Hyundai Tucson 2.0 CRDi: Mogelpackung zum Kampfpreis

Der Hyundai Tucson sieht wie ein echter SUV aus. Der Koreaner verfügt aber lediglich über einen Vorderrad-Antrieb. Dafür überzeugt der Preis von unter 20.000 Euro.

Stefan Zaumseil

Hyundai war das Portfolio mit Terracan und Santa Fé zu dünn. Mit dem Tucson wird das südkoreanische Allradprogramm nach unten abgerundet. Traditionell benannt nach einer amerikanischen Western-Stadt aus dem Bundesstaat Arizona, soll der Tucson mit einem Einstiegspreis von unter 20.000 Euro Konkurrenten wie Honda CR-V, Nissan X-Trail oder Toyota RAV4 vor allem den amerikanischen Markt aufmischen.

Echter SUV erst für 22.190 Euro

Die Heckansicht. Foto: Press-Inform

Doch hinter dem Kampfpreis von 18.690 Euro verbirgt sich eine Mogelpackung mit ausschließlich Vorderradantrieb. Das mag man konsequent nennen, da zwei zusätzliche Antriebsräder Kraftstoff und Motorleistung schlucken - fragt sich, ob hier potenzielle SUV-Käufer einen Unterschied zum Kompakt-Van sehen. Einen echten SUV mit variablem Allradantrieb gibt es erst ab 22.190 Euro, dafür dann aber mit Klimaautomatik und Traktionskontrolle serienmäßig.

Im Gegensatz zum Terracan, der mit «echten» Geländewagen-Features wie Leiterrahmen, Starrachse hinten und Getriebereduktion aufwartet, ist der Tucson wie seine Konkurrenten hauptsächlich für regulären Straßeneinsatz gedacht. Auch optisch gibt sich der Tucson SUV-typisch inklusive serienmäßiger Dachreling mit kurzen Überhängen, großen Klarglasscheinwerfern und den unvermeidlichen ausgestellten Kotflügeln.

Insgesamt wirkt die Karosserie solide und kompakt. Dabei ist der Tucson nicht gerade klein, mit 4,33 Metern Länge, knapp 1.8 Metern Breite und 2,63 Metern Radstand bietet er großzügigen Platz für fünf Leute und erfüllt damit den Hauptwunsch vieler Käufer nach Bewegungsfreiheit im Innenraum.

Kunststoff dominiert

Das Cockpit des Hyundai Tucson. Foto: Press-Inform

Der ist dann auch wirklich geräumig und bietet selbst hinten bequemen Einstieg und viel Kopf-Freiheit auch für Menschen jenseits der 1,90 Meter. Im Innenraum des Tucson dominiert Kunststoff, die Armaturen und Bedienelemente des insgesamt lieblos wirkenden Interieurs sind übersichtlich angeordnet und funktionell, Ablagen finden sich auch hinten genügend.

Das Lenkrad ist leider nur einfach in der Höhe verstellbar, der Einstellbereich und der Seitenhalt der Sitze sind ungenügend. Jedoch ist selbst bei großen Fahrern noch ausreichend Kniefreiheit auf den hinteren Sitzen. Anders das Gepäckabteil: Mit lediglich 325 Litern ist es nicht eben groß, da bietet die Konkurrenz deutlich mehr - beim Honda CR-V über 500 Liter.

Durch Umlegen der 60:40 teilbaren Rücksitze lässt sich der Kofferraum auf 1375 Liter vergrößern, es entsteht eine ebene Ladefläche und dank der niedrigen Ladekante ist so der Transport größerer Gegenstände ein Kinderspiel. Wochenendeinkäufe und Badeausflug-Utensilien lassen sich mit einem Netz festzurren, wobei sich der Umgang mit der scheinbar nicht richtig passenden Laderaumabdeckung als sehr fummelig erweist.

Praktisch dagegen ist das separat öffnende Fenster der Heckklappe um beispielsweise Jacken schnell zu verstauen - weitere Pluspunkte die seitlichen Fächer für Nothilfekasten und Kleinkram und das unter dem Kofferraumboden verstaute echte Ersatzrad mit Serienbereifung.

Das Fahrwerk ist dem Einsatzweck entsprechend eher sportlich straff als komfortabel abgestimmt und gibt kleine Unebenheiten an die Insassen weiter. Grobe Schlaglöcher und schlechte Pisten werden dagegen gut abgefedert - so ist ein eiliger Abstecher auf Feldwege durchaus angenehm. Die Seitenneigung in schnell gefahrenen Kurven hält sich in Grenzen - insgesamt verhält sich der Tucson 4WD gutmütig und dank des Allradantriebes immer souverän.

Unschön sind dagegen die allgegenwärtigen Poltergeräusche, die ein Fahrzeugalter von 100.000 Kilometer und mehr vermuten lassen. Auch die Lenkung kann nicht überzeugen, sie ist zu schwammig und arbeitet vor allem um die Mitte zu indirekt, obwohl man dem kleinen SUV einen guten Geradeauslauf bescheinigen kann.

Für den Hyundai Tucson stehen insgesamt drei Motoren (2.0 Liter Benziner, 2.7 Liter V6 und 2.0 Liter Diesel) mit Schalt- oder Automatikgetriebe und zwei Antriebskonzepten für die beiden Vierzylinder zur Auswahl. Der getestete Zweiliter-Vierzylinder-Common-Rail-Diesel ist bekannt aus Lantra, Trajet, Santa Fé und präsentiert seine 113 PS akustisch sehr präsent. Die lediglich 245 Nm Drehmoment reichen immerhin für einen Spurt von Null auf Tempo 100 in 13,8 Sekunden, bei Tempo 168 ist dann Schluss.

Angenehme Reisegeschwindigkeit in punkto Geräuschentwicklung und Kraftstoffverbrauch ist zwischen 130 und 140 km/h, die der Tucson souverän meistert - warum ein Tempomat nur für den 2.7 Liter V6 verfügbar ist, bleibt unklar.

Der Motor neigt nicht zu sportlichen Höchstleistungen, hängt aber überraschend direkt am Gas und gehorcht spontan und lebhaft. Das Getriebe ist gut abgestuft, eingeschränkt wird das Fahrvergnügen jedoch von der zähen Schaltung, die sich recht störrisch zeigt.

«Torque on Demand»

Nichts für die Wüste, aber spielend auf schwierigem Terrain. Foto: Press-Inform

Die Offroad-Eigenschaften des Hyundai kaufen der direkten Konkurrenz einigen Schneid ab: Im normalen Straßenbetrieb mit Vorderradantrieb unterwegs, leitet der elektronische Allradantrieb «Torque on Demand» in Kurven oder auf losem Untergrund mittels elektronischer Helferlein das Drehmoment sukzessive auf die Hinterachse um. Das wäre an sich nichts Besonderes, würde der Tucson nicht auch eine (abschaltbare) Traktionskontrolle und eine fixe Drehmomentsverteilung im Verhältnis 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse bieten, eingeschaltet durch einen Schalter links am Armaturenbrett.

Der Testverbrauch von 8,5 Litern auf 100 Kilometern entspricht nicht ganz der Werksangabe, ist jedoch in Bezug auf Fahrzeuggröße und -gewicht immer noch angemessen - hier sind Konkurrenten deutlich durstiger. Nicht zeitgemäß und ärgerlich: Keiner der Hyundai-Motoren erreicht die Schadstoffnorm Euro 4, für den durchaus modernen Common-Rail-Diesel wird auch in absehbarer Zeit nicht einmal ein aufpreispflichtiger Partikelfilter angeboten. Hier wurde die Kaufbereitschaft der umweltorientierten deutschen Kunden massiv unterschätzt.

Reichhaltige Sicherheitsausstattung

Die Sicherheitsaustattung ist umfassend, von sechs Front-Airbags, ABS, ESP, Gurtstraffer und -kraftbegrenzern bis hin zu Scheibenbremsen an allen vier Rädern und Nebelscheinwerfern. Die Allradler verfügen serienmäßig über eine Traktionskontrolle.

Reichhaltig auch die Serienausstattung: 16-Zoll-Leichmetallräder, rundum elektrische Fensterheber, Klimaanlage, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, Nebelleuchten, Mittelarmlehne, Dachreling und selbstverständlich auch Wegfahrsperre und Alarmanlage. Die Liste der aufpreispflichtigen Extras ist dem entsprechend kurz: Metallic-Lackierung für 410 Euro, 4-Gang-Automatik 1400 Euro und Comfort-Paket mit Ledersitzen und Klimaautomatik 2050 Euro.

Mehr als 75 Prozent der Karosse sind verzinkt, lediglich bei der kaum steinschlag-gefährdeten Dachpartie wurde darauf verzichtet. Der Unterboden wird durch eine Schutzplatte vor Steinschlägen gesichert, einen echten Unterfahrschutz stellt diese freilich nicht dar. Der empfehlenswerte Hyundai Tucson 2.0 CRDi GLS 4 WD kostet incl. Comfort-Paket 27.050 Euro.

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