Kia Proceed GT: Auf die harte Tour

Kia Proceed GT: Auf die harte Tour
Der Kia Proceed kommt auf eine Länge von 4,60 Meter. © Kia

Es gibt genug Autofahrer, die gerne etwas sportlicher Unterwegs sind. Für dieses Klientel hat Kia den Proceed GT aufgelegt.

Beim dynamischen Ceed-Ableger Proceed steht vor allem Fahrspaß im Fokus, zugleich bietet der leicht exaltierte Hingucker ein mit kleinen Abstrichen für den Alltag attraktives Format.

Hingucker? Ein Kia Ceed? Nicht wenigen fällt es sogar schwer, speziell den Proceed als Kia zu identifizieren. Da wäre die progressive Kombi-Coupé-Karosserie, das über die Fahrzeugbreite durchgehende LED-Rücklicht, stylische Hightech-Scheinwerfer, die neuerdings besonders martialische Front oder der ikonisierte Markenschriftzug, hinter dem so mancher eine Kombination der Buchstaben K und N vermutet.

Viel Stauraum inklusive

Auch mit seiner sich über 4,60 Meter streckenden Karosserie geht der Proceed über das Maß der Kompaktklasse hinaus. Der Grund ist einfach, denn die nach hinten abfallende Heckpartie kaschiert nur ein wenig das faktische Kombiheck mit großer Klappe und einer Extraportion Stauraum. 594 bis 1.545 Liter sind durchaus üppig, wenngleich manch kubisch geformter Mitbewerber zahlenmäßig überlegen ist. 100 Liter mehr oder weniger spielen auf diesem Stauraumniveau im Alltag jedoch eine vernachlässigbare Rolle.

Der Innenraum des Kia Proceed GT hinterlässt einen wertigen Eindruck. Foto. Kia

Als etwas störender kann man hingegen die angeschrägte Heckklappe erleben, derentwegen zum Beispiel Getränkekisten tiefer in den Kofferraum gehievt werden müssen als bei anderen Kombis mit steil abfallender Klappe. Wiederum dem Alltagsnutzen zuträglich ist ein flexibler Raumteiler im Proceed, der mit Hilfe einer verschiebbaren Teleskopstange für mehr Ordnung sorgt. Ebenfalls gut gelöst sind ein üppiger Unterbodenstauraum oder die im Verhältnis 40:20:40 teilbare und per Fernentriegelung umklappbare Rückbanklehne. Alternativ können sich auf den Sitzen dahinter die Gäste über gute Kopf- und Kniefreiheit erfreuen. Zudem baut der Kardantunnel flach, weshalb selbst drei Fondgäste ihre sechs Füße entspannt unterbringen können.

Gute Qualitätsanmutung

Trotz straff anliegender und belederter Sportsitze geht es auch vorne kommod zu. Materialqualität wie Verarbeitung bewegen sich am oberen Ende des Klassenniveaus. Das digitale Kombiinstrument ist mit 12,3 Zoll großzügig dimensioniert, mittig im Armaturenbrett ist ein 10,25 Zoll großer Touchscreen für das vielseitig talentierte und gegenüber einer Smartphone-Vernetzung aufgeschlossene Infotainmentsystem. Der Proceed wurde Ende 2018 auf dem Markt gebracht und im Sommer 2021 aufgefrischt, doch wenn man in die kürzlich gestartete Neuauflage des Kia Sportage schaut, wirken die digitale Anzeigenwelt des Ceed bereits etwas angegraut. Dürftig ist der Blick durch den Innenraum-Rückspiegel, denn das Heckfenster gibt einen nur eingeschränkten Blick auf das hintere Verkehrsgeschehen frei.

Fragen nach der Alltagstauglichkeit rücken im Wortsinn schnell in den Hintergrund, wenn man der über 200 PS starken GT-Version ein wenig die Sporen gibt. Auch hier bietet das Auto mehr als so mancher von einem Kia erwarten würde. Der dank Klappenauspuffanlagetief grummelige, gelegentlich frotzelnde Motorsound spricht bereits eine deutliche Sprache – das gilt einmal mehr im per Tastendruck aktivierbaren Sportmodus.

Spitze bei 225 km/h erreicht

Der macht unter anderem die Lenkung härter und sorgt für ein längeres Ausdrehen der Gänge. Sieben davon stehen in der von uns getesteten und derzeit ausschließlich angebotenen DCT-Version zur Verfügung, die der Fahrer über Lenkradschaltwippen auch manuell verwalten kann. Obwohl nur 1,6 Liter Hubraum, hinterlässt der turbogeladene Direkteinspritzer einen verblüffend fülligen Eindruck und sorgt in jeder Fahrsituation für beherzten Vortrieb.

Der 1,4-Tonner knackt nach 7,5 Sekunden die 100er-Marke, maximal sind 225 km/h möglich, bei denen der Wagen einen vertrauenerweckenden Eindruck hinterlässt. Wer besonders flott unterwegs ist, treibt den Verbrauch auf zweistelliges Niveau, in unserem Fall waren es bei vorwiegend ruhiger Fahrweise 7,6 Liter. Auf einer kurvigen Landstraße ist es dank direkter Lenkung, knackiger Straßenlage und zupackender Bremsen verlockend, das sportliche Potenzial der GT ein wenig auszureizen. Allerdings hat Kia das unmissverständlich sportliche Setup mit einer leicht übertriebenen Fahrwerkshärte erkauft, die gelegentlich nerven und selbst im per Tastendruck aktivierbaren Komfortmodus nicht entschärft werden kann.

Fahrwerk arg hart abgestimmt

Der Kia Proceed GT fährt über 200 km/h schnell. Foto: Kia

Und hier manifestiert sich auch der eine im Alltag störende Aspekt der GT-Version: Das Fahrwerk ist alternativlos hart, während einige Mitbewerber mit etwas mehr technischer Raffinesse ein Adaptivfahrwerk bieten, dass eine der Fahrsituation angemessene Einstellung erlaubt. Dabei könnte der GT ein perfekter Gleiter auf langen Strecken sein, denn die Assistenten halten in der Spur, regeln den Abstand zum Vordermann, passen das Tempo auf aktuell geltende Limits an – da stört das sportliche Setup gelegentlich sogar.

Der Fahrspaß hat seinen Preis, der auch in monetärer Hinsicht gepfeffert ist. Rund 37.000 Euro für die Basisversion sind jedenfalls eine Hausnummer. Entsprechend könnte man auch hier wieder erstaunt fragen: Ein Kia? Ja, ein Kia, denn für diesen Preis bekommt der Kunde als Gegenwert nahezu Vollausstattungsniveau, das nur noch wenige Wünsche offenlässt. Lediglich ein Glasdach-Paket für 990 und ein Komfort-Paket mit E-Sitzen für 690 Euro sind optional bestellbar. Unterm Strich gibt es also viel Auto fürs Geld. (SP-X)

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