Mercedes X 350d: Pick-Up de Luxe

Nun auch mit Sechszylinder

Mercedes X 350d: Pick-Up de Luxe
Die Mercedes-Benz X-Klasse © Daimler

Es ist ein Mercedes. Es ist 5,34 Meter lang, aber eine S-Klasse ist es deshalb nicht. Ganz im Gegenteil. Es ist die neue X-Klasse. Wir sind den Mercedes X 350d gefahren. 

Die X-Klasse, das erste Pick-Up der Marke, ist ein mannshohes Gefährt von 1,82 Meter Höhe; so ein Auto hätte man den Schwaben eigentlich gar nicht zugetraut. Aber nun ist es doch da: die X-Klasse. Nach dem Verkaufsstart im November 2017 ist nun auch eine Luxusversion erhältlich, die dem Stern im Kühlergrill deutlicher Rechnung tragen soll als die einfachen Varianten.

X 350d heißt das gute Stück, es kostet 53.360 Euro, und als einziger X-Mercedes fährt es mit einem Sechszylindermotor vor. Warum auch nicht? Da sich VW bei seinem Amarok für eine nahezu identische Top-Motorisierung entschieden hat, ist die Idee offensichtlich nicht ganz falsch, auch unter dem Markennamen Mercedes eine Art Pick-up de Luxe anzubieten.

Mercedes X 350d mit 258 PS

Der Innenraum der Mercedes X-Klasse
Der Innenraum der Mercedes X-Klasse. Foto: Daimler

258 PS bringt der wuchtige Benz mit (der VW ebenfalls), dazu kommen 550 Newtonmeter Drehmoment (VW: 580). So ausgerüstet, muss man praktisch keine Herausforderung fürchten. Kein Anhänger sollte zu schwer sein, keine Steigung zu steil und kein Gelände zu schwierig.

Gelände? Ja, Pick-ups sind geländegängig, das gehört zur Job-Beschreibung. Auch wenn es für jeden Typ ein Basismodell mit Einachs-Antrieb und ohne Gelände-Untersetzung gibt (denn Pick-ups müssen auch preiswert sein), so stammen sie natürlich von den echten Geländewagen ab, mit Leiterrahmen und robuster Karosserie. Das ist auch beim Mercedes nicht anders, zumal sich die Marke hier beim Kooperationspartner Renault-Nissan bediente – und vom Nissan Navara, der der X-Klasse zugrunde liegt, hat es schon zehn Generationen gegeben, wie Mercedes-Projektleiter Stephan Manger sagt.

Respekt also gab es in Stuttgart vor der Erfahrung in diesem Segment, und dennoch habe man sich mit dem eigenen Selbstbewusstsein auch einer ganz besonderen Aufgabe gestellt: „Wir mussten aus dem Nissan einen Mercedes machen.“

V6 mit drei Liter Hubraum

So lange muss man gar nicht Probe fahren, um zu erkennen, dass das gelungen ist. Zwar werkelt unter der Haube ein drei Liter großer Diesel-V6 mit drei Liter Hubraum, allerdings muss man schon genau hinhören, um ihn auch zu bemerken. Auch die Sanftheit des Federungskomforts und die Güte des Innenraums entsprechen weit mehr dem Mercedes-Standard als dem, was man von Nissans Nutzfahrzeug gewohnt war.

Bleibt man mit der X-Klasse auf der Straße, so lassen sich zudem das Ansprechverhalten von Motor und Siebengangautomatik (beide von Mercedes) auf Knopfdruck anpassen: Die Komfort-Stellung ist standardmäßig aktiviert, wer „Eco“ wählt, lässt die Automatik früher hochschalten, bei „Sport“ passiert ziemlich genau das Gegenteil.

Sehr interessant ist die Einstellung „Manuell“, vor allem auf lockerem Geläuf, das noch nicht die Gelände-Untersetzung erfordert. Wer sich hier entscheidet, die Gänge selbst zu wechseln, hält den Wagen bergauf deutlich besser in Schwung und kann ihn bergab sicherer langsam werden lassen. Zudem spielt der Dieselmotor hier sein hohes Drehmoment aus: Die Elektronik greift nur dann ein, wenn der Motor abzuwürgen droht, ansonsten ist man erstaunt, wie gut enge, langsam gefahrene Kehren bergan selbst im dritten Gang funktionieren.

Wer das Auto dann tatsächlich in den Geländemodus versetzen muss, kann das mit einem Drehschalter in der Mittelkonsole auch während der Fahrt tun, muss allerdings zwischendurch einmal mit dem Automatikwählhebel in den Leerlauf schalten. Normalerweise ist für diese Übung anhalten angesagt; Mercedes wollte erreichen, dass man vor allem beim Verlassen eines unwegsamen Geländes nicht stoppen muss und damit auch nach außen hin einen agileren Eindruck hinterlässt. Na ja.

Souverän im Low-Range-Modus

X-Klasse von Mercedes
Die Ladefläche der Mercedes X-Klasse. Foto: Daimler

Jedenfalls funktioniert der Wagen im Low-Range-Modus ausgesprochen souverän, wozu auch die Bodenfreiheit von 20 Zentimetern beiträgt – eine Höherlegung auf 22 Zentimeter erhält man auf Anfrage. Wer langsam über die Hindernisse rollt, kommt eigentlich überall durch, der einschränkende Faktor ist hier eher die enorme Länge des Fahrzeugs. Rangieren und Wenden im Gelände will trotz Rückfahrkamera gut überlegt sein.

Aber eigentlich ist es wie mit den klassischen Geländewagen: Auch der Pick-up, zumal die De-Luxe-Variante, wird weit häufiger auf als neben der Straße angetroffen werden. „Seien wir ehrlich“, sagt Marketingchef Christian Pohl“, „unser X 350d ist kein Arbeitspferd.“
Er könnte eines sein, die Anlagen dazu hat er. Doch wenn man sieht, was für Anbau- und Zubehörteile allein für die Ladefläche im Angebot sind, dann weiß man, dass Mercedes zumindest mit dem Topmodell der X-Klasse künftig eher Leute anspricht, die ihre Mountainbikes oder Surfbretter spazieren fahren als solche, die im Wald Holz machen.

Ausreichend Komfort vorhanden

Dazu passt das Fahrverhalten auf Asphalt perfekt. Der X 350d fühlt sich weit weniger stelzbeinig an, als man erwarten sollte, oberste Entwicklungsziele scheinen Komfort und Handling gewesen zu sein, Kurvige Landstraßen meistert zumindest der Fahrer gut, nur die Beifahrer werden dann irgendwann protestieren – die Nebenwirkung von hoher Bodenfreiheit und gutem Federungskomfort ist eine gewisse Seitenneigung.

Als Lifestyle-Auto taugt dieses Produkt aus der Nutzfahrzeugabteilung dennoch allemal. Und die beste aller X-Klassen bildet einen interessanten Kontrapunkt zu den mittlerweile etwas verweichlichten SUVs, ohne dabei selbst zu ruppig zu werden. Das wäre dann auch der Unterschied zum vergleichbar motorisierten VW Amarok – er ist deutlich mehr Arbeitspferd, als es die X-Klasse überhaupt sein will.

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