Lotus hat den Evora nachgeschärft und bringt ihn nun als S-Version auf den Markt: Mehr Kraft, mehr Klang – und ein kleiner Knopf sorgt für Suchtgefahr.
Einen kräftigen Evolutionssprung hat Lotus nun dem Evora mit der S-Version verpasst. Schon der aktuellen Version des Alltagsrenners konnte man nicht gerade Verschmustheit vorwerfen. Eine Optik, wie sie sich für einen britischen Straßensportler gehört, 206 kW/280 PS aus dem V6-Motor zwischen Hinterachse und Rückenlehne, kaum mehr als fünf Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 261 km/h - langweilig ist anders. Aber mit dem Evora S zeigt Lotus, dass es sehr wohl noch eine Entwicklungsstufe nach oben gibt.
Lotus Evora S kaum zu unterscheiden
Dabei ist der mit dem "S" am Heck optisch kaum vom normalen Evora zu unterscheiden. Der üppige schwarze Diffusor unten am Heck, schwarz lackierte Außenspiegel - das war's erst einmal. Innen scheint sich ebenfalls nicht viel getan zu haben: Der Einstieg über den breiten Türschweller war auch bislang nicht so akrobatisch wie bei der Elise mit ihrer Einstiegsluke.
Der Evora bringt mehr Komfort mit: Leder und Aluminium rundum, ordentlich verarbeitet, verstellbare Lehnen an den griffigen Sportsitzen, optionale Sitzheizung und Rückfahrkamera, die Andeutung von Notsitzen in der zweiten Reihe, auf denen man dann doch allenfalls das Gepäck los wird, das nicht mehr in den mickrigen 160-Liter-Kofferraum passt.
Kerniger Motor im Lotus S
Wo sind nun die evolutionären Gene? Eine Drehung des Zündschlüssels lockt sie erstmals hervor. Sie machen sich zuerst im Gehörgang bemerkbar. Der Motor klingt kerniger und aggressiver als in der Normalversion. Und dann gibt es da ja noch die Sport-Taste links am Armaturenbrett. Gleich unter dem Knopf, mit dem man das ESP ausschalten kann. ESP?
Eingefleischten Lotus-Fans kriecht nun das Entsetzen in die Augen. So etwas hat ein Lotus ja noch nie gehabt. Jetzt hat er es, bald in allen Baureihen. Wurde auch Zeit. Allen Puristen zum Trost: Es lässt sich abschalten. Der pure Fahr- und Hörspaß lässt sich über die Sporttaste ein- und wieder ausschalten. Doch erst der Sound: Aus dem Endschalldämpfer grollt und brabbelt es dank serienmäßiger aktiver Klappensteuerung - der Evora will endlich auf die Strecke. Hier zeigt sich mit jedem Kilometer mehr und eindrucksvoller, was sich noch geändert hat an der technischen Doppelhelix im "S".
V6 kommt von Toyota
Der Motor basiert wie gehabt auf dem V6 von Toyota, der im zivilen Leben ganz beschaulich zum Beispiel den alles anderen sportlichen Camry antreibt und dem die Lotus-Ingenieure nun noch mehr Leine geben als schon im bisherigen Evora: Ein HTV1320-Kompressor schaufelt 70 PS mehr aus dem Aggregat und verhilft ihm so zu 258 kW/350 PS.
Dazu kommt ein Drehmoment von 400 statt 350 Nm, die nun bereits bei 4 500 U/min anliegen und auf die Hinterräder losgelassen werden. Der Durchschnittsverbrauch soll bei zehn Litern Super auf 100 Kilometern liegen. In 4,8 Sekunden geht es laut Lotus aus dem Stand auf Tempo 100, bis 277 km/h hinauf soll es gehen. Klingt gut? Ist gut. Fährt sich noch besser. Der Druck auf die Sporttaste sorgt dafür, dass die Drehzahl im Stand leicht angehoben, die Kennlinie des Gaspedals aggressiver, ESP zurückhaltender und der Drehzahlbegrenzer erst bei 7 500 Touren aktiv wird. Kupplungspedal treten, Handbremse lösen und Gang einlegen - und der Spaß beginnt.
Mäßige Freude beim Stop-and-Go
Der Hürdenlauf von Ampel zu Ampel oder Stop-and-Go bereitet zwar auch in ihm nur mäßig mehr Freude als in einem - sagen wir mal - Toyota Auris. Aber der Evora beherrscht auch das. Deutlich lustvoller wird es auf kurvigen Landstraßen. Dort ist er in seinem Element - trotz des für einen Lotus ungewohnt fülligen Gewichts von gut 1,4 Tonnen. Der Evora S läuft wie auf Schienen und macht süchtig. Ohne gedrückte Sporttaste begrenzt das ESP allzu viel Übermut, im Sportmodus sind zumindest angedeutete Drifts drin.
Die Lenkung ist - der nächste Schock für Lotusiasten - anders als in den anderen Modellen servounterstützt. Aber man merkt es kaum. Sie ist nach wie vor so direkt wie man es mag, schwergängig genug, hochpräzise und kommuniziert nahezu perfekt zwischen Fahrer und Straße.
Das knackige Fahrwerk hält den Lotus nicht nur mit traumwandlerischer Sicherheit in der Bahn. Es bietet fast schon so etwas wie Komfort, wenn man gerade mal nicht durch die Kurven jagt. Das Getriebe der manuellen Sechsgangschaltung kommt wie der Motor von Toyota und wurde von Lotus mit kurzen Übersetzungen perfekt an den Motor angepasst. Die Schaltwege sind kurz und präzise. Jeder Spaß im Leben hat seinen Preis, so auch beim Lotus Evora S. Für den normalen Evora verlangen die Briten 59 990 Euro. Für ihre S-Klasse veranschlagen sie 10 000 Euro mehr. Der Aufpreis relativiert sich allerdings dadurch, dass der Evora S mit einigen Ausstattungsdetails serienmäßig kommt, für die man bei seinem kleineren Bruder Kreuzchen in der Aufpreisliste machen müsste. Ausstattungsbereinigt sind gut 6 000 Euro mehr fällig. (mid)