Mercedes E 300: Ausflug mit einem Exoten

Sechszylinder-Benziner

Mercedes E 300: Ausflug mit einem Exoten
Die Mercedes E-Klasse ist bestes Fahrzeug aller Klassen. © Daimler

Bei der Mercedes E-Klasse entscheiden sich in Deutschland 90 Prozent für einen Diesel. Doch auch die restlichen zehn Prozent werden nicht enttäuscht.

Technisch gab es an der Mercedes E-Klasse eigentlich nicht viel auszusetzen, optisch wirkte sie mit ihren Anklängen an die gerade abgelöste S-Klasse und deren wuchtige Radhäuser vielen eine Spur zu fett, weshalb man sich bei Daimler für ein sehr großes Facelift entschied. Der Aufwand hat sich formal auf jeden Fall gelohnt, ob auch die inneren Werte stimmen, wollten wir in einem Alltagstest herausfinden. Dazu orderten wir ein Modell, das brandneu ist, aber in Deutschland wohl eher Exotenstatus haben wird: den E 300.

Acht Benziner für die Mercedes E-Klasse

Die Limousine mit dem V6-Benziner sortiert sich neuerdings zwischen dem bekannten E 250 und dem E 350 ein, mit dem sie sich auch den Hubraum teilt. Die insgesamt acht Benzinervarianten (ohne Allradversionen) der E-Klasse balgen sich in Deutschland um etwa zehn Prozent der E-Klasse-Käufer, 90 Prozent wählen hierzulande einen Diesel.

Weltweit sieht das anders aus. Da wird der Benziner bevorzugt und der E 300 liegt gewissermaßen im Mittelfeld des Angebots. Mit 185 kW/252 PS aus 3,5 Litern Hubraum ist er sehr ordentlich, wenn auch nicht üppig motorisiert, angesichts eines Leergewichts von gut 1,7 Tonnen. Das maximale Drehmoment von 340 Newtonmetern liegt ab 3500 Touren an. Die Kraftübertragung erfolgt über das bekannte Siebengang-Automatikgetriebe.

Knapp neun Liter Verbrauch für den Mercedes E 300

Das wechselt in gewohnt sanfter Manier nahezu unbemerkt die Gänge. Allerdings nur nahezu unbemerkt, weil anders als von starken Dieseln gewohnt, sich Motor und Getriebe in Tateinheit mit dem zuständigen Steuersystem häufiger für Schaltaktionen entscheiden, als es der an sich gelassene Fahrer tun würde. Im Bestreben, immer alles richtig zu machen, wird doch öfter als nötig ein oder zwei Gänge heruntergeschaltet. Nicht dass das groß stören würde, am dezenten Klang des V6 ändert sich dadurch fast nichts, aber man wundert sich mitunter, auch weil man derlei von den Dieseln des Hauses nicht gewohnt ist. Die nutzen allerdings einen Drehmomentberg, der im Falle des E 300 eher ein Hügel ist.

Auch dadurch bedingt verfehlten wir die werkseitige Verbrauchsangabe von 7,0 Litern mit einem Testverbrauch von 8,9 Litern deutlich. Wobei auch die 8,9 Liter für eine Limousine der gehobenen oberen Mittelklasse absolut in Ordnung gehen. Noch vor wenigen Jahren waren solche Zahlen in dieser Klasse den ersten Hybriden oder Dieselmodellen vorbehalten. Dass der E 300 ohne Anstrengung die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreicht und an dieser Marke abgeregelt ist, bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

Mercedes E 300 ab 51.230 Euro

Die Mercedes E-Klasse wird in Deutschland zumeist als Diesel geordert.
Beim Bedienungskomfort hat Mercedes nachgebessert Mercedes

Nun wird man auch auf den Märkten der Welt eine Limousine wie diese nicht als verkappten Sportwagen kaufen, sondern als souveränen Reisewagen. Und genau dazu ist sie gedacht und das macht sie weitgehend perfekt. Weitgehend, weil ja auch Mercedes darüber noch eine Klasse anbietet, die ja von allem etwas mehr bieten muss. Aber in Sachen Windgeräusche (kaum), Federungskomfort (gut, dank Luftfederung), Straßenlage (gut, dank Luftfederung) ist es schon schwer, eine E-Klasse zu toppen.

Beim Bedienungskomfort haben die Schwaben nachgebessert. Die Sprachsteuerung für Navigation oder Telefon reagiert noch ein bisschen besser und versteht fast alles, die Displays wurden tatsächlich nachgeschärft und formschöner eingepasst. Wer Mercedes fährt, findet sich sofort zurecht und zuhause. Dass unser Testwagen mit allen verfügbaren Assistenten ausgerüstet war, erscheint selbstverständlich, treibt aber auch den Preis nach oben. Zu den 51.230 Euro Grundpreis addieren sich so schnell etliche Tausender für Annehmlichkeiten wie das Memory-Paket (1500 Euro), das Assistenzpaket (2680 Euro) oder das bekannte und verbesserte Comand-System für Navigation und Multimedia (3800 Euro). Dass Verkehrszeichen erkannt werden, kostet 350 Euro. Die Liste der Optionen ist lang, und wer nicht aufpasst, packt schnell noch Extras im Wert einer A-Klasse drauf. Aber das ist durchaus klassen- und wettbewerbstypisch und so gesehen nicht weiter kritikwürdig.

Neue Front für Mercedes E-Klasse

Die Mercedes E-Klasse wird in Deutschland zumeist als Diesel geordert.
Die neue Front der Mercedes E-Klasse Mercedes

Apropos nichts zu meckern: das gilt explizit für die neue Optik mit der markanten Schnauze, die deutlich Anleihen beim CLS nimmt und die dezenteren Radhäuser. So sieht die E-Klasse wieder wie das aus, was sie sein soll und will: eine edle und eher dezente Reiselimousine der gehobenen Art. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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