Genesis GV 80: Auf Augenhöhe mit Premiumkonkurrenz

Genesis GV 80: Auf Augenhöhe mit Premiumkonkurrenz
Mit einer Länge von 4,95 Metern spielt der GV80 in einer Liga mit Audi Q7 oder Mercedes GLE © Genesis

Mit seiner Edelmarke Genesis will der Hyundai-Konzern das Premium-Segment aufmischen. Was das Spitzen-SUV GV 80 dazu beitragen kann, zeigt unser Praxistest.

Einst stand Genesis, die Älteren werden sich erinnern, für epische Songstrukturen, reichhaltige Instrumentierung, komplexe Arrangements. Jetzt drängt der Hyundai-Konzern mit dem Namen der vormaligen englischen Rockband auf den deutschen Markt und will für gediegenen Komfort, überzeugende Performance und umfassende Sicherheit stehen.

Das stattliche SUV mit der Modellbezeichnung GV 80 wird mit Dreiliter-Diesel und 2,5-Liter-Ottomotor angeboten – wir haben uns den Turbobenziner einmal näher angesehen.

Eine der jüngsten Marken

Genesis gehört zu den jüngsten Marken auf dem internationalen Parkett und sicher nicht zufällig weist das geflügelte Brand-Logo gewisse Ähnlichkeiten mit denen der britischen Nobel-Karossen von Bentley und Aston Martin auf. In der besseren Gesellschaft will Hyundai Fuß fassen, nicht nur gegen Lexus (Toyota), Infiniti (Nissan) und Acura (Honda) aufbegehren, sondern hierzulande möglichst auch Audi, BMW und Mercedes einige Kunden abjagen.

Wo Prestige erst erworben werden muss, funktioniert das am ehesten über den Preis. Ab 62.200 Euro ist der GV 80 zu haben und man muss gar nicht ganz genau hinschauen, um zu wissen: Für ein vergleichbares Modell der drei Deutschen kann schon mal das Doppelte aufgerufen werden.

Chromgeflecht mit deutschem Fremdkörper

So großformatig wie selbstbewusst stellt sich der Rautengrill des Allrad-Fünftürers in den Wind und es besteht kein Zweifel, dass sein Gesicht für die Zulassung in jenen US-Bundesstaaten gestaltet wurde, in denen ein Front-Kennzeichen nicht erforderlich ist. Das deutsche Nummernschild nimmt sich wie ein Fremdkörper auf dem chromschimmernden Geflecht aus. Es tiefer anzubringen geht aber nicht, denn am unteren Lufteinlass sind die Sensoren für diverse Assistenz-Systeme platziert.

Innen gibt es neben viel Platz außerdem ein feines Ambiente und viel Technik. Foto: Genesis

Obwohl fast fünf Meter lang und mehr als 1,70 Meter hoch kann der GV 80 als Musterbeispiel für Downsizing gelten. In einer Pkw-Klasse, in der mindestens ein Sechszylinder als standesgemäße Antriebsquelle gilt, fährt er hierzulande mit einem aufgeladenen Vierzylinder vor. Der hat nur 2,5 Liter Hubraum und bereitet dort stolze 304 PS Leistung zu. Ein ebenfalls verfügbarer V6-Benziner mit 380 PS ist anderen Märkten vorbehalten. Dank des Turboladers erreicht der Viertöpfer sein Drehmoment-Maximum von 422 Newtonmetern bereits bei 1650 Umdrehungen.

Gewicht von 2,2 Tonnen

Mit dem Anschieben des 2170 Kilogramm schweren Testwagens (halbe Tankfüllung) hatte der Motor keine erkennbaren Probleme. Obwohl die Soundanlage im Innern mittels gegenläufiger Schallwellen Motor- und Fahrgeräusche neutralisieren soll, war ihm aber in höheren Drehzahlbereichen eine gewisse Anstrengung anzumerken.

Der für ein SUV dieses Kalibers recht gute cW-Wert von 0,27 erlaubt dem Wagen am Ende der Beschleunigungsphase ein Top-Tempo von 237 km/h. Dass es nicht die imageträchtigen „abgeregelten“ 250 km/h sind, ist verschmerzbar, denn bekanntlich werden Gelegenheiten, dies auszureizen, immer seltener. Ohnehin ist das entspannte Gleiten eher eine Stärke des auf 22-Zoll-Felgen rollenden Luxusliners. Die Achtgang-Automatik ist ein Muster an Geschmeidigkeit, die Gangwechsel sind lediglich am Drehzahlmesser nachzuvollziehen. Auch beim Runterschalten für beherzte Zwischenspurts ist sie flott dabei. Mit 10,6 Litern Testverbrauch unterbot der GV 80 sogar knapp den Herstellerwert (10,8 Liter), allerdings infolge eines äußerst geringen Kurzstreckenanteils.

Mehr als zwei Kubikmeter für Ladung

Ein gediegenes Wohlfühl-Ambiente umgibt die Insassen, fein gestepptes Leder, geschmackvoll abgestimmte Farbkompositionen unter reichlicher Verwendung von Holz, Glas und gebürsteten Metallflächen bestimmen die Szenerie. Die Platzverhältnisse anders als üppig zu nennen, wäre unzutreffend, nur selten lassen sich Kabinenbreiten von 1,54 m (vorn) und 1,51 m (hinten) messen.

Das Gepäckfach hat eine Tiefe von mindestens 1,12 Metern und ein Volumen von stolzen 727 Litern. Es lässt sich bis auf 2144 Liter erhöhen und die Ladekante ist 78 Zentimeter hoch. Eine dritte Sitzreihe ist für 500 Euro Aufpreis erhältlich.

Das Luxus-SUV einer neuen Marke kann nicht ohne die üblichen Komfort-, Sicherheits- und Assistenzsysteme auf die Konkurrenz aus der automobilen Upper-Class losgelassen werden, weshalb ihre Aufzählung hier unterbleiben soll. Bis auf Verschließ-Sensoren an den hinteren Türgriffen ist alles an seinem Platz.

Es sind die originellen Details, die schließlich den Unterschied ausmachen, wie zum Beispiel die beiden Tasten an der dem Fahrer zugewandten Seite des Beifahrersessels. Mit ihnen kann vom Fahrerplatz aus elektrisch mehr Beinfreiheit für die Fondpassagiere eingestellt werden. Eine Besonderheit stellen auch der konkav geriffelte Drehsteller nebst Touchpad auf der Mittelkonsole dar, was zwar einer gewissen manuellen Eingewöhnung bedarf, dann aber gut zur Steuerung diverser Infotainment-Funktionen taugt.

Sensor steuert Dämpferhärte

Eine kleine Schwäche hat der GV 80 von seinen Hyundai-Geschwistern geerbt: Bei Radioempfang ist eine gezielte Anwahl des FM-Frequenzbereichs nicht möglich. Offenbar hat es sich noch nicht bis Korea herumgesprochen, dass die zuverlässige Flächenabdeckung mit DAB in Deutschland ein unerfülltes Versprechen ist. Wo das Streben nach Sicherheit zur Bevormundung werden kann, ist bei der Telefon-Kopplung zu sehen: „Während der Fahrt nicht möglich“ meldet die Anzeigetafel und die Bluetooth-Verbindung wird auch nach kurzem Anhalten in der nächsten Parkbucht noch nicht freigegeben.

Die Vorzüge des 3D-animierten Hauptdisplays, das im Tempomat-Betrieb auch Fahrzeuge vor, neben und hinter dem GV 80 sichtbar werden lässt, sind wohl nur bei Fahrt in dichtem Nebel richtig auszukosten.

Mit adaptivem Fahrwerk

Noch ist der GV80 in Deutschland eine unbekannte Größe. Foto: Genesis

Das raffinierteste Komfort-System aber arbeitet völlig unmerklich: Das adaptive Fahrwerk ist mit einer Pre-View-Funktion ausgestattet, die mittels eines Kamerasensors Schwellen, Schlaglöcher oder andere Unebenheiten auf der Fahrbahn erkennen kann und binnen Bruchteilen von Sekunden die Dämpfer anpasst. Was die Insassen davon mitbekommen, ist allenfalls das sanfte Ausbügeln von den Reisegenuss störenden Erschütterungen.

Fazit: Auf Augenhöhe mit den üblichen Verdächtigen präsentiert sich das neue Nobel-SUV der Marke Genesis. Obwohl dem relativ kleinen Motor die souveräne Kraftentfaltung fehlt und er keine spürbaren Verbrauchsvorteile bringt, ist er ausreichend leistungsstark, um im Premium-Bereich mithalten zu können. In Sachen Ausstattungsniveau und Fahrkomfort ist der GV 80 absolut wettbewerbsfähig, der Preisvorteil gegenüber der Konkurrenz ist sein stärkstes Argument. Aus Sicht des Herstellers müssten jetzt nur noch viele Kunden diese Eigenschaften entdecken.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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