automatik Rennkurs tauglich sind, wird auf dem ehemaligen Formel 1-Kurs in Estoril unter Beweis gestellt. Elegant legt sich die E-Klasse in die Kurve und kann aus dieser heraus sehr dynamisch beschleunigen.

Mercedes E-Klasse ab 45.303 Euro

Im Innenraum kann die Hatz komfortabel genossen werden. Die jeweils 12,3 Zoll großen hochauflösenden Displays dominieren das Cockpit. Neu sind die Touchpads am Lenkrad, mit denen die Kommandos gegeben werden können. Das Ambiente-Light kann sich dank einer Auswahl von 64 Farben der jeweiligen Stimmung im Innenraum ebenso hineinfühlen wie der dreidimensionale Burmester High-End-Surround-System, das die E-Klasse in einen mobilen Konzertsaal verwandelt.

Neben dem 47.124 Euro teuren Diesel wird zum Marktstart am 16. April mit dem Basisbenziner E 200 für 45.303 Euro ein weiterer Vierzylinder sowie mit dem E 350 ein Sechszylinder ab 55.603 Euro im Regal stehen - die leider aufpreispflichtigen Sicherheits- und Infotainment-Artikel sind darin nicht enthalten und schrauben die Preise um sicher 20.000 Euro in die Höhe.

Später folgen weitere Motorenvarianten, darunter ein Plugin-Hybrid mit dem cW-Wert von 0,23. Bei der Aerodynamik folgt die E-Klasse damit der S-Klasse, die ansonsten derzeit – zugegeben sehr komfortabel – hinterher fährt und beim nächsten Facelift dann wieder die Zeichen auf Wechsel stellen und weiter an der Version Zero drehen wird.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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