In 35 Jahren hat sich der Mazda MX-5 den Status einer Roadster-Ikone erfahren. Die scharfen Abgas-Normen fordern allerdings ein erstes Opfer.
Ach, würden sie es sich doch alle ein wenig zu Herzen nehmen: Autos müssen nicht immer noch größer, noch schwerer und noch stärker werden. Mit immer noch mehr Luxus, noch mehr Elektronik und noch mehr Schnickschnack. Es kommt nämlich keinem Umsturz gleich, etwas Flinkes und Wendiges auf die Räder zu stellen. Im Gegenteil: Es darf gerne auch mal klein sein. Mit 3,91 Metern Länge sogar sehr klein.
Zugegeben: Beim neuen Mazda MX-5 funktioniert das so gut, weil er eben kein Alltagsauto ist. Große Sporttasche oder zweimal Handgepäck, schon ist voll unter der Ladeluke. Der Zweisitzer ist ausschließlich zum Spaß da, für sonst nix. Und Fahrfreude geht – im Wortsinn – ganz leicht. Viel Aluminium, gelochte Profile – und wozu ein Handschuhfach? Am Ende steht da ein Flitzer, der gerade mal eine Tonne wiegt und keinen dicken Quirl unter der Haube braucht. Kraft achtern, straffes Fahrwerk und ein feines Getriebe – fertig ist pures Lenkradvergnügen.
Einheit von Ross und Reiter
Vor allem auch, weil der Fahrer nicht nur im Zentrum steht, sondern fast genau dort sitzt. Weiter in der Mitte, näher am Asphalt, ganz dicht beim Schwerpunkt. Sogar die Handbremse muss zur Beifahrerseite weichen. Egal. Von den Sportsitzen Marke Abrahams Schoß im doppelten Sinne ergriffen, stellt sich schnell ein, was sie bei Mazda „Jinba Ittai“ nennen: das Gefühl der Einheit von Ross und Reiter. Wer Platz braucht, soll Kombi fahren, im MX-5 gibt’s einen maßgezirkelten Kommandokokon für die ungefilterte Spritztour. Her mit den Kurven!
Optisch bleibt alles wie gehabt: Das Blech bedeckt gerade noch die Räder, schon die Bezeichnung Überhang wäre vermessen. Die Heckleuchten sind an der innersten Grenze dessen, was erlaubt ist, und vorne wird’s so flach, dass allein noch LED-Licht helfen kann. Hauptsache kompakt und keinen Millimeter größer als nötig. Wo sonst wäre man stolz darauf, in vierter Generation den kleinsten Innenraum aller Baureihen zu präsentieren?
Großer Spaß für kleines Geld
Im Grunde war das vor 35 Jahren nicht wirklich anders, als sie in Fuchu den revolutionären Schritt zum Zweisitzer wagten. Die Idee dazu stammte von Bob Hall, einem Motorjournalisten. Gehör fand er bei Kenichi Yamamoto, dem Chef der Mazda-Entwicklungsabteilung. Es war ein guter Tag für die Autowelt – weil der MX-5 schon damals großen Spaß für kleines Geld bot. Nicht zuletzt deshalb fanden seit 1989 rund 1,25 Millionen Exemplare Käufer und sehr oft auch Käuferinnen. Erfolgreicher ist bis heute kein Roadster. Bemerkenswert: Von den knapp 145.000 in Deutschland verkauften MX-5 ist noch immer mehr als die Hälfte zugelassen.
Zur Wahl stehen auch in der Neuauflage zwei Motoren. Der Zwei-Liter mit 184 PS sorgt für zügiges Fortkommen, schafft den Spurt auf 100 in 6,5 Sekunden. Und das bei einem Verbrauch, der selbst bei sportlicher Herangehensweise nur anderthalb Liter über der offiziellen Angabe von 6,9 Litern liegt. Die weitaus größere Überraschung indes ist die kleinere Variante. Das Maschinchen mit 1,5 Litern und 132 PS drückt den MX-5 ordentlich nach vorne und bis Tempo 100 vergehen auch bloß 1,8 Sekunden mehr.
Zwei-Liter-Modell wird eingestellt
Dennoch: Wenn schon Spaß, dann richtig, haben sich bislang 90 Prozent der Kundschaft gedacht und die stärkere Version geordert. Die verlässt das Band obendrein mit größeren Bremsen, einem asymmetrischen Sperrdifferenzial und einem „Track Mode“, mit dem man die elektronische Stabilisierung zurückdrängen kann. Ein bisschen Erfahrung in Sachen Flottfahrt kann bei abgelehnter Fahrhilfe und drängendem Heck allerdings nicht schaden.
Echte Gefahr droht indes an ganz anderer Stelle. Die schlechte Nachricht: Wegen der immer schärferen Abgasnormen wird das Zwei-Liter-Modell nicht mehr gebaut. Die gute: Es gibt noch ein Rest-Kontingent. Allerdings sollte die Zeit des Grübelns wohl besser eine kurze sein. Freunde der hubraumschwächeren Variante können hingegen völlig gelassen bleiben.
Pure Freude ohne Dach
Drehzahlen jenseits von 3000 verlangen ohnehin beide Motoren, und in der Folge beherztes Eingreifen im Zahnräderwerk. Das aber ist wegen extrem kurzer Wege, exakter Führung und einer vorbildlichen Abstufung der Gänge sowieso eine Lust. Wer also nicht nach Rundenzeiten giert, sondern nur mal schick über Land schnüren will, darf getrost die kleine Lösung wählen. Die Lenkung ist nur um die Mittelstellung etwas gefühllos, durch Kurven jedoch lässt sich der MX-5 sehr präzise zirkeln. Federn und Dämpfer sind straff auf Fahrfreude getrimmt. Allzu viel Übermut bremst das sensible ESP frühzeitig, allerdings gibt es da links neben dem Lenkrad eine kleine Taste…
Doch all das wäre nur der halbe MX-5. Richtig Laune kommt erst auf, wenn man obdachlos unterwegs ist. Das Stoffverdeck lässt sich mit einer Hand entriegeln und mühelos nach hinten schubsen. Kleiner Klaps, fertig. Geht in drei Sekunden und sogar während der Fahrt. Den Wirbel im Nacken mindert allenfalls ein Windschöttchen, auf Weichei-Zubehör wie heiße Luft aus der Kopfstütze hat Mazda zum Glück verzichtet. Unter Puristen nicht satisfaktionsfähig, aber gleichwohl pfiffig ist die ganzjährige Option: feste Kunststoffkuppel – und doch wahlweise Luft nach oben.
RF auch mit Automatik zu haben
Haben sie sich bei Mazda auch gedacht – und stellen dem bemützten MX-5 weiterhin die Klappdach-Version namens RF an die Seite. Und wo, wenn nicht in Origami-Land, säßen die Großmeister jener Kunst, ein dreiteiliges Deckengewölbe ohne Kofferraum-Verlust in ein winziges Zweisitzer-Heck hineinzufalten? Damit nicht genug: Nach der elektrischen Versenkung schieben sich die schrägen Dachpfeiler wieder zurück und bewahren eine Silhouette, die an eine Corvette aus den 1970er-Jahren erinnert. Der guten Ordnung halber: Ausschließlich für den RF bietet Mazda wahlweise eine Automatik feil – aber stilecht verlangt so ein Frechflitzer nun mal nach echter Handarbeit.
Auch wenn es jetzt einen größeren Touchscreen über der Mittelkonsole gibt, mehr LED-Licht und auf Wunsch Helferlein, die ein Auge auf Tempo, Abstand, Fahrspur, Querverkehr und tote Winkel haben, bleibt Mazda seiner Preis-Philosophie weitgehend treu. 33.190 Euro kostet der Einstieg in den MX-5, für den großen Motor – kombiniert mit besserer Ausstattung – rufen die Japaner ab 37.790 Euro auf. Wem das zu sehr nach fernöstlicher Bescheidenheit aussieht: Bei den Sondermodellen Homura und Kazari kann man locker um die 45.000 Euro und mehr loswerden. Kleiner Tipp: Der Fahrspaß ist in edlem Interieur auch kein anderer.