McLaren 600 LT Spider: Rausch des Rasens

McLaren 600 LT Spider: Rausch des Rasens
McLaren 600 LT Spider: offener Renner mit Heckverlängerung. © McLaren

Mit den Longtail-Modellen setzt McLaren seinen Sportwagen die Krone auf. Jetzt geht auch der 570 Spider als 600 LT in die Verlängerung.

Was für Porsche die GT- und die RS-Modelle, das sind für McLaren die Longtails (LT). Denn seit ein LT auf Basis des legendären F1 als GTR Ende der 1990er den Sieg in Le Mans eingefahren hat, steht dieser Name bei den Briten für kompromisslose Rennstrecken-Orientierung.

Dass sich das auch auf Straßensportwagen übertragen lässt, hat McLaren zum ersten Mal 2015 beim 675 LT bewiesen – und dabei gelernt, dass mit diesem Label auch viel Geld zu machen ist. Schließlich waren die 500 Autos in nur drei Monaten verkauft. Und nachdem der 675 LT Spider sogar binnen drei Wochen vergriffen war, sind seit dem vergangenen Jahr die Autos aus der Sport Series dran. Erst gab im Herbst das 570er Coupé als 600 LT sein Debüt und jetzt folgt pünktlich zum Beginn der Open-Air-Saison für glatte 250.000 Euro der entsprechende Spider.

Vier Zentimeter länger, 100 Kilogramm weniger

Der 600 LT Spider ist länger, leichter und stärker als der 570 S. Foto: McLaren

Für einen Aufpreis von immerhin guten 40.000 Euro auf den 570 Spider gibt es dann für den 3,8 Liter großen V8-Turbo im Heck nicht nur 30 PS und 20 Nm mehr. Auch das messerscharfe Design mit besserer Aerodynamik nebst dem – nomen est omen – um vier Zentimeter gestreckten Heck fällt vor allem wegen der nach oben gerückten Endrohre auf. Der Wagen speckt außerdem stolze 100 Kilogramm ab. 100 Kilogramm, die man in jeder Kurve merkt, beim Bremsen und beim Beschleunigen, rechnet Produktmanager Ian Digman vor und übersetzt das mit noch einmal 60 PS mehr Leistung. So viel jedenfalls hätten seine Ingenieure zusätzlich aus dem Motor kitzeln müssen, um die gleiche Dynamik zu erzielen.

Deshalb ist es eben nicht alleine der Hauch mehr Leistung und Drehmoment, der den Reiz des Longtails ausmacht. Es ist die brachiale, ungefilterte Art, mit der der 3,8 Liter große V8-Turbo seine Power aus dem Heck rotzt und den 600 LT dem Horizont entgegen katapultiert. Erst recht, wenn nach 15 Sekunden das Hardtop hinter den Sitzen verstaut ist und man den Rausch des Rasens noch viel direkter erlebt.

315 km/h mit geöffnetem Dach

Übersichtlich und fokussiert: Das Cockpit des McLaren 600 LT Spider. Foto: McLaren

Natürlich ist auch der 570 Spider ein Sportwagen, mit dem man sich nirgends verstecken muss. Doch der Longtail ist sehr viel fokussierter und deutlich spitzer positioniert. Strammer abgestimmt, direkter, mit seiner stark modifizierten Karosserie auf Abtrieb ausgelegt und dabei auch noch zwei Zentner leichter, giert er förmlich nach der Rennstrecke.

Auf der Zufahrt noch geprägt von quälender Zurückhaltung, schießt er mit dem ersten Kickdown im Performance Modus wie entfesselt über die Start-Ziel-Gerade. Er beschleunigt in 2,9 Sekunden von 0 auf 100, überrascht beim Bremsen mit einem Biss wie im P1 mit extrem späten Bremspunkten und schießt am Scheitelpunkt mit Geschwindigkeiten vorbei, bei denen viele andere Autos schon den Abflug machen würden. Und während man sich im 570S noch sortiert und die Ideallinie sucht, hat man im 600LT die Lenkung schon wieder fixiert und den Fuß fest auf dem Gas. Wenn man den nur lange genug stehen lässt, erreicht der Spider mit geöffenetem Dach 315 km/h, mit geschlossenem Verdeck sogar 324 km/h.

Nur ein Jahr Produktionszeit

Auch den 600 LT Spider besteigt der Fahrer durch eine Flügeltür. Foto: McLaren

Für dieses Erlebnis haben die Briten einen soliden Aufwand betrieben und immerhin ein Viertel aller Bauteile des 570 Spider ausgetauscht. Der Motor ist erstarkt, das Fahrwerk modifiziert, die Karosserie abgespeckt, der Innenraum entrümpelt und die Aerodynamik optimiert. Mit dem messerscharfen Frontsplitter geht der 600LT auch als „Rasenmäher“ durch. Der große Heckflügel ist ein weithin sichtbarer Beweis für den Angriffsmodus und die neue Heckschürze streckt den Wagen nicht nur um gute vier Zentimeter und rechtfertigt so den Namen Longtail. Sie hat zudem so einen großen Diffusor, dass es den 600er förmlich am Asphalt festsaugt.

Anders als die 675er-Longtails aus der Super Series sind die langen 600er nicht limitiert. Doch weil McLaren die Autos nur genau ein Jahr lang bauen will, sind sie auch nicht unbeschränkt verfügbar. Und nachdem das erst im September präsentierte Coupé bereits vergriffen ist, kann auch beim Spider ein bisschen Eile nicht schaden. Sonst wird es vielleicht doch nichts mehr mit dem Platz an der Sonne. (SP-X)

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Frank Wald
Nach einem abgeschlossenen Studium der Kulturwissenschaften in Göttingen, Frankfurt und Hamburg volontierte er bei der Hamburger Morgenpost. Danach folgten freiberufliche Engagements u.a. bei Spiegel-Online, Welt am Sonntag, und TV Spielfilm. Seit 1996 berichtet er als freier Journalist über automobile Neuerscheinungen.

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