Der Jeep Renegade fällt selbst im Segment der Mini-SUV aus dem Rahmen. Dabei lehnt sich der technisch fast baugleiche Bruder des Fiat 500X optisch näher am Geländewagen-Original an als die größeren Brüder aus Amerika.
„SUV“ ist nicht die erste Assoziation beim Zusammentreffen mit dem Jeep Renegade. Rein optisch ist es schon schwer zu glauben, dass der eckige Hochbeiner in eine Klasse fällt mit Opel Mokka, Mini Countryman oder Skoda Yeti. Dabei schafft der Kasten mit den Kulleraugen vielleicht sogar einen breiteren Spagat über die Segmente, als die neuzeitlichen Crossover mit ihren schmeichelnden Blechlinien. Ob sich das im Alltag bewährt?
Jeep Renegade dem Wrangler ähnlicher als ein Cherokee
Kastige Karosserie, relativ steile Windschutzscheibe, runde Leuchten, großer, aufrecht stehenden Kühlergrill mit charakteristischen sieben Schlitzen: Der Renegade sieht dem letzten echt kernigen Jeep – dem Wrangler – deutlich ähnlicher als den optisch weichgespülten Compass, Cherokee und Grand Cherokee.
Damit sticht er aus dem hochgebockt-und-wieder-plattgedrückt-Einerlei heraus, das in Zeiten coupéhaft abfallender Dachlinien gerade allenthalben neu vorgestellt wird. Und unterscheidet sich auch deutlich von seinem Konzernbruder Fiat 500X, mit dem sich der Italo-Amerikaner wesentliche Technik und die Produktion im italienischen Melfi teilt.
Jeep Renegade mit Front- und Allradantrieb
Der äußerliche Eindruck mag mächtig sein, der Neue aus der Fiat-Jeep-Kooperation ist mit 4,26 Metern aber fast genauso lang wie ein VW Golf oder Opel Mokka. Unter anderem dank viel Kopffreiheit wirkt der Innenraum luftig, der Kofferraum geht mit 351 Litern in Ordnung. Hoch thront man über dem Verkehr, der Blick geht über die lange, waagerechte Motorhaube nach vorn. Das hat beim Einparken Nachteile, weil man zwar sieht, wo das eigene Auto endet, nicht aber, wo das andere Auto beginnt.
Den Renegade als SUV zu bezeichnen ist auch in anderer Hinsicht fast eine Beleidigung. Zugegeben, es gibt ihn mit reinem Frontantrieb, sogar in drei Motorversionen. Und ja, die schon serienmäßig kernige Optik und ein Einstiegpreis von 19.900 Euro (81 kW/110 PS) werden so manchen überzeugen, es dabei zu belassen. Aber: Für nicht übermäßig viel Geld krempelt der Kasten die Ärmel auf und stürzt sich mit echten Geländewagen in den Matsch – anders die allermeisten seiner SUV-Kollegen. Dabei bleibt er ganz SUV-like alltagstauglich.
Kurzer erster Gang beim Jeep Renegade
Unser Testwagen zum Beispiel: Mit dem 2,0-Liter-Diesel (ab 26.500 Euro) ist das effiziente Allradsystem an Bord, das die Hinterachse nur bei Bedarf, dann aber bis zu 100 Prozent zuschaltet. Per Knopfdruck (4WD-Lock) wird die Antriebskraft - wie bei einer mechanischen Differenzialsperre - elektronisch gleichmäßig auf beide Achsen verteilt. Vier Fahrmodi (Auto, Sand, Matsch, Schnee) unterstützen. Der kurz übersetzte erste Gang (an den man sich im Alltag schnell gewöhnt) ersetzt kein Reduktionsgetriebe, hilft aber beim Wühlen und Klettern. Wer da noch Geld für Komfort-Features übrig hat, wählt den angenehmen, weil spät eingreifenden Spurhalte-Assistenten (290 Euro) und das schlüssellose Öffnen (im Paket mit 390 Euro) dazu.
Für mehr finanzielle Investition (30.000 Euro) gibt es tatsächlich eine Art Geländeuntersetzung in Verbindung mit der Neungang-Automatik. Für zusätzlich mehr Bodenfreiheit oder Stoßstangen mit besserem Böschungswinkel muss es schon die Top-Version „Trailhawk“ mit dem 170-PS-Diesel sein (31.900 Euro).
Kleiner Diesel reicht für Jeep Renegade
Der ist aber nicht nötig, um den 1,5 Tonnen schweren Renegade auf Trab zu bringen, das kleinere 103 kW/140 PS starke Selbstzünder-Aggregat genügt völlig. Mit bis zu 350 Newtonmetern Drehmoment zieht der Amerikaner satt durch, ihm geht auch jenseits der Richtgeschwindigkeit nicht die Puste aus. Das kraftvolle Triebwerk passt optimal zu den komfortablen, souveränen Fahreigenschaften - sportlich um die Ecken zu ziehen liegt beiden fern.
Bei halbwegs entspannter Fahrweise kommt man dem Normverbrauch von 5,1 Litern recht nahe: Ohne Spritsparbemühungen lagen wir etwa einen Liter darüber, eine alltagtaugliche Leistung. Stemmt sich die Karosserie mit 150 Sachen gegen den Wind, rauscht es allerdings mehr – sowohl akustisch als auch der Diesel durch die Leitungen.
Eigentlich ist der Jeep nur in einer einzigen Disziplin ein echtes SUV: Was das Verspielte angeht, haben die Entwickler mit beiden Armen in die Kitschkiste gegriffen. Ein winziger Willys-Jeep auf der Frontscheibe, eine eingeprägte Spinne hinter dem Tankdeckel und nicht zuletzt die stilisierte Jeep-Frontansicht mit Kulleraugen und sieben Schlitzen - oIIIIIIIo -, die sich zum Beispiel auf Sitzen und Türverkleidungen wiederfindet. Das kann man abgeschmackt finden. Oder als liebevolle Abrundung eines stimmigen Gesamtbildes. (SP-X)