Infiniti Q30: Asiatische A-Klasse

Neuer Anlauf in Kompaktklasse

Infiniti Q30: Asiatische A-Klasse
Der Infiniti Q30 soll endlich Kunden zur Marke bringen. © Infiniti

Mit dem Q30 versucht Infiniti endlich eine breitere Käuferschicht anzusprechen. Dabei setzt die Nissan-Edeltochter auf die technischen Feinheiten der A-Klasse. Der Kooperation mit Mercedes sei Dank.

Infiniti macht den nächsten Schritt: Sieben Jahre, nachdem sich die noble Nissan-Schwester nach Europa gewagt hat, traut sie sich in diesem Spätherbst mit dem Q30 zu Preisen ab 24.200 Euro auch in Kompaktklasse. Zwar ist kaum ein Segment derart dicht besetzt und hart umkämpft. Doch erhoffen sich die Japaner dort trotzdem so viele Zulassungen, dass sie endlich sichtbar werden.

Denn bei gerade einmal 849 Neuanmeldungen in den ersten neun Monaten dieses Jahres kann davon für die Pkw-Baureihen Q50 und Q70 sowie die Geländewagen QX50 und QX70 nun wirklich nicht die Rede sein.

Unter der Karosse ein Mercedes

Das Auto, das Infiniti endlich einer breiteren Käuferschicht zugänglich machen will, ist für die Europäer allerdings ein alter Bekannter. Denn auch wenn die Karosserie ein wenig höher steht, etwas voluminöser ist und ein paar markante Kanten zeigt, steckt darunter nichts anderes als die A-Klasse von Mercedes. Dieser Deal ist eine von 13 Kooperationen, die Daimler-Chef Dieter Zetsche und Renault-Nissan-Boss Carlos Ghosn in den letzten sechs Jahren vereinbart haben und umfasst gleich auch noch einen QX30 auf Basis des GLA, der genau wie die aktuelle Neuheit bei Nissan in Sunderland produziert wird.

Infiniti Q30
Der Innenraum des Q30 Infiniti

Mit der Plattform übernehmen die Japaner auch die Motoren, schränken das Angebot aber gegenüber Mercedes ein wenig ein. Deshalb starten sie mit drei Benzinern von 122, 156 oder 211 PS und zwei Diesel, die auf 109 oder 170 PS kommen. Und genau wie bei der Mercedes A-Klasse gibt es für einige Varianten die Option auf eine siebenstufige Doppelkupplung und auf den Allradantrieb.

Obwohl es technisch also kaum Unterschiede gibt, fühlt sich der Q30 trotzdem ein bisschen anders an. Und zwar nicht nur, weil man etwas höher sitzt als in der A-Klasse. Vor allem, weil die Japaner in ihrem europäischen Entwicklungszentrum viel Geduld auf eine gelassene Feinabstimmung verwandt haben:

Komfortabler abgestimmt

Wo die A-Klasse bis vor dem Facelift ziemlich stramm und streng war, rollt der Infiniti Q30 deshalb entspannt und komfortabel auch über schlechte Landstraßen. Nicht dass es ihm bei verschärfter Gangart an sportlichen Ambitionen mangeln würde. Aber im Grunde seines Wesens ist der japanische Frischling ein Softie, der automobile Entspannung predigt. Dazu passt es auch, dass die Doppelkupplung noch schneller und sanfter schaltet und dass der Sound des Diesels elektronisch poliert wird.

Infiniti Q30
Das Heck des Q30 Infiniti

Viel Gefühl haben die Infiniti-Ingenieure auch im Innenraum beweisen – im übertragenen Sinne, weil sie die Sitze bequemer gepolstert und mehr Leder mit aufwändigerem Zierrat verarbeitet haben. Und im wörtlichen, weil es in der asiatischen A-Klasse zum ersten Mal einen Touchscreen gibt und die Navigation so endlich ohne Gefriemel bedient werden kann. Weil sie dafür ohnehin schon an den Kabelbaum im Cockpit mussten, haben die Japaner rundum gleich auch noch ihre Kameras montiert und bieten deshalb beim Rangieren den Vogelblick des Around-View-Monitors.

Da der kleine Benz im Jugendwahn, dort der auf Komfort und Wohlbefinden bedachte Japaner – welches von beiden Autos man kauft, ist nicht nur eine Frage des Standpunktes. Es ist letztlich auch eine Entscheidung, die am Standort hängt. Denn bei gerade einmal sieben Stützpunkten in Deutschland muss man entweder sehr zentral wohnen oder ziemlich lange fahren, wenn man den Infiniti haben möchte. Markenchef Roland Krüger weiß das und verspricht auch dafür baldige Abhilfe: Wenn die Stückzahlen steigen, soll auch das Netz dichter werden.

Natürlich ist es ungewöhnlich, dass ausgerechnet einer der erklärten Konkurrenten eine seiner erfolgreichsten Plattformen abtritt und Infiniti so erst den Schritt in die Kompaktklasse ermöglicht. Doch bekommt Daimler dafür von den Japanern im Gegenzug eine nicht minder bewährte und erfolgreiche Baureihe zur gefälligen Weiterverwertung: Den nagelneuen Nissan Navara. Auf seiner Basis entwickeln die Schwaben binnen zwei, drei Jahren ihren ersten Pick-Up und holen sich so die womöglich verlorenen A-Klasse-Zulassungen von der Infiniti-Schwester in einer anderen Liga glatt wieder zurück. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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