Hyundai setzt seine SUV-Offensive fort. Mit dem Bayon bietet man unterhalb des Kona ein weiteres Modell an.
Mit breiter Brust lässt sich breit Grinsen. Trotz Pandemie meldet Hyundai Deutschland gerade den besten Jahresstart aller Zeiten: Rekordmarktanteil von 3,4 Prozent, fast 37.600 verkaufte Autos in den ersten fünf Monaten dieses Jahres und zudem die Marke mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß – reine Elektro-Anbieter wie Tesla und Smart mal ausgenommen.
Und die Erfolgsgeschichte soll auch 30 Jahre nach dem deutschen Marktstart noch nicht zu Ende geschrieben sein. Bis 2025 wollen die Koreaner allein noch zwölf neue, rein elektrische Modelle bei uns einführen.
Weiteres Crossover-Modell
Bis es soweit ist, wird ein kleines, eher konventionelles Auto die Hyundai-Fans bei Laune halten. Mit dem Bayon – benannt nach einer französischen Stadt an der Atlantikküste – stellt der Importeur dem kaum größeren Kona einen weiteren Crossover im B-Segment zur Seite. Der 4,18 Meter lange, ausschließlich frontgetriebene Bayon (Kona 4,20 m) basiert auf der Plattform des i20, greift weitgehend auf dessen Antriebe zurück und startet in diesen Tagen zu Preisen ab vergleichsweise günstigen 16 790 Euro. Dann fahren neben fünf Jahren Garantie mindestens 84 PS auch eine bereits akzeptable Grundausstattung mit. Kleine SUVs der Konkurrenz, wie der VW T-Cross (ab 19.300 Euro), der Seat Arona (ab 17.850 Euro) oder der Renault Captur (ab 21.550 Euro) sind teilweise nicht nur deutlich teurer sondern auch technisch längst nicht so up-to-date.
Doch schauen wir dem Bayon, den es übrigens nur in Europa geben wird, vor der ersten Ausfahrt noch einmal tief in die Augen. Sagt mal, grinst der etwa? Die schmalen, nach oben gebogenen Tagfahrleuchten, die ein ebenso dünnes Lufteinlassband zwischen Haube und Kühlergrill verbindet, scheinen jedenfalls bester Laune zu sein. Darunter liegen die dreigeteilten Hauptscheinwerfer. Wer das schon provozierend findet, wird spätestens am Heck anecken. Dort dürfte die Grafik der Leuchten den Volvo-Fans gefallen, aber längst nicht mehrheitsfähig sein. Das stylische Outfit aus dem Team von Europa-Designchef Thomas Buerkle polarisiert. Aber das ist gut so.
Innen passt alles
Innen schließt die Hyundai-Welt dann wieder ihren Frieden mit unseren tradierten Vorstellungen. Man setzt sich rein und alles passt. Das moderne, übersichtliche Cockpit wurde nahezu 1:1 aus dem i20 transplantiert und verzichtet auf größere Experimente. Alles lässt sich intuitiv bedienen, die Ergonomie ist klasse, Schalter sitzen da, wo man sie braucht, das Radio hat noch einen Drehknopf für an/aus sowie laut/leise (danke Hyundai) und das auf Wunsch 10,25 Zoll große Display für das Infotainment-System reagiert fix auf jeden Fingerdruck.
Hyundai sagt, der Bayon sei Klassenbester bei Konnektivitäts- und Sicherheitsfunktionen, allein neun Assistenten steigen auf Wunsch mit ein, darunter so kluge Systeme wie ein Querverkehrswarner hinten mit Notbremsfunktion oder ein Kamera unterstützter Spurfolgeassistent, der bei Unachtsamkeit Lenkkorrekturen vornimmt. Bei den vielen Schlaumeiern an Bord wundert es, dass der Sprachassistent so talentbefreit seinen Job macht. Er hört was er will, aber nur selten das, was man ihm sagt. Und da wir gerade beim Meckern sind, ein Wort zur Qualität. Die Verarbeitung scheint top zu sein, aber wie ein ansteckender Virus wurde aus dem i20 auch manch Hartplastikteil in den Bayon eingeschleppt.
Radstand von 2,58 Meter
Immerhin haben die Koreaner nicht am Platzangebot gespart. Bei einem Radstand von 2,58 Metern sitzt man vorne kommod auf ausreichend großen, eher weichen Sitzen. Nicht ganz so luftig geht es hinten zu. Richtig eng wird es aber höchstens für Mitfahrer, die auch unter der Dusche am Brausekopf anstoßen. In den Kofferraum passen respektable 411 Liter. Nur 334, sind es, wenn Mild-Hybrid-Technik an Bord ist.
Mit vier Benzinern geht der Bayon ins Rennen. Einem Vierzylinder-Sauger mit 84 PS sowie zwei Einliter-Dreizylinder-Turbos. Sie leisten 100 PS und 120 PS, beide Versionen sind mit 48-Volt-Startergenerator zu haben, fahren also als sogenannte Mild-Hybrid-Versionen. Unterstützt von einem Lithium-Polymer-Akku, der unter dem Gepäckraumboden liegt, kommt der Bayon so schneller in die Gänge und soll zusätzlich Sprit sparen. In diesem Auftrag arbeitet auch das neue Sechsgang-Getriebe 6-iMT mit elektronisch geregelter Kupplung, die einen Freilauf ermöglicht. Geht der Fahrer vom Gas, wird der Motor in bestimmten Situationen automatisch vom Getriebe entkoppelt.
Leichte Hybridisierung
Viel bekommt man von dieser Segeleinlage am Steuer allerdings nicht mit. Auf der ersten Testrunde mit dem elektrifizierten 100-PS-Bayon (ab 20.990 Euro) gibt sich der Crossover überhaupt auffällig unauffällig. Vom vibrationsarmen, gut gedämmten Dreizylinder ist wenig zu hören, vom Elektro-Boost nicht viel zu spüren. Die Leistung reicht für Stadt und Land natürlich dicke, ein wilder Straßenfeger ist der Bayon aber nicht. Will er nicht sein, muss er auch nicht. Er überzeugt eher mit seiner harmonischen Art. Anfahren, Start-Stopp, wieder in die Gänge kommen, das alles funktioniert wie schon beim i20 sanft, souverän und angenehm.
Mit seiner kompakten Größe, der etwas höheren Sitzposition, der komfortablen Federung und der eher indirekt ausgelegten Lenkung passt er ideal in die City. Hyundai sieht auch deshalb vor allem Frauen als potentielle Kunden. Etwa 4.000 Bayons wollen die Koreaner pro Jahr bei uns verkaufen. Deutschland-Geschäftsführer Jürgen Keller sieht darin kein Problem: „Ich habe eher Angst, dass wir zu wenig Fahrzeuge bekommen”, sagt der Hyundai-Boss. Hat er dabei gerade gegrinst? (SP-X)