Lexus GS-F: Auf die alte Art

Sauger statt Turbo

Lexus GS-F: Auf die alte Art
Lexus verzichtet beim GS-F auf den trendigen Turbo. © Lexus

Den neuen GS-F hat Lexus nach bewährter Rezeptur kreiert. Acht Zylinder, Heckantrieb und der Verzicht auf einen Turbo-Antrieb lassen die Herzen der V8-Enthusiasten höher schlagen.

V8-Fans waren wohl enttäuscht, als der neue Lexus GS 2012 vorgestellt wurde. Denn damals hieß es Good-bye GS 430. Nicht, dass der edlen Baureihe ein leistungsstarkes Topmodell gefehlt hätte – mit dem GS 450h war ja eine Powerversion (254 kW/345 PS) im Portfolio, doch es handelt sich bekanntermaßen nur um ein grün angehauchtes Hybridmodell, das neben der Elektroeinheit einen Sechsender unter der Haube trägt. Jetzt, drei Jahre später, reicht Lexus eine Highend-Version nach, die diese Bezeichnung auch verdient und den Achtzylinder-Enthusiasten schmecken dürfte.

Lexus GS-F ab 99.750 Euro

Das heckgetriebene Modell wird von einem freisaugenden Hochdrehzahl-Fünfliter befeuert und tritt unter dem sportlichen F-Label der Marke an. Also geht es nicht ganz so diskret zu wie beim eher feinen Vorgänger 430. Der 351 kW/477 PS starke und 99.750 Euro teure GS-F ist vielmehr der Bodybuilder unter den GS-Varianten, er zeigt ein bisschen (Carbon-)Spoiler, einen fetten Diffusor inklusive auffälliger Vierrohr-Auspuffanlage und steht hinten auf potenten Walzen der Dimension 275/35 ZR19.

Nach dem Motorstart dann die Überraschung – denn so manierenfrei wie mancher Sportsmann der Konkurrenz benimmt sich das Kraftpaket dann doch nicht. Während E-Klasse AMG oder auch M5 dreckig aus ihren Trompeten keifen und sprotzeln, bollert der Lexus zwar unverkennbar wie ein V8, doch mit japanischem Understatement. Nur wenn man die Maschine über die 4000-Touren-Schwelle bringt, was allerdings spielend gelingt, wird der Innenraum plötzlich von einem metallischen Summen geflutet. F-Chefentwickler Yukihiko Yaguchi beteuert, weder Auspuffklappen noch einen Soundgenerator einzusetzen. Dennoch modellieren die Experten den Klang elektronisch, und zwar, indem die Akustik mit Gegenfrequenzen gesteuert wird. So wird der Ton zwar beeinflusst, bleibt aber quasi unverfälscht.

Schwerer Lexus GS-F überraschend agil

Lexus verzichtet beim GS-F auf den trendigen Turbo.
Der Lexus GS-F überzeugt trotz weniger PS als die Konkurrenz Lexus

Wer obere Mittelklassen mit Maximalleistung auf der Einkaufsliste führt, wird sich angesichts von rund 100 Pferden weniger Leistung als bei den Mitbewerbern fragen, warum es gerade der Lexus sein soll. Reicht Anderssein aus als Kaufgrund, oder ist es die Tatsache, dass man woanders nur noch Hubraum-Magerkost mit Turbos als Potenzhilfe bekommt?

Probieren wir es aus. Mag der GS-F auch ein paar Zehntel langsamer auf 200 Sachen sprinten als M5 und Co. – Fahrspaß satt bietet er dennoch. Die Techniker haben dem Achtzylinder ein Fahrwerk verpasst, das den 1,8-Tonner trotz des schweren Brockens auf der Vorderachse auch in schnellen Wechselkurven überraschend kompakt und agil erscheinen lässt. Die direkte E-Servolenkung arbeitet straff und präzise, der Kranz liegt gut in der Hand. Üppige und anschmiegsame Sportsitze (Paketpreis 5750 Euro) halten die Passagiere auch dann in der Mittelbahn, wenn der Fahrer sich in puncto Querbeschleunigung den physikalischen Grenzwerten nähert.

Sportmodus im Lexus GS-F fast schon Pflicht

Übrigens sollte man bei forcierter Gangart unbedingt in den Sportmodus schalten, sonst bewegt sich die Achtgang-Wandlerautomatik eher zäh und will zudem möglichst schnell in den großen Gang schalten. Beim gemütlichen Dahingleiten ist das okay, aber unter sportlichen Bedingungen sollte der niedrigere Gang bereits beim Anbremsen eingelegt werden. So geschieht es auch bei der dynamischen Einstellung, die ist allerdings derart kompromisslos und immerzu auf hohe Drehzahlen abonniert, dass dies wiederum im Alltag nervt. Es fehlt hier eine mittlere Einstellung. Ein technisch komplexes Aktiv-Differenzial an der Hinterachse steuert lastabhängig die Kraftzuweisung zwischen linkem und rechtem Hinterrad, um den Gripp zu optimieren.

Apropos Komfort: Hier sollte auch die drahtigste Mittelklasse etwas drauf haben, denn letztendlich werden die teuren Tourer ja doch auf der zivilen Langstrecke statt auf Tracks bewegt. Tatsächlich liefert der GS-F liefert eine ausgewogene Mischung und mimt auf der schnellen Piste durchaus den bequemen fahrbaren Untersatz, der Autobahnwellen gekonnt wegsteckt. Und selbst kurze Bodenwellen absorbieren die Sachs-Dämpfer angesichts der Fahrzeugklasse ordentlich – hier werden jedenfalls keine allzu harten Stöße ausgeteilt.

Lexus GS-F-Liebhaber tanken gerne

Lexus verzichtet beim GS-F auf den trendigen Turbo.
Die Bedienung im Cockpit des Lexus GS-F ist etwas umständlich Lexus

In Sachen Fahrerassistenz spielt der GS-F die gesamte Klaviatur vom Pre-Crash-System, das zum Beispiel die Fenster vor einer Kollision schließt, über Spurhalte-Kontrolle bis hin zur Verkehrsschild-Erkennung. Außerdem leuchten die Hauptscheinwerfer aus LED, und ein Head-up-Display ist auch dabei.

Allerdings geistern immer noch eine Menge Knöpfchen im Cockpit herum und die Bedienung ist bisweilen ein wenig umständlich. Es braucht eine Weile, bis man mit dem sportlichen Businessliner klar kommt. Am Ende ist der Lexus GS-F aber ein durchaus gelungener Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit. Und wo sonst gibt es noch einen guten alten V8-Sauger, der süffig in den 7000er-Bereich dreht? Mit einem Lächeln werden die Liebhaber daher an die Tankstelle fahren, um nach 100 Kilometern mal wieder 15 Liter nachzutanken. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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