Es hat 70 Jahre gedauert, doch nun ist es soweit: die zweite Generation des Land Rover Defender steht ab sofort beim Händler.
Nach so einer Zeitspanne verwundert es kaum, dass der Geländewagen fast alles um Längen besser als sein Vorgänger kann: nicht nur Offroad, sondern vor allem auch auf befestigter Straße. Der Allrader wird als Dreitürer zu Preisen ab 49.700 Euro angeboten, Alternativ gibt es einen längeren Fünftürer für mindestens 55.600 Euro.
Dass der Technologie-Sprung deutlich ausfallen würde, konnte man angesichts des beträchtlichen Alters des Defender ahnen. Wie konsequent die Neuerungen bei Version zwei dann tatsächlich ausfielen, hat Traditionalisten zunächst jedoch überrascht: Der robuste Leiterrahmen ist Geschichte, stattdessen trägt sich die Karosserie nun selbst. Im Cockpit ziehen modernes Infotainment, hochauflösende Bildschirme und Konnektivitäts-Funktionen wie Over-the-air-Updates ein. Und ein ganzes Arsenal an elektrischen Helfern macht das Offroad-Fahren zum Kinderspiel.
Ein hartgesottener Offroader
Trotzdem werden Traditionalisten nicht verschreckt. Optisch bleibt der Defender klar als solcher zu erkennen. Die kantige Karosserie wurde nur leicht geglättet, bleibt aber bei Proportionen und Silhouette bis hin zum farblich abgesetzten Dach geschichtsbewusst. Auch innen, wo das Interieur praktischen Geländewagen-Geist ausstrahlt – inklusive sichtbarer Schrauben an den Türverkleidungen und einem frei liegenden Magnesium-Querträger im Armaturenbrett. Der metallene Stabilisator ist nur eine der Maßnahmen, den Defender maximal verwindungssteif zu machen.
Land Rover spricht von der rigidesten Karosserie, die sie je gebaut haben, was eine erste Fahrt im Gelände glaubwürdig untermauert. Dort zeigt sich auch, dass der neue Defender keinesfalls ein weichgespülter Softroader ist. Ohne Allrad, Untersetzung und sperrbarem Mitteldifferenzial gibt es ihn gar nicht erst, je nach Ausstattung kommen noch Hinterachssperre und Luftfederung hinzu. Allen Varianten gemein sind die geländetauglich geringen Karosserieüberhänge, eine Bodenfreiheit von bis zu knapp 30 Zentimetern und 90 Zentimeter Wattiefe für Wasserdurchfahrten.
Keine Blöße im Gelände
Im Gelände war das Ur-Modell kaum zu stoppen, und auch der Nachfolger gibt sich keine Blöße. Dank elektronischer Bergabfahrhilfe, diverser Offroad-Fahrprogramme und einem 360-Grad-Kamerasystem, das selbst unter das Fahrzeug blicken kann, macht Generation zwei das Offroad-Fahren selbst Anfängern und Ungeübten leicht. Und auch abseits unwegsamen Geländes gibt sich die Neuauflage nun ausgesprochen sanft.
Nicht nur bei der Sitzposition, die weiterhin erhaben, aber erstmals ergonomisch zu nennen ist, muss sich der Defender vor modischen SUV nicht verstecken. Vor allem beim Fahrkomfort hat er einen gigantischen Sprung gemacht: Der fünf Meter lange und zwei Meter breite Offroader fährt verbindlich und komfortabel, verkneift sich sportliche Ambitionen, hält aber gleichzeitig auch in der Kurve Stabilität und Balance.
Bis zu sechs Passagiere haben Platz
War das Fahren früher schwere Arbeit, bleibt man jetzt auch nach langer Tour entspannt. Das gilt sowohl für den Fahrer als auch für die bis zu sechs Passagiere. Die zum Marktstart erhältliche mittellange Variante 110 gibt es entweder mit dritter Sitzreihe im Kofferraum oder mit einem praktischen Notsitz, der sich aus der Mittelkonsole zwischen Fahrer und Beifahrer hochklappen lässt.
Generell ist die Liste an pfiffigen Details und Optionen extra lang – und reicht vom Dachzelt bis zur Seilwinde für den vorderen Stoßfänger. Künftig wird das Programm sogar noch erweitert. In Kürze startet die kleinere, dreitürige Variante Defender 90 zu Preisen ab 49.700 Euro, zum Jahreswechsel ist eine Nutzfahrzeug-Ausführung angekündigt und irgendwann dürfte auch die Langversion 130 an den Start gehen.
Achtgangautomatik ist Standard
Das Motorenprogramm umfasst zunächst vier Varianten. Kunden haben die Wahl zwischen einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel mit wahlweise 200 PS oder 240 PS sowie zwei Benzinern. Der kleinere schöpft aus vier Zylindern und zwei Litern Hubraum 300 PS, der größere aus sechs Zylindern und drei Litern 400 PS. Eine Achtgangautomatik ist Standard. Sparsam ist der Defender in keiner der Varianten, der genügsamste Diesel gönnt sich in der Theorie immer noch 7,6 Liter auf 100 Kilometern, in der Praxis dürfte er häufig noch deutlich mehr sein. Abhilfe schafft zumindest auf dem Papier der für Ende des Jahres angekündigte Plug-in-Hybrid.
Der Defender des 21. Jahrhunderts bleibt ganz der Alte und ist doch ein ganz neues Auto. Der Hochleistungs-Kraxler zeigt sich im Gelände wie gehabt als einer der Besten, ist nun aber auch auf glattem Asphalt ein richtig Guter. Das dürfte den Kundenkreis deutlich erweitern, denn neben echten oder gefühlten Abenteurern spricht der kernige Land Rover erstmals auch Familien und komfortgewohnte SUV-Fahrer an. (SP-X)