Brexit, WLTP, schwaches China-Geschäft: Jaguar macht gerade schwere Zeiten durch. Daran wird auch der neue F-Pace trotz vieler Stärken nichts ändern.
Der britische Autobauer musste angesichts der genannten Punkte ein umfangreiches Sparprogramm einleiten. Doch wann es wieder aufwärts geht, kann derzeit keiner absehen. Fakt ist: Die Kehrtwende wird auch die neueste Version des F-Pace nicht bringen.
Mit 100.100 Euro kostet das neue SVR-Modell 25.000 Euro mehr als das bislang teuerste Jaguar-SUV und ist freilich viel zu exklusiv für einen volumenbringenden Kassenschlager. Ein eindrucksvolles Zeichen setzt der 550 PS starke Kompressor-Achtzylinder trotzdem. Und er schlägt in eine Nische, wo die Konkurrenz hinterher fährt – zumindest was die nackten Zahlen anbelangt: Einen RS Q5 bietet Audi noch nicht an, und der Mercedes-AMG GLC 63 S sowie der kommende BMW X3 M Competition liegen mit 510 PS ein Stück hinter dem Jag; der Porsche Macan Turbo ist mit maximal 440 PS noch weiter abgeschlagen.
Jaguar F-Pace mit 680 Nm
Dass der Brite den Vorsprung nicht auf die Fahrleistungen übertragen kann, steht auf einem anderen Blatt. 4,3 Sekunden dauert es, bis der über zwei Tonnen schwere F-Pace auf Tempo 100 geeilt ist. Zum Vergleich: Der nur unwesentlich leichtere AMG-GLC schafft den Sprint sogar ohne S-Zusatz und mit nur 476 PS unter der Haube drei Zehntel schneller. Zeit dürfte den Jaguar unter anderem der Gedenksekunden-Bruchteil kosten, den er sich beim beherzten Tritt aufs Gas gönnt. Achtgang-Automatik und Kompressor müssen kurz überlegen, ehe sie die maximalen 680 Newtonmeter in die Waagschale werfen.
Apropos Automatik: Als erster F-Pace bekommt der SVR den neuen, klassischen Wahlhebel, der den futuristischen, aus dem Mitteltunnel ausfahrenden Drehknauf in Rente schickt.
Klar ist, dass der Sprint-Nachteil ohnehin nur auf dem Papier besteht. Im Alltag dürfte bei der lustvollen Kurvenräuberei oder spontanen Überholmanövern niemand Leistung vermissen, und viele SVR-Kunden werden sich eher darüber freuen, dass sich das Muskel-SUV anders als manch ruppiger Wettbewerber auch ziemlich ruhig und gelassen bewegen lässt. Das gilt auch klanglich: Im Komfort-Modus und mit geschlossenen Klappen in der Sport-Abgasanlage ist nicht mehr als ein kräftiges Grummeln aus den vier armdicken Endrohren zu hören. Doch wehe wenn er losgelassen: Dann röhrt der Brite mächtig aus den Tiefen seiner fünf Liter Hubraum und sorgt bei den Passanten für Gänsehaut.
Große Einlässe an der Front
Die können den SVR-Jag allerdings nicht nur am Gebrüll erkennen, sondern auch an den üblichen Kraft-Insignien der Karosserie: Größere Einlässe in der Front versorgen das Triebwerk mit Luft, die es durch extra Schlitze auf der Motorhaube wieder auspustet. Auch hinter den Rädern gibt es neue Luftauslässe, um den bei hohem Tempo entstehenden Staudruck in den Radkästen und damit den Abtrieb zu minimieren. Und natürlich gehört auch ein neuer Dachspoiler zum SVR-Paket.
Einer, der den Jag besonders schnell erkennen wird, ist der Tankwart: 11,9 Liter verspricht der Hersteller, doch davon ist man auch im Bummel-Modus noch ein gutes Stück entfernt. Heißt: Rund alle 500 Kilometer wird man eine Zapfsäule ansteuern müssen. Dort kann man sich auch gleich etwas die Beine vertreten, denn die von Jaguars Spezialeinheit SVO (Special Vehicle Operations) verbauten, flachen Sportsitze bieten zwar perfekten Halt, sind aber wegen ihrer integrierten Kopfstütze für großgewachsene Fahrer ziemlich unbequem.
Hartes Fahrwerk
Außerdem vermögen sie nicht wirklich, die Härten des Fahrwerks abzumildern: Gegenüber dem bisherigen Top-Modell F-Pace S, das mit verhältnismäßig geringen 300 PS vorfährt, haben die Techniker die Federn um bis zu 30 Prozent gestrafft und härtere Adaptiv-Dämpfer verbaut. Das ist dem Handling freilich zuträglich und erlaubt mit der Trutzburg ungeahnte Kurvengeschwindigkeiten.
Doch selbst im Komfort-Betrieb schlagen Unebenheiten im Asphalt ziemlich ungefiltert durch, und was das bei ruhiger Gangart entspannte Triebwerk an Alltagstauglichkeits-Punkten sammelt, zehrt der harte Unterbau schnell wieder auf. Dabei hat das SVO-Team schon alles versucht, um die ungefederten Massen zu reduzieren: Zum Einsatz kommen nicht nur leichte, geschmiedete 21-Zoll-Räder, sondern auch zweiteilige 395-Millimeter-Bremsscheiben, die sich ebenfalls positiv auf das Gewicht auswirken sollen. (SP-X)