Der Kia Carens hat im Laufe seiner Jahre an Wertigkeit zugelegt. Der Kompakt-Van wird nicht die sportlichen Ambitionen des Familienvaters erfüllen, dafür bleibt kaum ein Transportwunsch offen.
Mehr als zwei Jahrzehnte ist das Fahrzeugkonzept „Kompakt-Van“ nun alt. Dass es immer noch trägt, zeigt der Kia Carens, eines der ausgereiftesten Modelle im Angebot. Der Koreaner verbindet klassische Tugenden mit cleveren Detaillösungen.
Und mit gelungenem Design. Zwar kann auch der Carens nicht die Zwänge der automobilen Raumökonomie auflösen, doch seine sportliche Front, die kräftigenden Falze in den Seitenblechen und die leicht abfallende Dachlinie kaschieren die notgedrungen plumpen Proportionen gut.
Kia Carens mit modernem Cockpit
Der Nachteil der flotten Form: Die hinteren Fenster fallen für ein Familienauto vergleichsweise klein aus und mit der Übersicht vom Fahrersitz aus steht es nicht zum Besten. So lange der Blick auf der vorausliegenden Straße oder im gelungen möblierten Innenraum verharrt, stört das nicht. Gerade das Cockpit wirkt so modern und klar wie man es sonst vor allem bei einem norddeutschen Hersteller vorfindet. Die Materialien sind nicht überall aus dem obersten Regal, aber dafür sehr gut verarbeitet.
Der gehobene Qualitätseindruck bleibt auch gültig, wenn man sich dem Rest des Innenraums widmet. Nicht nur die Materialien machen einen ordentlichen Eindruck, vor allem die Mechanik des vielfach verstellbaren Gestühls überzeugt mit Leichtgängigkeit und einfacher Bedienung. So kann man die drei Einzelsitze im Fond locker einzeln verschieben und ihre Lehnen umklappen, die zwei optionalen (Not-)Sitzgelegenheiten in Reihe drei lassen sich ebenso leicht aus- und wieder einfalten. Wer das Gepäckraumvolumen maximieren will, klappt nicht nur sämtliche hinteren Sessel um, sondern auch noch die Lehne des Beifahrersitzes. Dann bleibt kaum ein Transportwunsch offen.
Nützliches Gadgets für den Alltag
Garniert werden die segmenttypischen Tugenden durch einige pfiffige Dreingaben, die Kia nicht erfunden, aber gut übernommen hat. Wie etwa die herausnehmbare Kofferraumbeleuchtung, die als Taschenlampe einsetzbar ist (Skoda), die kleinen Geheimfächer im Fußraum des Fonds (Renault) oder das klimatisierte Handschuhfach (US-Hersteller). Mitgedacht haben die Koreaner auch bei der zusätzlichen 12-Volt-Steckdose für Reihe zwei oder dem mehrfach unterteilten Ablagefach im Gepäckraumboden. Der Carens profitiert hier vom Ideenfundus aus der langen Reifezeit der Kompakt-Van-Klasse und pickt sich die besten Elemente klug zusammen.
So vielfältig die Nutzungsmöglichkeiten im Alltag, so übersichtlich ist das Motorenprogramm. So gibt es auf Ottomotorenseite zwei durchzugsschwache, aber durstige Saugbenziner mit Direkteinspritzung. Besser zum recht schweren Carens passen die 1,7-Liter-Diesel mit 85 kW/115 PS und 104 kW/141 PS. Vor allem letzterer schafft es, den 4,53 Meter langen Kompakt-Van angemessen, wenn auch nicht besonders spritzig zu bewegen. Der Verbrauch erscheint vor diesem Hintergrund angemessen: Gut sechs Liter flossen auf 100 Kilometern aus dem Tank, der Normwert liegt bei 4,8 Litern.
Auch Kia Carens mit sieben Jahren Garantie
Ordentlich schlägt sich der Vierzylinder auch im Akustik-Kapitel. Generell passt er gut zum unaufgeregten, aber nicht zu schaukelig abgestimmten Fahrverhalten des Familien-Shuttles. Lediglich die am Testwagen montierten (optionalen) 18-Zoll-Felgen konterkarieren mit ihrem holprigen Abrollen den runden Eindruck etwas – kleinere Räder sehen vielleicht nicht so gut aus, wären hier aber wohl die bessere Wahl in Sachen Fahrkomfort. Zur Wahl stehen bei den Leichtmetallfelgen Modelle mit 17 und mit 16 Zoll. Allerdings sind 16-Zöller in der preislich attraktivsten Variante „Dream-Team-Edition“ (ab 23.900 Euro) nicht zu haben, sondern erst wieder eine Ausstattungsstufe höher beim „Vision“-Modell (ab 24.800 Euro).
Generell verlangt das Preislistenstudium Konzentration. So lassen sich für die einzelnen Ausstattungsstufen nur wenige Zusatz-Extras ordern, hochwertigere Optionen gibt es meist nur für die Top-Motorisierungen in höchster Ausstattungsstufe. Und der Basisdiesel ist ausschließlich mit der dritthöchsten Trim-Linie zu haben – ungewöhnlich und entsprechend kostspielig. Mit mindestens 25.790 Euro ist er teurer als die günstigste Variante mit dem Top-Diesel, die es ab 24.490 Euro gibt.
Auf den zweiten Blick nivelliert sich also der werbewirksam günstige Einstiegspreis von 20.000 Euro. Trotzdem bleibt der Kia deutlich unter dem Niveau des Klassenprimus VW Touran, vor allem, wenn man die bis zu sieben Jahre gewährte Garantie einbezieht. Geschlagen geben muss er sich dem jüngeren Konkurrenten (Premiere 2015 vs. 2013) lediglich bei der Sicherheitsausstattung – moderne Assistenten wie ein Totwinkelwarner oder eine Notbremsfunktion fehlen dem Koreaner. Die gibt es dann vielleicht in der kommenden Generation – in einem dann vielleicht endgültig ausgereiften Kompakt-Van. (SP-X)