Ford Mustang Mach-E: Ein Stromer für die Emotionen

Ford Mustang Mach-E: Ein Stromer für die Emotionen
Der Ford Mustang Mache-E © Ford

Der Ford Mustang Mach-E setzt auf Emotionalität. Dafür sorgt allein schon die Modellbezeichnung des ersten Stromers des Autobauers.

Sexyness sells“, mag sich Ford bei der Planung für sein erstes richtiges E-Auto gedacht haben. Der Mustang Mach-E setzt daher nicht nur auf einen wohlklingenden Namen und dynamische Rundungen, sondern will bis ins kleinste Detail Begehrlichkeiten wecken. Obwohl dabei manchmal ein populäres Vorbild durchscheint, wahrt der Crossover genug Eigenständigkeit.

Klassische Mustang-Fans waren zunächst irritiert, als ihr geliebtes Pony-Car zum elektrischen Reittier mutierte. Dabei sind zumindest optische Gemeinsamkeiten auf den ersten Blick zu erkennen. Seien es die aggressiv blickenden Scheinwerfer, die prägnant modellierte Haube, die muskulösen Hüften oder die dreiteiligen Heckleuchten, die zumindest grob an den Klassiker erinnern. Auch die geschickt modellierte Dachlinie mit ihrem leichten Coupé-Schwung kennt man vom traditionsreichen Muscle Car. Konsequenterweise prangt zudem auf Kühlerplatte und Lenkrad nicht das blau-ovale Ford-Logo, sondern das galoppierende Wildpferd der Submarke.

Innen ist Ende mit den Gemeinsamkeiten

Ein großes Tablet bestimmt den Innenraum des Ford Mustang Mach-E. Foto: Ford

Innen hat es sich hingegen mit den Gemeinsamkeiten. Wo man im Mustang-Coupé tief und wohlumschlossen von Armaturenbrett und bulliger Mittelkonsole in typischer Sportwagenposition sitzt, fühlt man sich im Mach-E eher wie in einer großzügigen Lounge. Vor allem auf den vorderen beiden Plätzen geht es sehr luftig zu. Hinten sitzt man ebenfalls gut, auch wenn andere E-Autos den Bauraum-Vorteil der Antriebstechnik noch ein wenig besser in Raumgewinn ummünzen.

Zentrales Bedienelement ist ein großer, hochkant stehender Bildschirm, dessen Touch-Flächen den Großteil der üblichen Cockpit-Schalter ersetzt. Dank durchdachter Menüstruktur geht die Bedienung nach kurzer Eingewöhnung sehr leicht von der Hand, Rechen-Geschwindigkeit und Grafik-Auflösung sind mehr als ordentlich und auch die ästhetische Aufbereitung kann überzeugen. Vorbild der Riesen-Displays ist ganz offensichtlich Tesla, wo der damals einmalige Bildschirm einen guten Teil der initialen Faszination der Fahrzeuge ausmacht.

Optimierungsbedarf bei Routensoftware

Ganz so ausgefuchst wie das System der Kalifornier ist die Ford-Technik jedoch nicht. Vor allem an der Routenplanungs-Software lohnt noch die ein oder andere Optimierung, etwa was die Planung der Tankvorgänge angeht. Hier ist man mit gängigen Handy-Apps von Dritten besser bedient. Auch die zum Konnektivitäts-Paket zählende Smartphone-App von Ford braucht sicher noch einige Updates, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Bislang bietet sie nicht viel mehr Funktionen als die Fernabfrage des Ladezustands und des Fahrzeug-Standorts. Allerdings gab es im Testzeitraum bereits mehrere Software-Aktualisierungen, was auf einen relativ zügigen Ausbau des Angebots schließen lässt.

Tesla war aber nicht nur bei der Gestaltung des Innenraums ein Vorbild, sondern auch bei der Modellierung kleiner Besonderheiten und Spezialitäten. So hat sich Ford für seinen Stromer ein neuartiges Tür-Griff-System gegönnt. Entriegelt wird per Druck auf ein Sensor-Knöpfchen in der B-Säule, anschließend zieht man die Tür über einen direkt darunter angebrachten kleinen Griffhaken auf. Praktisch ist diese nette Spielerei zwar nicht unbedingt, sie sorgt aber zumindest bei den ersten Malen für einen kleinen Aha-Effekt bei Fahrer und Passagieren. Im besten Fall stärken solch kleine Skurrilitäten die emotionale Bindung zum Fahrzeug.

Straffes Fahrwerk

Emotionalität spielte auch bei der Abstimmung des Mach-E eine große Rolle. Das Fahrwerk ist sehr straff, auf schlechten Straßen sogar etwas steifbeinig und unkomfortabel. Die Gasannahme ist ebenso wie die Bremse recht direkt und verlangt nach einigen Metern konzentriertem Einfahren, um die üppigen 580 Nm und 269 PS unter Kontrolle zu halten.

Die direkte Lenkung passt sich dem dynamischen Stil an. Wer vor allem einen entspannten und ruhigen Elektro-Gleiter sucht, ist bei Ford an der falschen Adresse. Trotzdem wirkt der Mach-E weder zappelig oder nervös, sondern zackig wie ein Sportwagen. Das schlägt sich auch in der Beschleunigung nieder: Das mehr als zwei Tonnen schwere SUV stürmt so vehement los, dass Tempo 100 nach 6,3 Sekunden erreicht ist. Mehr als 180 km/h sind allerdings mit Rücksicht auf die Batterie trotzdem nicht drin.

Unterwegs mit Doppelmotor

Der Testwagen war mit dem Doppelmotor-E-Antrieb ausgerüstet, der einen elektrischen Allradantrieb bereitstellt. Alternativ ist der Mach-E auch mit reinem Heckantrieb und dann wahlweise 269 PS oder 294 PS zu haben. Die höhere Leistung gibt es dabei nur in Verbindung mit der größeren Batterie (98,7 kWh brutto).

Im Allrad-Testauto war das kleinere Exemplar montiert, das brutto auf 75,7 kWh kommt. Nach Norm soll das für bis zu 400 Kilometer Fahrt reichen, mehr als 300 Kilometer zeigte der Bordcomputer in den winterlichen Testtagen allerdings nie an. Auch, weil der Praxisverbrauch mit rund 22 kWh/100 km spürbar über dem Normwert von 19,5 kWh lag. Wer beherzt fährt und auf der Autobahn die Richtgeschwindigkeit regelmäßig überschreitet, muss mit noch höherem Stromfluss und einer Reichweite im 250-Kilometer-Bereich rechnen. Bei gemäßigteren Temperaturen dürfte das allerdings in beiden Fällen etwas besser aussehen.

300 Kilometer reale Reichweite

Das ansehnliche Heck des Ford Mustang Mache-E. Foto: Ford

Im Alltag reichen die knapp 300 realen Kilometer in der Regel sowieso aus. Auch, weil der Mustang serienmäßig mit 11 kW Ladeleistung Strom aus der heimischen Wallbox zieht. Über Nacht ist daher ein Gutteil des Akkus wieder voll. An der Gleichstrom-Steckdose lässt sich die kleine Batterie lediglich mit 115 kW befüllen, während die große bis zu 150 kW akzeptiert. In der Praxis ließ sich in einer halben Stunde trotzdem unter allen Bedingungen genug Saft für gute 150 Kilometer nachtanken. Das reicht in den meisten Fällen, auch wenn einige Wettbewerber hier deutlich schneller sind.

Preislich liegt der Mach-E auf dem Elektroauto-Markt im gehobenen Mittelfeld. 47.500 Euro kostet die günstigste Variante mit Heckantrieb, das Allradmodell mit kleiner Batterie gibt es ab 54.750 Euro. Die Ausstattung ist umfangreich und hat von 19-Zoll-Felgen bis Matrix-LED einiges zu bieten, was ansonsten viel Aufpreis kostet. Die Konkurrenten des Mustang Mach-E heißen unter anderem Mercedes EQA, VW ID.5, Polestar 2 und Ioniq 5. Vor allem im insgesamt noch kleinen E-Automarkt ist das ein durchaus strammes Wettbewerbsumfeld. Mit seinem emotionalisierenden Charakter, dem sportlichen Fahrverhalten, dem sauber gemachten Bedienkonzept und einem guten Platzangebot hat er aber durchaus einige Argumente auf seiner Seite. (SP-X)

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