Mit der ersten Auflage des Compass ist Jeep grandios gescheitert. Nach einigen Jahren Pause scheint die völlig neu konzipierte zweite Version mehr Chancen auf Erfolg zu besitzen.
Jeep bringt seine Modellpalette wieder auf Kurs: Nachdem in den letzten zwei Jahren ausgerechnet im wichtigsten Segment des SUV-Marktes eine schmerzhafte Lücke klaffte, schicken die Amerikaner im Juli zu Preisen ab 25.000 Euro den Compass ins Rennen. Mit knapp 4,40 Metern Länge rangiert er zwischen Renegade und Cherokee und soll vor allem Emporkömmlinge wie den Opel Mokka, den Seat Ateca oder bald den VW T-Roc in die Schranken weisen.
Konstruiert auf der gleichen Plattform wie der Renegade, setzt die Fiat-Schwester aus dem Wilden Westen beim Compass vor allem auf eine attraktive Form, die bei allen traditionellen Jeep-Merkmalen wie dem typischen Grill mit seinen sieben Schlitzen ungewöhnlich frisch und frech aussieht. Nicht umsonst erinnern die Scheinwerfer mit Pupillen und Lidschatten an das entschlossene Gesicht des Comic-Helden Iron Man, die Flanke gewinnt mit Haifischflossen zum Heck hin an Tempo und das schwarz eingefärbte Dach lässt den Compass flacher erscheinen, als er eigentlich ist.
Genügend Platz für Kind und Kegel
Dazu gibt es einen Innenraum, der bei 4,40 Metern Länge, 2,64 Metern Radstand und der geschickt kaschierten Höhe von 1,64 Metern nicht nur genügend Platz für Kind und Kegel, eine solide Kniefreiheit auch in der zweiten Reihe und einen stattlichen Kofferraum von knapp 500 Litern bietet.
Ganz im Gegensatz zum Vorgänger sieht der Compass auch innen nicht minder schick aus. Die Materialauswahl ist zwar lange nicht so vornehm wie bei VW & Co. Aber vor allem das Cockpit ist sehr ansehnlich gestaltet, es gibt einen großen Bildschirm zwischen den analogen Instrumenten und einen noch größeren Touchscreen in der Mittelkonsole, der Kleinkram verschwindet wie von selbst in einem halben Dutzend Ablagen und die aufwendig gestaltete Türverriegelung zeugt von einer Liebe zum Detail, wie man sie den Amerikanern gar nicht zugetraut hätte. Schade nur, dass sie sich dabei auch ein paar Patzer erlauben und zum Beispiel den Schalter für die elektrische Kofferraumklappe an einer Stelle versteckt haben, wo man sie nun beim besten Willen nicht sucht.
Spagat zwischen Abenteuer und Alltag
Die Ausstattung zeugt vom Spagat zwischen Abenteuer und Alltag, der einer Traditionsmarke mehr Mühe macht als den vielen Seiteneinsteigern. Schließlich erwartet man von einem Jeep im Gelände mehr Stehvermögen als von einem VW oder einem Opel und will auf dem Weg zum Büro oder in den Kindergarten trotzdem keine Abstriche machen. Deshalb gibt es den Compass zwar mit zwei unterschiedlichen Allradsystemen und natürlich wieder als expeditionstauglichen Trailhawk, und ähnlich wie bei Land Rover kann man die Elektronik mit einem Drehschalter für Sand, Schlamm, Schnee oder Steine rüsten.
Doch es gibt eben auch mehr Steckdosen als Sitzplätze, ein leistungsstarkes Infotainment-System samt Apple Carplay und Android Auto und Assistenten, die in der Zivilisation mehr helfen als im Unterholz - zum Beispiel einen Tempomat mit Abstandsregelung oder die elektronische Hilfe bei Spurwechsel und Spurführung.
Compass als Musterbeispiel der Globalisierung
Obwohl durch und durch ein amerikanisches Original, gilt der Compass den Amerikanern als Musterbeispiel der Globalisierung. Erstens, weil er in vier Werken gebaut wird und in Brasilien genauso vom Band läuft wie in Mexiko, China oder Indien. Und zweitens, weil der Baukasten so viele Motor- und Getriebe-Kombinationen hergibt, dass jede Region das passende Angebot bekommt.
Während es in Amerika vor allem den leidigen Tigershark-Motor gibt, der aus 2,4 Litern Hubraum viel Krach und wenig Kraft schöpft und deshalb mit 180 erschreckend wirkungslosen PS ins Rennen geht, übernimmt Jeep für Europa 1:1 das Programm des Renegade. Deshalb ist auch für den Compass mit einem 1,4-Liter-Benziner oder einem 2,0-Liter-Diesel mit jeweils 140 oder 170 PS sowie einem 1,6-Liter-Diesel mit 120 PS, Sechsgang- Schaltgetrieben oder Automatiken mit sechs und oder neun Gängen sowie Front- oder Allradantrieb zu rechnen.
Schick gezeichnet und passend geschnitten, fürs Abenteuer genauso gut gerüstet wie für den Alltag und mit Antriebspalette ausgestattet, die nach Europa passt – so könnte Jeep mit dem Compass im wichtigsten Segment des boomenden SUV-Marktes tatsächlich verlorenen Boden gut machen. Die Richtung jedenfalls stimmt schon mal. Aber das ist bei diesem Namen ja auch kein Wunder. (SP-X)