Koloss der Arbeiterklasse

Dodge Nitro 2.8 CRD SXT

Der Dodge Nitro fällt einfach auf. Doch der SUV der amerikanischen Einstiegsmarke wirkt mit seinen amerikanischen Tugenden nicht ganz so explosiv wie es der Name vermuten lässt.

Von Thomas Flehmer

Der erste Fazit war sehr schnell gezogen. Gleich beim ersten Halt mit dem Dodge Nitro schaute ein nicht mehr ganz junger Herr durch das Fenster und suchte das Gespräch. Er selbst hatte sich für den mittelgroßen SUV interessiert ob seines imposanten Aussehens.

Absoluter Hingucker

Nach bisher keinem anderen Wagen drehten sich so viele Verkehrsteilnehmer jeglicher Coleur im Testzeitraum um wie beim Nitro. Zum einen heißt das, dass der amerikanische Vertreter, der sich die Plattform mit dem Jeep Cherokee teilt, höchste Aufmerksamkeit erfährt.

Zum anderen heißt es natürlich auch, dass der SUV auch knapp ein Jahr nach seiner Markteinführung in Deutschland ein Schattendasein führt. Rund 120 Nitro werden in Deutschland pro Monat an den Mann gebracht, davon gehen nur die Hälfte in privaten Besitz.

Kantige Karosserie

Mit Ecken und Kanten Foto: AG/Flehmer

Denn der in Toledo/Ohio gefertigte Nitro verkörpert am deutlichsten den Charakter der amerikanischen Einstiegsmarke, die förmlich nach ehrlichem Schweiß riecht. Der imposante Fadenkreuzgrill mit dem Widderkopf , die markanten Stoßfänger vorne und hinten sowie die stark gefeilten Radkästen bilden gemeinsam mit dem kantigen Auftritt der Karosserie eine gut funktionierende Symbiose.

Ausgestattet mit 20 Zöllern scheint dem zwei Tonnen schweren, 4,58 Meter langen und 1,76 Meter hohen Kraftpaket kein Weg zu weit. Die lange Motorhaube bietet viel Platz zum Posieren.

Plastikwelt im Innenraum

Der Innenraum entspricht nicht den europäischen Bedürfnissen Foto: AG/Flehmer

Doch wie bei vielen amerikanischen Marken setzt sich der äußere Schein im Innenraum nicht fort. Hier herrscht eher eine Plastikwelt vor. Die Materialien wirken billig, da können auch die Yes-Essentials-Sitzbezüge nicht weiterhelfen. Sie sind praktisch und können schnell gesäubert werden, wenn eine amerikanische Coke das Material verschmutzt hat, aber der Eindruck von Hochwertigkeit ist fehl am Platze. Ein nettes Gadget dagegen ist der dreidimensionale Widderkopf, der sich in der SXT-Ausstattungsvariante über die Innenseite der Türen zieht.

Auch die Haptik hinkt dem Anspruch des Außendesigns hinterher. Das Lenkrad und der Hebel der nur fünf Stufen aufweisenden Automatik sind zwar griffig, aber nicht unbedingt komfortabel - es ist halt eine amerikanische Ausstattung. Immerhin war die Verarbeitung der Materialien gelungen. Am wichtigsten für die Befriedigung amerikanischer Vorlieben sind die vielen Staufächer sowie das 20 Gigabyte-Festplattensystem, dass Platz für bis zu 1600 Titel bietet. Allerdings konnte das Gerät im Testzeitraum nicht von einem iPod geladen werden.

Sehr pfiffig ist dagegen die herausziehbare Ladefläche, die das Bepacken des von 389 auf 1994 Liter erweiterbaren Kofferraums wesentlich erleichtert.

Gemütliche Fahrweise bevorzugt

Der Nitro hält den Vergleich mit einem kleinen Panzer stand Foto: AG/Flehmer

Einen ehrlichen Auftritt legt der Motor des Zweitonners hin. Die 130 kW/177 PS sind nicht zuwenig für den Koloss der Arbeiterklasse. Es dauert, bis der 2.8 Liter Commonrail-Diesel vom italienischen Hersteller VM Motori den Hecktriebler in Schwung bringt. Bei 2000 U/min greifen die bulligen 460 Nm Drehmoment und sorgen für den richtigen Vortrieb. Wird das Gaspedal kräftig heruntergedrückt, gibt es gar einen kräftigen Schub, den man so gar nicht erwartet hatte.

10,5 Sekunden benötigt der Nitro im optimalen Fall bis zur 100 km/h-Marke. Doch die Explosivität ist nicht erkennbar, braucht sie aber auch nicht. Eher schwerfällig bewegt sich der Geländewagen, der über einen zuschaltbaren Vierradantrieb mit einer sturen Kraftverteilung von 50:50 verfügt. Der ehrliche Arbeiter will gemütlich gefahren werden. Dann wird auch der von Dodge angegebene Verbrauch von 12,2 Litern Diesel in der Stadt auf 11,8 Liter gedrückt - das Portemonnaie freut sich gerade in diesen Zeiten über Spareffekte.

Vorsicht bei Parkhäusern

Pfiffige Ladeklappe Foto: AG/Flehmer

Auf der Autobahn kann der Nitro gut mithalten. Die 182 km/h Höchstgeschwindigkeit stellen kein Problem dar. Bei Windstille liegt der 1,76 Meter hohe Kasten, der nicht in jedes Parkhaus hineinpasst, selbst bei höheren Geschwindigkeiten auch dank des Radstandes von 2,76 Metern ruhig auf dem Asphalt. Dann allerdings schnellt auch der CO2-Ausstoß von eh schon 222 Gramm pro Kilometer in die Höhe.

Die Lenkung ist präzise und selbst die Automatik schaltet recht gut hoch und runter. In Kurven dagegen macht sich wieder die Behäbigkeit der Starrachse bemerkbar. Hier werden amerikanische Bedürfnisse befriedigt, die aber gerade für dieses Modell der Marke stehen.

Gehobener Preis

Beeindruckender Koloss Foto: AG/Flehmer

Nicht unbedingt für die Arbeiterklasse geeignet ist der Preis. Während die Einstiegsversion SE des Diesels bei 27.390 Euro beginnt, kostet das SXT-Modell bereits 34.890 Euro. Kommen noch das Festplattensystem für 2070 Euro, die Metallic-Lackierung für 500 Euro und Glasschiebedach sowie die 20 Zöller für 2680 Euro hinzu, sind die 40.000 Euro erreicht. Dafür muss ein Arbeiter schon hart und lange seiner Tätigkeit nachgehen.

Dem netten Herrn vom Anfang war das Gesamtpaket zu teuer. Zwar war er beeindruckt von der imposanten Erscheinung des Nitro, doch Motor und Verarbeitung hatten ihm nicht zugesagt. Er fuhr mit einem Suzuki Grand Vitara vom Hof.

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