Infiniti Q50 S: Exot in der Businessclass

Infiniti Q50 S: Exot in der Businessclass
Der Infiniti Q50 S muss sich gegen die deutschen Premiummarken behaupten. © Infiniti

Der Infiniti Q50 S hat es schwer, sich gegen die deutsche Premiumkonkurrenz durchzusetzen. Dabei vermag der Japaner durchaus zu überzeugen.

Doch in der automobilen Businessclass weht bekanntlich ein rauer Wind. Abseits der Bestseller von Audi, BMW und Mercedes gibt es eine ganze Reihe von weniger bekannten Alternativen, unter denen der Infiniti Q50 S zu den exotischsten zählen dürfte. Vor allem technisch hat die japanische Premiumlimousine Ungewöhnliches zu bieten.

Wer unbedingt auffallen will, für den ist das Mittelklassemodell von Nissans Premium-Tochter Infiniti eher nicht die erste Wahl. Dafür orientiert sich der 4,80 Meter lange Viertürer zu sehr am üblichen Formen- und Farben-Kanon der gehobenen Mittelklasse. Die fulminanten Rundungen, die die SUV der Marke zu echten Hinguckern gemacht haben, sind beim Q50 deutlich dezenter modelliert, Kühlergrill und Scheinwerfer verzichten auf das vielerorts übliche aggressive Reviermarkierungsgehabe.

Musik für Infiniti spielt in den USA

In der seriösen Dienstwagenklasse ist das prinzipiell ein Vorteil – dem Erfolg auf dem gesättigten und bereits parzellierten deutschen Markt hätte etwas mehr visuelle Prägnanz aber möglicherweise nicht geschadet.

Wertig verarbeitet: der Innenraum im Infiniti Q50 S. Foto: Infiniti

Doch Deutschland ist für die Nissan-Tochter nur Beifang. Wie auch die anderen Edel-Ableger japanischer Marken (etwa Lexus von Toyota und Acura von Honda) schielt Infiniti in erster Linie auf US-Kundschaft. Das merkt man nicht zuletzt an dem für den hiesigen Geschmack überladen wirkenden Innenraum. Zwei Bildschirme in der Mittelkonsole, ein weiterer zwischen Tacho und Drehzahlmesser, dazu zahllose Köpfe und Schalter am Lenkrad und darum herum sorgen für Verwirrung, befriedigen aber auch den Spieltrieb und erwecken den Eindruck von Gegenwert fürs Geld.

In den Tiefen des Infotainment-Menüs finden sich neben den üblichen Bordcomputer-Infos etwa auch ausführliche Fahrt-Statistiken, Energiefluss-Diagramme und G-Kraft-Anzeigen. Viel Spaß beim Stöbern.

Gut verarbeiteter Innenraum

Abseits von Geschmacksfragen kann das Ambiente aber durchaus überzeugen. Auch wenn das Q50-Cockpit in Klarheit und Anmutung nicht an die Qualität der Deutschen oder auch von Volvo und Jaguar herankommt, sind die Materialien aus den oberen Regelfächern gegriffen worden und sorgfältig verarbeitet. Platzangebot und die Qualität der Sitze erfüllen ebenfalls die gehobenen Anforderungen im Segment. Etwa beengt geht es allerdings im Kofferraum zu: Für den Familienurlaub zu viert dürften die 300 Liter in der Regel nicht reichen. Schade, denn der Infiniti ist abgesehen davon ein hervorragendes Reiseauto.

Für das Langstreckentalent des Fünfsitzers ist vor allem der Antrieb zuständig. In Deutschland ist das aktuell immer ein 364 PS starker Hybrid aus 3,5-Liter-V6-Benziner und Elektromotor; die lange Zeit alternativ angebotenen Diesel und Benziner mit vier Zylindern sind genau wie der V6-Topbenziner nicht mehr im Programm. Eine nachvollziehbare Entscheidung, vereint der Hybrid doch am besten Kraft mit akzeptablem Verbrauch – und addiert auch noch eine Prise Antriebs-Charisma. Nicht nur mit seinem fulminanten Vorwärtsdrang, sondern auch mit einem kernigen Klang bei erhöhter Leistungsabfrage.

V6-Motor gibt sich laufruhig

Am wohlsten fühlt sich der Q50 jedoch bei entspanntem Reisetempo. Der V6 säuselt leise vor sich hin, gönnt sich regelmäßig Auszeiten, in denen der E-Motor allein den Vortrieb übernimmt, steht im Fall der Fälle aber für fast ansatzlose Zwischenspurts zur Verfügung. Das recht straffe, aber keinesfalls zu unkomfortabel ausgelegte Fahrwerk unterstützt das entspannte Gleiten genauso wie die neuartige und branchenweit einmalige Lenkung. Infiniti verzichtet dort auf eine mechanische Verbindung zwischen dem Volant und den Rädern, gibt den Steuerungsbefehl stattdessen elektrisch weiter.

Das koppelt die Hände des Fahrers komplett von der Beschaffenheit der Straßenoberfläche ab. Sportliche Naturen mögen diese mangelnde Rückmeldung als unangenehm empfinden, auch wenn das Lenkgefühl selbst durchaus natürlich anmutet. Dem Fahrkomfort kommt das aber zugute, überträgt der Lenkradkranz so doch überhaupt keine Vibrationen mehr auf den Körper.

Selbstbewusster Preis

Optisch ansprechend, der Infiniti Q50 S. Foto: Infiniti

Wer den entspannten Charakter des Infiniti ausnutzt, kommt so bequem und mit einem angesichts der Leistung durchaus akzeptablem Verbrauch von unter acht Litern ans Ziel. Wer stattdessen die Antriebskraft ausreizt, landet locker im zweistelligen Bereich. Eine echte Alternative zum sparsameren deutschen Premium-Diesel ist der Q50 somit zwar nicht, vor den Benzinern und Plug-in-Hybriden der teutonischen Konkurrenz braucht er sich jedoch nicht zu verstecken.

Wer hofft, mit dem Premium-Exoten ein Schnäppchen zu machen, wird allerdings enttäuscht. Der starke Antrieb verlangt genau wie die umfangreiche Serienausstattung nach finanzieller Kompensation. 49.500 Euro kostet die günstigste Variante („Luxe“) mit Hinterradantrieb, die unter anderem beheizbare Ledersitze, Zwei-Zonen-Klimatisierung und Navigationssystem bietet. Wer Allradtechnik will, rutscht automatisch eine Ausstattungsstufe („Sport“) höher und hat dann für 55.500 Euro auch LED-Licht, Sportsitze und ein Bose-Audiosystem an Bord. Kaum Wünsche offen lässt das Niveau „Sport Tech“, das ab 61.100 Euro unter anderem ein umfangreiches Assistenten-Paket bietet.

Wer nach einer Reise- und Businesslimousine jenseits des deutschen Premium-Mainstreams sucht, sollte ruhig einen Blick auf den Q50S riskieren. Auch wenn der Japaner nicht den Verfeinerungsgrad von Audi oder BMW erreicht und sowohl bei Bedienbarkeit als auch beim Kofferraumvolumen Zugeständnisse verlangt, überzeugen doch der harmonische Antrieb und die souveränen Fahrleistungen. (SP-X)

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