Der Honda e ist das erste reine Elektroauto des japanischen Herstellers. Und der Kleinwagen macht nicht nur optisch eine gute Figur.
Der Honda e ist eines der wenigen Automodelle, das die vielgelobte Optik einer Messestudie inklusive technischer Gimmicks nahezu unverändert in die Serie übernommen hat. Das schnörkellose Design verbindet Kleinwagenniedlichkeit mit urbaner Eleganz und Tradition mit Zukunft.
Für letzteres stehen beispielsweise die Spiegel ersetzenden Kameras und die riesigen Displays. Für die Vergangenheit die Anklänge an den Honda N 600 der 1960er-Jahre, wobei nicht wenige auch an den ersten Golf erinnert werden. Das sind keine schlechten Vorbilder.
Kameras statt Spiegel
Im Interieur kennt der Honda e keine Vergangenheit. Hier dominiert die Zukunft in Form von zwei Displays für die Kameras außen und einem riesigen Display – genau genommen sind es mehrere – die nahtlos ineinander übergehen und den vorderen Querträger zum Bildschirm machen. In unserem Testwagen kombinierte Honda graue Stoffsessel mit Holzapplikationen an Mittelkonsole, Türen und Dashboard. Sehr schick und ein wenig loungeartig.
Das sieht gut aus und fühlt sich gut an. Zudem bietet der Kleinwagen sehr gute Sitzverhältnisse vorne. Jedenfalls passt man auch mit einer Länge, die etwas über die Norm japanischer Designer hinausgeht, noch gut hinters Lenkrad. Dass in Autos dieser Größe dann der hintere Platz nur noch als Ablage taugt, ist normal und ändert sich, wenn eine kleinere Person lenkt.
Lenken klappt hervorragend. Der Honda e ist das erste reine Elektroauto der Marke und so nutzte man die Chance, um eine komplett neue Bodengruppe zu entwickeln: mit Hinterradantrieb und ordentlich unten platzierter Batterie. Dadurch fehlen an den Vorderrädern jegliche Einflüsse der Kraftübertragung, was zum Beispiel dazu beiträgt den Wendekreis mit 9,20 Metern extrem klein und das Auto entsprechend wendig zu halten. Es macht Spaß, mit dem Honda durch die Stadt zu wuseln, aber auch auf Landstraßen und Autobahnen ist er dank guter und zugleich komfortabler Abstimmung gut aufgehoben.
Zwei Motoren im Angebot
Honda spendiert dem e wahlweise einen E-Motor mit 154 PS oder 136 PS. Unser Testwagen verfügte über den stärkeren. Wenn nötig, beschleunigt er in 8,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, bei 145 km/h wird er zur Schonung der Batterie abgeregelt. Das ist auch gut so. Denn die ist relativ klein. 35,5 kWh speichert der Akku, was bei einem WLTP-Normverbrauch von 17,8 kWh je 100 Kilometer zu einer recht übersichtlichen Reichweite von 210 Kilometern führt.
Honda nennt das Rightsizing, also anpassen der Batteriegröße an den eher urbanen Einsatzzweck. Das kann man so machen, muss sich allerdings der damit verbundenen Einschränkungen bewusst sein. Aufgeladen wird der Akku beispielsweise an einer Wallbox, dann mit 6,6 kW in der Stunde oder an einer Schnellladesäule mit maximal 56 kW.
Hoher Verbrauch
Der WLTP-Verbrauch bildet nicht die Wirklichkeit ab. Schon gar nicht im Winter. Bei durchaus gemäßigter Fahrweise verbrauchten wir immer mindestens 25 kWh, gerne aber auch mehr. Entsprechend zeigt der Bordcomputer morgens nach einer Nacht an der Wallbox bei tatsächlich eisigen Außentemperaturen Reichweiten von ungefähr 100 Kilometern an. Die waren durchaus realistisch, denn unsere Testrunde mit Landstraße, Ortsdurchfahrten und Autobahn über rund 95 km absolvierten wir mit einer Restreichweite von 6 km.
Damit ist man an der Grenze dessen unterwegs, was dem normalen Pendler zuzumuten sein dürfte und in etwa auf dem Niveau der ersten E-Modelle vor einigen Jahren.
Bunte Displaywelt
Honda versüßt den Insassen das mit einer komplexen und bunten Displaywelt, in der auch der Mensch auf dem Beifahrerplatz sein Panel zum Tatschen hat. Man kann die jeweiligen Anzeigen, zumindest die meisten davon, auch einfach umschalten, also von rechts nach links wechseln, je nachdem was gerade gefragt ist. Im Normalfall, wenn man keinen Film gucken oder sonstige Infos betrachten will, schaltet das Display auf den vorher ausgewählten Hintergrund. Werksseitig waren unter anderem rote Blüten im Angebot, was dann doch etwas sehr an Blumenkästen erinnert. Nach dem beliebten Motto, „alles kann, nichts muss“ hat man dankenswerterweise einen Schalter unter dem Display platziert, mit dem man die Bilder– und Infoflut einfach ausschalten kann. Dann bleibt ein kleines Display vor dem Fahrer an und zeigt Tempo, Reichweite und das, was man zum Fahren braucht.
Hier wäre durchaus Sparpotential vorhanden, denn das größte Manko des kleinen Japaners ist sein Preis. Glatte 38.000 Euro sind auch für einen nobel ausgestatteten Stadtwagen ziemlich viel, selbst wenn man 9.570 Euro Innovationsprämie abziehen kann. Dafür gibt es anderswo – unter Verzicht auf schicke Kameras und digitale Blumenkästen – deutlich mehr E-Auto mit alltagstauglicheren Reichweiten. Den Fans des Honda e ist das egal. „Wir sind uns darüber einig, dass er ein schlechtes E-Auto ist, aber man muss ihn einfach haben“, hörten wie neulich sinngemäß in einem Video über den Honda und seinen durchaus beachtlichen Verkaufserfolg. Dann gibt es auch nichts zu meckern. (SP-X)