Fiat E-Ulysse: Bruder im Bund der Batterie-Busse

Fiat E-Ulysse: Bruder im Bund der Batterie-Busse
Fiat nimmt als vierte Stellantis-Tochter einen elektrischen Bus ins Programm. © Fiat

Bei Stellantis hat jetzt auch Fiat seinen Elektro-Van. Der E-Ulysse punktet vor allem mit Vielseitigkeit beim Mobiliar.

Es gibt sie noch, die Familien-Vans für die Urlaubsreise, als Shuttle zum Kindergeburtstag oder für den Wochenend-Ausflug inklusive Großeltern. 1983 begründet vom Chrysler Voyager und ein Jahr später vom Renault Espace in Europa, war die Klasse der bis zu dreireihigen Großkutschen lange eine feste Größe im Straßenbild. Heute noch sind die Abkömmlinge von Mittelklasse-Pkw wie eben jener Espace, VW Sharan, Seat Alhambra oder Ford Galaxy zwar noch zu haben, führen aber ein Schattendasein.

Die neuen Großraum-Vans stammen von nüchternen Nutzfahrzeugen ab, in denen der blecherne Transporter-Innenraum aber wohnlich ausgestaltet wird. So hat auch der neue vollelektrische Fiat E-Ulysse (ab 56.000 Euro) mit dem Kastenwagen Scudo einen nahen Verwandten. Ebenso verbandelt ist der Achtsitzer mit den nahezu baugleichen Brüdern Peugeot e-Traveller, dem Opel Zafira Life und dem Citroen e-Spacetourer, mit denen er gemeinsam im französischen Valenciennes vom Band läuft. So ist das nun mal in Zeiten internationaler Arbeitsteilung auf einer gemeinsamen Plattform.

Bekannter Name wird wiederbelebt

Zwei Längen und zwei Batterie-Größen sind zu haben. Foto: Fiat

Insofern ähneln sich Design und Dimensionen der Fünf-Meter-Schiffe. Gut, dass es Markenzeichen gibt, die am Bug die jeweilige die Herkunft preisgeben. Überraschend ist hier aber der bekannte Fiat-Name Ulysse. Schon zwischen 1994 und 2010 erinnerten die beiden Vorgänger-Generationen der Familienlimousine an den griechischen Sagenhelden, bei uns besser bekannt als Odysseus. Auch damals schon als „Euro-Van“  eine Gemeinschaftsproduktion mit Peugeot und Citroen. Der hatte damals zeitgemäße Benzin- und Dieseltriebwerke unter der kurzen Haube. Das völlig neue Ulysse-Gefühl beginnt beim Druck des Startknopfes. Ein helles Surren, der an das Trafogeräusch einer elektrischen Eisenbahn erinnern, signalisiert Fahrbereitschaft von Batterie und E-Motor. Es ist stets im Leerlauf hörbar, auch an der roten Ampel.

Die Armaturen hinterm Lenkrad sind betont klassisch mit echten Zeigern, der Ulysse verzichtet auf digitale Spielerein. Der mittige, chromumrandete Monitor ist bescheidener ausgefallen als heute üblich, beinhalten Navi und Entertainment. Dank Tom-Tom-Vernetzung bietet er aber auch Informationen über Verkehrslage, Wetter, nächste Ladesäule oder Parkplätze. Ein herkömmlicher Schalthebel ist verzichtbar, ein kurzer Fingerkontakt mit einem Kippschalter unterhalb des Bildschirms gibt die Richtung vor – vorwärts, rückwärts oder neutral. Das Fehlen eines dicken Knüppels zwischen den Vordersitzen sorgt für Luftigkeit und Raumgefühl.

Üppige Verglasung sorgt für gute Rundumsicht

Das Cockpit orientiert sich an den Schwestermodellen von Opel, Peugeot und Citroen. Foto: Fiat

Unspektakuläres Losfahren mit leiser elektrischer Klanguntermalung, die Insassen auf allen Sitzen werden wie in allen E-Autos nicht durch Schaltrucke belästigt. Da sich der Ulysse nun mal seine Basis mit einem Nutzfahrzeug teilt, lassen sich Kopfsteinpflaster, Querfugen und sonstige Unebenheiten bei aller Feinarbeit der Fahrwerks-Ingenieure nicht so souverän ausgleichen wie in einer Limousine. Der Ulysse ist trotzdem kein Polterer, obwohl mindestens 2 Tonnen Gewicht über vier einzeln aufgehängten 17-Zöller auf den Asphalt drücken. Unterm Strich hat er sich aber eine ordentliche Komfortnote verdient. Von allen Sitzen aus sorgt die üppige Verglasung eine fürstliche Rundumsicht, die diese Art von Autos seit jeher auszeichnet. Viel Licht kommt ins rollende Wohnzimmer auch durch ein zweigeteiltes Glasdach – allerdings nur in der Top-Version „Lounge“.

Die Art und Weise wie der Ulysse mit seinen 136 PS umgeht, gleicht natürlich exakt den Eigenschaften seiner Stallgefährten aus Frankreich und Deutschland. Da E-Auto-Jünger schon von Natur keinen schweren Gasfuß haben, interessiert nur am Rande, dass 12 Sekunden vergehen, bis die Tempo-100-Marke des Tachos erreicht ist. Bei 130 km/h riegelt die Elektronik der Reichweite zuliebe ab. Bei einer Autobahn-Geschwindigkeit um Tempo 110 fühlt sich der Fiat am wohlsten. Wenn dann noch viel Stadtverkehr dabei ist und auch Landstraßen eher behutsam angegangen werden, ist die Reichweite von um die 200 Kilometern mit seiner 50 kWh-Batterie im Alltag realistisch.

Auf Schienen montierte Einzelsitze

Das Gestühl sitzt flexibel auf Schienen. Auch ein Konferenzmobil lässt sich so einrichten. Foto: Fiat

Gut 100 Kilometer weiter kommt der Ulysse mit der 75 kWh-Batterie, die allerdings gleich 6.000 Euro mehr kostet und den Ulysse auf gut 62.000 Euro liftet. Für weitere Touren oder Urlaubsreisen sicher eine sinnvolle Investition. Bei der Reiseplanung hilft ein 100-kW-Schnellladesystem. Wenn man denn eine dieser Säulen entdeckt, reicht eine Kaffeepause von 45 Minuten, um die Batterie wieder zu 80 Prozent in Form zu bringen. An der 11-kW-Wallbox im heimischen Carport dauert es ein paar Stunden, an der normalen Haushaltssteckdose müssen schon mehrere Tag- und Nachtruhen eingeplant werden.

Der Clou am Ulysse ist die Vielseitigkeit des Mobiliars. Da die auf Schienen montierten Einzelsitze beliebig verschoben oder auch ausgebaut werden können, bietet die siebensitzige Version 16 Varianten der Sitzaufteilung, der Achtsitzer immerhin 12. Zur rollenden Lounge wird er, wenn die zweite und dritte Reihe gegenüber angeordnet werden. Dabei sind gelegentliche Kniekontakte allerdings kaum vermeidbar. Immerhin passt eine Art Couch-Tisch dazwischen. Zur Ausstattung gehört auf Wunsch neben zahlreichen angesagten Assistenzsystemen auch eine elektrische Fernbedienung für die seitlichen Schiebetüren und ein Gerät zur Luftreinigung. (SP-X)

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