Fiat 124 Spider: Rückkehr der Legende

Mazda MX-5 als Basis

Fiat 124 Spider: Rückkehr der Legende
Pünktlich zum 50. Geburtstag hat Fiat den 124 Spider wiederbelebt © Fiat

Fiat hat den 124 Spider wiederbelebt. Hilfe für die Neuauflage holten sich die Italiener beim Kult-Roadster aus Japan.

Verona im Frühsommer, die ersten Touristen machen sich auf den Weg zum berühmten Balkon an der Via Capello 23, auf dem Julia der Legende nach auf ihren Romeo wartete. Eine Gruppe aus Japan stapft unverdrossen hinter einem Anführer mit kleiner Erkennungsfahne her, auch um der bronzenen Julia wie Millionen andere zuvor die rechte, inzwischen arg abgegriffene Brust zu betatschen.

Plötzlich Unruhe in der sonst so disziplinierten Schar, ein Bildungsreisender bleibt neben dem kleinen offenen Auto stehen, reckt den Hals, um in den Innenraum zu spähen. Fotohandys werden gezückt, ausgestreckte Finger zeigen auf das Fiat-Markenzeichen, das die lange Motorhaube des Roadsters schmückt. Verwirrung, Diskussionen und immer wieder Selfies mit dem schnuckligen Auto als Hintergrund. Mangels ausreichender Sprachkenntnisse kann die Ratlosigkeit nicht auflösen. Nein, das ist wirklich kein Mazda MX 5, auch wenn er ihm durchaus ähnlich sieht. Kopieren jetzt auch schon die Europäer?

Fiat 124 Spider orientiert sich am Original

Keineswegs. Als aber bekannt wurde, dass Fiat seinen legendären 124 Spider neu auflegt, ihn sich von Mazda bauen lässt und dabei den MX 5 als Basis nutzt, blieben bissige Kommentare nicht aus. „Wird das ein Mazfi oder doch ein Fiamaz?“ Der Spott verstummte recht schnell, als der fertige Zweisitzer im Spätherbst in Los Angeles erstmals in Natura zu sehen war. Trotz der engen Verwandtschaft mit dem Genspender besteht rein äußerlich keine Verwechslungsgefahr.

Die italienischen Designer haben den japanischen Bestseller dezent, aber wirkungsvoll umgestaltet. Dabei nutzten sie Merkmale, die schon den vor genau 50 Jahren erschienenen Vorfahren auszeichneten. Ein sechseckiges Kühlergrill mit Wabenstruktur, Auswölbungen auf der Motorhaube, horizontal gestaltete Rückleuchten und ein kecker Blechschwung um die hinteren Radhäuser. Alles dem legendären Fiat 124 Spider der 60er-Jahre gewidmet und nachempfunden.

Schnelle Dachöffnung

Pünktlich zum 50. Geburtstag hat Fiat den 124 Spider wiederbelebt
In Sekundenschnelle ist der Fiat 124 Spider offen Fiat

Erste Testtour rund um Verona, auf engen Pfaden durch die Valpolicella-Weinberge, auf Landstraßen den Gardasee entlang. Das ideale Terrain für einen Zweisitzer mit Heckantrieb. Zuvor muss natürlich die Stoffhaube dem blauen Himmel weichen. Nicht per Knopfdruck und Elektromotor. Wie schon beim Mazda erfordert auch sein italienisches Brudermodell Handarbeit. Es reicht allerdings ein kurzer Griff, um das Dach gen Heck zu bewegen. Dort verschwindet es in einem Schacht, dessen Abdeckung durch leichten Druck geschlossen wird.

Alles schon aus dem Original bekannt. Der Innenraum wurde nur leicht dem italienischen Geschmack angepasst. Doch die wesentlichen Elemente wie der knackig-kurze Schalthebel, der zentrale Drehzahlmesser mit deutlich kleinerem rechts daneben platzierten Tacho blieben im Turiner Designstudio unangetastet. Schließlich hat sich das Interieur in gut zwei Millionen bisher produzierten MX 5 bewährt. Deshalb freut sich Technikchef Domenico Bagnasco auch über die Zusammenarbeit mit Mazda. „Wir haben die beste Roadster-Plattform der Welt für unsere Ikone gewählt.“

Fiat 124 Spider bis zu 217 km/h schnell

Pünktlich zum 50. Geburtstag hat Fiat den 124 Spider wiederbelebt
Italienische Eleganz im Cockpit Fiat

Bei der Jungfernfahrt wird der japanisch-italienische Unterschied beim ersten energischen Tritt aufs rechte Pedal deutlich. Im Gegensatz zu Mazda setzt Fiat auf einen kleinen Turbobenziner. Nur 1,4 Liter Hubraum, aber dank des früh einsetzenden Blasebalgs erstaunlich agil. Der Sound ist zwar deutlich sanfter als beim Mazda-Saugmotor, aber immer noch kernig genug, um Sportwagen-Feeling aufkommen zu lassen. Das Triebwerk dreht schnell hoch, getrieben durch das exakte Sechsgang-Schaltgetriebe mit seinen erfreulich kurzen Wegen. Die Durchzugskraft von immerhin 240 Newtonmetern erfordert zwar eine fleißige Schalthand, belohnt dann aber mit stets maßgeschneidertem Vortrieb. Die Papierform des nur etwas über vier Metern langen Spider konnte auf den italienischen Straßen wegen der zahllosen Radaraugen nicht nachvollzogen werden. Aber eine mögliche Spitze von 217 km/h ist für einen vergleichsweise günstigen Sportwagen durchaus beachtlich.

Wie schon beim beliebten MX 5 ist für die Kurvenhatz im Fiat 124 Spider eigentlich Vergnügungssteuer fällig. Die direkte Lenkung lässt Kartfeeling aufkommen, dank Heckantrieb lässt sich der Kompaktsportler sogar zum leichten Driften animieren, bevor die Elektronik den ESP-Anker wirft. Beim Spitzenmodell, dem 232 km/h schnellen, aber deutlich teureren Abarth 124 Spider (125 kW/170 PS), melden sich die unsichtbaren Helfer etwas später. Zumindest, wenn man den Sportmodus wählt.

Fiat 124 Spider ab 23.990 Euro

Die Bilanz fällt nach Ende der Tour durchaus positiv aus. Fiat hat sich für die Wiederauferstehung des Zweisitzers den richtigen Partner gesucht. Es gibt mehr oder weniger deutliche Unterschiede, vor allem im Motorraum und beim umgeschneiderten Blechkleid. Die Vorzüge, die den Mazda MX 5 zum beliebtesten Roadster gemacht haben, bleiben erhalten.

All das lässt sich Fiat von den Kunden ordentlich bezahlen. Der Einstiegspreis von 23.990 Euro klingt angemessen, doch die Aufpreisliste weckt Begehrlichkeiten, denen man kaum widerstehen kann. Die besser ausgestattete „Lusso“-Version ist gleich 2500 Euro teurer, bietet u.a. Ledersitze und Klimaautomatik. Wer ein Navi samt Rückfahrkamera bestellt, ist mit weiteren 1000 Euro dabei. Auf Wunsch gibt es auch LED-Scheinwerfer und LED-Tagfahrlicht. Unter Strich kann so ein Fiat 124 Spider mühelos die 30.000-Euro-Marke erreichen. Wer mehr Leistung samt Automatik will, zahlt für den Abarth 124 Spider übrigens stolze 42.000 Euro. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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