Lamborghini Huracan Tecnica: Bye bye, Ballermann

Lamborghini Huracan Tecnica: Bye bye, Ballermann
Der nicht einmal 1,20 Meter hohe Lamborghini Huracan ist eher Weltanschauung als Fortbewegungsmittel © Lamborghini

In zwei Jahren endet die Ära des Lamborghini Huracan. Zum Abschied gibt’s unter anderem das Sondermodell Tecnica

Er gilt als einer der wenigen verbliebenen lupenreinen Super-Sportwagen, verehrt von hartgesottenen Zeitgenossen, die ihren Wohlstand mit schwerem rechtem Fuß unter Beweis stellen wollen. Der nicht einmal 1,20 Meter hohe Lamborghini Huracan mit seiner kompromisslosen Optik und seinem Einstiegspreis von weit jenseits der 200.000-Euro-Marke ist eher Weltanschauung als Fortbewegungsmittel. Auf engstem Innenraum, den dank Glasabdeckung stets sichtbaren Mittelmotor im Rücken, ist die Potenz des Zehn-Zylinder-Kraftwerks mit 640 PS erlebbar. In knapp neun Sekunden fällt die Tempo-200-Marke und auf der langen Geraden sind schon mal 325 km/h möglich.

Das zeichnet alle Varianten des Huracan von jeher aus. Doch 2024 endet planmäßig die Huracan-Ära. Mit dem Nachfolger kommen ein neuer Name und der Einstieg in das Strom-Zeitalter. Zunächst mit wiederaufladbarer Plug-in-Hybrid-Technik, ab 2028 sogar der erste Lamborghini mit rein elektrischem Antrieb. Für die treuen Huracan-Fans gibt es zwei Abschiedsgeschenke. Beim später erscheinenden geländetauglichen Huracan Sterrato halten sich die Italiener noch bedeckt. Der zweite Ableger mit dem Zusatz Tecnica soll aber eine zweite Welt neben der Rennstrecke in den Focus rücken. Denn auch Lambo-Fahrer haben ein reales Leben und vermissen vielleicht doch die Alltagstauglichkeit ihres Schmuckstücks.

Ein Drittel mehr Abtrieb an der Hinterachse

Vor allem die Windkanal-Profis haben Überstunden gemacht. Deutlich wird das am Heck. Foto: Lamborghini

Beim Rundgang um den Tecnica fallen die neuen Fähigkeiten nicht sofort ins Auge. Vor allem die Windkanal-Profis haben Überstunden gemacht. Deutlich wird das am Heck. Ein feststehender Heckspoiler verbessert den Abtrieb der Hinterachse um 35 Prozent und verringert den Luftwiderstand um 20 Prozent. Dabei schmiegt er sich gleichzeitig elegant ans untere Ende der jetzt vertikalen Heckscheibe. Das erhöht die Übersichtlichkeit im Alltag. Und: In Summe sorgt das alles für eine um 6,1 Zentimeter gewachsene Länge auf 4,57 Meter.

Der nächste Schritt zur Erleichterung im Straßengewühl verbirgt sich tief im Innenleben des Tecnia, offenbart sich aber an einem kleinen roten Wippschalter am unteren Ende des abgeflachten Lenkrads. Hier kann zwischen drei Fahrmodi gewählt werden. „Corsa“ steht für Rennstrecke, fährt die elektronischen Hilfen beim wilden Ritt auf das Nötigste zurück und setzt mehr auf die Fähigkeiten des Piloten als auf die Rechenleistung des Bordcomputers.

Platz für eine Reisetasche und etwas Kleinkram

Auch ein Supersportwagen lässt sich heutzutage mit dem Internet verbinden. Foto: Lamborghini

In der Einstellung „Sport“ drängt der Lambo spürbar mit dem Heck aus der Kurve heraus. Dazu wird die elektronische Hinterradlenkung entsprechend justiert und erlaubt so frühes Beschleunigen am Scheitelpunkt. Die Fähigkeit der Hinterräder zum leichten Mitlenken kommt dann auch im „Strada“-Modus zur Geltung. In engen Altstadt-Gassen lässt sich der Bolide beim 90-Grad-Abbiegen gleichsam um den Finger wickeln.

Natürlich eignet sich auch der Huracan Tecnica nicht als Kofferschlepper für den Langzeiturlaub. Aber dank des 100-Liter-Kofferraums kann eine recht große Reisetasche mitfahren. Auch hinter den Sitzen im Innenraum lässt sich noch einiges verstauen.
Steht der Technik-Freak im Tecnica doch mal im Stau, kann er sich leicht ablenken. Auch der Supersportwagen lässt sich mit dem Internet verbinden, zeichnet Fahrdaten akribisch auf und lädt zur Analyse. Wieviel „G“ haben in jener schnellen Kurve an mir gezerrt, wie hoch war die Kraft der Karbonbremsen an Ende der langen Gerade? Welches Drehmoment habe ich genutzt? Das Navi zeigt aber auch das nächste Austern-Restaurant entlang der Strecke an und verbindet den Lambo-Gourmet auf Knopfdruck mit der Tischreservierung.

Unterm Strich bleibt auch der Huracan Tecnica trotz seines gesteigerten Alltagsnutzens alles andere als ein Alltagsauto. Zu selten taucht er im Straßenbild auf, zu unerreichbar bleibt er für sicher 98 Prozent der Menschheit, zu unvernünftig erscheint er für all jene, die das mobile Leben von morgen mit anderen Augen sehen.  Aber Hands auf Herz: Wenn er laut röhrend durch Straßenschluchten donnert, sind ihm trotzdem alle Blicke gewiss. (SP-X)

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