Lamborghini Revuelto: Die Rakete kann auch Alltag

Lamborghini Revuelto: Die Rakete kann auch Alltag
Dass ein Lambo schnell, mit 1.015 PS Systemleistung sogar extrem schnell ist, versteht sich von selbst. © Lamborghini

Im Grunde gehört der Lamborghini Revuelto auf die Rennstrecke. Man kann mit den 1.015 PS aber auch ganz zurückhaltend umgehen.

Die Fahrt mit einem Revuelto geht etwa so: Mit der rechten Hand die elektrische Entriegelung unter der Carbonleiste ertasten und die Tür hochschwenken. Rechtes Bein voran den Oberkörper durch die niedrige Öffnung schlängeln, denn mit 1,16 Metern Höhe liegt das Dach von Lamborghinis neuem Supersportler auf Höhe des Bauchnabels. Dann gilt es, sich möglichst lässig in die tiefen, quietschgelben – oder je nach Außenlackierung froschgrünen, lilafarbigen, knallroten, in jedem Fall extravagant eingefärbten Schalensitze fallen zu lassen.

Die Kabine des 500.000 Euro teuren und mehr als 1.000 PS starken Supersportlers sieht aus sich das Cockpit eines Düsenflugzeugs. Ein mit Schaltern und Tasten voll besetztes Ledervolant, dahinter die üblichen digitalen Instrumente, in der Mitte ein kleiner Bildschirm und vor dem Beifahrersitz ein weites Display, auf dem auch der Mitfahrer sämtliche Fahrinfos ablesen kann. Auf dem Armaturenträger, der vor der extrem flachen Scheibe gefühlt bis in den Horizont reicht, an den Türe, in der wuchtigen Mittelkonsole – überall haben die Italiener großzügig Carbonleisten verlegt.

Top-Modell mit Plug-in-Hybrid

Der Lamborghini Revuelto ist 4,95 Meter lang und sehr sehr flach. Foto: Lamborghini

Das 1015 PS starke Topmodell von Lamborghini fährt neuerdings als Plug-in-Hybrid vom Band. Der wahre Vorzug sei aber die Alltagstauglichkeit, heißt es. Vier Drehschalter sitzen prominent auf dem Lenkrad – für die Fahrprogramme, fürs Nachladen des rund 3,5 kWh großen Akkus, für die Stellung des Heckspoilers und um die Karosserie anzuheben. Der wichtigste aber ist unter einem metallenen Klappverschluss auf der Mittelkonsole platziert: der Startknopf.

Ein Druck, und es passiert nichts, denn als Plug-in-Modell startet der Wagen immer im E-Mode. Dreht man den roten Schalter von „Citta“ auf „Strada“ wird’s laut und der V12 pegelt sich bei 1.000 Touren ein. Einmal an der riesigen Schaltwippe gezogen und der erste Gang der neuen, 17 Kilo leichtere Doppelkupplungs-Automatik springt ein. Wie früher im Miura ist sie quer hinter dem Motor platziert und muss hier gewaltige 725 Nm Drehmoment bändigen.

Schon nach wenigen Metern fällt auf: Der Revuelto gibt sich erstaunlich zahm, Gas und Bremse lassen sich gut dosieren. Keine Spur von Aggressivität, der Motor schaltet früh hoch und verkneift sich jegliches aufdringliche Röhren. Am Ortsschild von Bologna muss der E-Modus ran. Das akustische Zusammenspiel der drei je 110 kW starken E-Motoren – zwei vorne für den Allradantrieb, einer hinten als Starter-Generator und Unterstützung der hinteren Räder– ist gewöhnungsbedürftig und klingt ein wenig nach Straßenbahn. Aber immerhin: Rund sieben Kilometer sind elektrisch machbar, bei Topspeed 150 km/h natürlich weniger.

Druckvoll bis Tempo 350

Die Kabine des 500.000 Euro teuren Supersportlers sieht aus wie das Cockpit eines Düsenflugzeugs. Foto: Lamborghini

Keine Überraschung auf der Autobahn: Dass ein Lambo schnell, mit 1.015 PS Systemleistung sogar extrem schnell ist, versteht sich von selbst. Beim Tritt aufs Gas presst er die Passagiere in die Sitze, nach 2,5 Sekunden steht die 100 auf dem Tacho, nur ein paar Atemzüge später die 200. Und druckvoll schiebt der Antrieb weiter bis über 350 km/h. Zumindest steht’s so in den Papieren. Auf tempobegrenzten italienischen Autobahnen hält sich der Spaß aber in Grenzen.

Enge Sträßchen indes fordern Konzentration. Der Revuelto ist 2,03 Meter breit, braucht fast die ganze Spur. Dank Hinterradlenkung, der fast optimalen Gewichtsverteilung von 44:56 und den vorderen E-Motoren, die bei Bedarf zusätzliches Drehmoment an die einzelnen Räder schicken, fährt sich die Flunder extrem agil. Hier hilft die gute Übersichtlichkeit, der freie Blick in die Kurve. Das Auto kratzerfrei einzuparken gehört dagegen zu den größeren Herausforderungen. Wie weit reicht die spitze Schnauze, wo endet der Kotflügel? Jedenfalls verhindern Parkpiepser und die Rückfahrkamera teure Schrammen.

Möglicherweise ist der Schritt in Richtung Alltagstauglichkeit, der Einbau eines zeitgemäßen Bediensystems, sind Apps und Konnektivität für die Zukunft der Marke fast so wichtig wie die Elektrifizierung. Nach dem Urus schafft Lamborghini auch mit dem Revuelto den Spagat zwischen Super-Performance und Praktikabilität. Aber die Elektrifizierung ist trotzdem geplant: 2028 soll der erste vollelektrische Supersportler in Sant’Agata Bolognese vom Band rollen. (SP-X)

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