Der neue Honda Civic Type R polarisiert mit dem archaischen Charme vergangener Zeiten gegen den Mainstream. Beeindruckender ist aber das neue Motorenkonzept, das alte Fans nur kurz zusammenzucken lässt.
Mehr PS pro Euro als ein Ferrari 488 GTB, mehr Kofferraum als ein VW Golf und mehr erregtes Aufsehen als ein Porsche 911: Der Honda Civic Type R erfüllt Autoträume. Und das ab 34.000 Euro. Ein neues Image ist dann inklusive.
Polarisierender Honda Civic Type R
Schon bei der äußerlichen Inaugenscheinnahme der 228 kW/310 PS starken Krawall-Version des Civic empfindet man je nach Gusto entweder Bewunderung oder Abscheu – dazwischen gibt es nichts. Das ohnehin außergewöhnliche Design des Kompakten mit den schmalen Scheinwerfern, ausgeprägter Keilform und breitem Heck haben die Designer so dermaßen auf die Spitze getrieben, dass man – als über 20-jähriger Fahrer mit dem Type R unterwegs - durchaus schräge Blicke erntet.
Auf der anderen Seite aber haben der mächtige Frontspoiler, die dicken Radhausverbreiterungen und der gewaltige, feststehende Heckflügel einen rohen, archaischen Charme, der in Zeiten von auf Massengeschmack getrimmter Mainstream-Modelle auch einen Zauber auf seine Betrachter ausübt. Mal davon abgesehen, dass die Anbauteile zusammen mit dem komplett verkleideten Unterboden eine aerodynamische Funktion haben, Stichwort Anpressdruck.
Turbo des Honda civic Type R wütet ab 2500 Touren
Für echte Fans stellt der Japaner ohnehin das Nonplusultra straßentauglicher Rennwagen im Kompaktformat dar. Nach einigen Jahren Pause hat Honda den Type R – R für Racing – in diesem Jahr frisch aufgelegt, mit neuem Motorenkonzept: Statt eines hochdrehenden Saugmotors kommt ein per Turbo aufgeladener 2,0-Liter-Vierzylinder zum Einsatz.
Auch wenn Puristen möglicherweise um einen weiteren Klassiker trauern, der nun zwangsbeatmet wird – der Turbo-Benziner hält, was das äußere des Type R verspricht: Legt er bei niedrigen Drehzahlen noch etwas verhalten los, fängt der Civic ab 2500 Touren richtig an zu wüten. Mühelos schnellen die 1,4 Tonnen vorwärts, der Turbo zischt, der Vierzylinder grölt. Die knackige Sechsgang-Schaltung (natürlich mit Aluminium-Schaltknauf) mit ihren kurzen Wegen lässt sich wunderbar sportlich bedienen, so schön wie es beim Gangeinlegen mitunter klackt, freut man sich schon auf den nächsten Wechsel. Ein herzhaftes Zurückschalten verzeiht der Type R nicht nur, er fordert es geradezu heraus.
Honda Civic Type R reicht jede Rille durch
Die Lenkung ist feinfühlig und direkt, präzise zirkelt man den Type R damit durch schnelle Kurven, die er dank strammer Abstimmung wie auf Schienen durchfährt. Dem Frontantrieb geschuldet lässt sich ein wenig Zerren der vielen Pferde an der Lenkung nicht ganz vermeiden. Maximal 270 km/h wird der Fünftürer schnell, damit hängt er seine kompakten Mitstreiter ab.
So begeistert der Type R übrigens schon im Normalmodus, den „+R“-Knopf gedrückt geht sogar noch mehr: Gasannahme und Lenkung noch direkter – und das Fahrwerk noch härter. Wer so allerdings mit 200 Sachen über eine nicht just frisch geteerte Autobahn brettern will, sollte den Sport-BH schon umgeschnallt und den Massage-Termin vorab gebucht haben – denn dann reicht der Civic wirklich jede kleine Rille an seine Insassen durch. Auf der Rennstrecke dürfte der Racing-Modus allerdings seine wahre Bestimmung entfalten können.
Honda Civic Type R preislich im unteren Mittelfeld
Mit 34.000 Euro liegt der Type R preislich im unteren Mittelfeld der kompakten Kraftpakete, zu denen beispielsweise Ford Focus RS (39.000 Euro, 257 kW/350 PS, Vmax: 266 km/h) oder Renault Mégane RS (27.950 Euro, 201 kW/273 PS, Vmax: 254 km/h) gehören. Einen aufgrund seiner auffälligen Optik ähnlich bleibenden Eindruck dürfte allerdings in dieser Preis- und PS-Klasse nur noch der Ford Mustang (37.000 Euro, 233 kW/317 PS, Vmax: 234 km/h) hinterlassen.
Es lohnt sich übrigens, 2500 Euro für die „GT“ genannte Vollausstattung drauf zu legen, dann lässt der Type R unter anderem mit Navi (etwas altertümliche Grafik, aber schnelle Reaktionszeit), diverse Assistenten (Toter-Winkel- Spurhalte- oder Ausparkassistent mit Querverkehrswarnung) und Zwei-Zonen-Klimaautomatik kaum noch Wünsche offen. Höchstens den, hin und wieder etwas dezenter unterwegs zu sein. Aber wenn man drin sitzt, fällt einem der Heckflügel eigentlich kaum auf. (SP-X)