Die Stunde der Individualisten

Saab 9-3 SportCombi 2.0 T Aero XWD

Der Kauf eines Saab ist ein Bekenntnis. Vor allem jetzt, wo der schwedische Autobauer Insolvenz angemeldet hat. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, sollte sich einmal den 9-3 SportCombi mit 210 PS und Allradantrieb anschauen.

Von Frank Mertens

Gehören auch Sie zu der Gruppe von Menschen, für die ein Autokauf ein Bekenntnis ist? Falls Sie diese Frage mit Ja beantworten, dann sind Sie ein potenzieller Saab-Kunde. Schließlich ist Saab die selbsternannte Marke für Individualisten und Selbständige, darunter vor allem Architekten. So wird zumindest der typische Saab-Kunde von den Marketingverantwortlichen des schwedischen Autobauers skizziert. Individualismus ist in diesen Tagen auch mehr denn je gefragt, wenn man sich einen Saab kaufen will. Denn die Traditionsmarke hat Insolvenz angemeldet. Ohne den klammen Mutterkonzern GM versucht sich Saab im Überlebenskampf. Ob es gelingt, wird man in den nächsten drei Monaten sehen.

Bekenntnis zur Marke

In Zeiten wie diesen braucht Saab also Kunden, die sich zur Marke bekennen. Allerdings muss das Bekenntnis schon deutlich enthusiastischer ausfallen, als es im Vorjahr der Fall war. Da konnte Saab weltweit gerade einmal 94.000 Autos verkaufen, darunter 4000 in Deutschland. Das sind homöopathische Stückzahlen - und es steht zu befürchten, dass es in diesem Jahr ob der Insolvenz sogar noch weniger werden. Wer das verhindern will und der Situation zum Trotz dennoch nach einem neuen Saab Ausschau hält, nur zu. Schlecht sind die Autos ja nicht.

Der 2.0-Turbomotor im Saab 9-3 SportCombi Foto:Press-Inform

Gut, den betagten 9-5er sollte man sich jetzt nicht gerade zulegen. Denn sollte die Marke überleben, erfährt er im Oktober auf der IAA eine längst überfällige Runderneuerung. Doch wer der Marke trotz aller Widrigkeiten die Treue halten will, sollte sich ruhig einmal den 9-3 SportCombi 2.0T XWD mit 210 PS anschauen, den wir diesmal für unseren Alltagstest ausgesucht haben. Es ist kein schlechtes Auto. So, wie er vor einem steht, kommt er erfrischend unaufgeregt daher. Sein Design ist sachlich und schlicht, was ja nicht schlecht sein muss.

Pragmatismus überall

Und dass, was man von außen von diesem Saab sagen kann, setzt sich auch im Innenraum fort - auch hier regiert der Pragmatismus: Das Cockpit ist übersichtlich, die Materialien anständig. Mehr aber auch nicht. Premium - und als Premiummarke versteht sich Saab bekanntlich - sieht doch noch etwas anders aus. Wie, das zeigt Audi. Einen Hang zur Pfiffigkeit kann man den Saab-Leuten bei aller Liebe zur Marke auch nicht attestieren. Auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal wird man nicht wirklich fündig.

Guter Allradantrieb

Saab Aero XWD Foto: Saab

Stimmt dafür die Technik? Begrenzt. Der Allradantrieb verrichtet einen wirklich guten Job, bringt die Kraft von 210 PS gut verteilt auf die Straße und vermittelt so auch auf regenasser Fahrbahn ein gutes Gefühl. Die Kraft des Vierzylinders ist ausreichend, um sich gut motorisiert zu fühlen. In 8,5 Sekunden hat man Tempo 100 erreicht, was durchaus ordentlich ist. Auch das Drehmoment von 300 Newtonmetern, das zwischen 2500 und 4000 Touren anliegt, ist nicht zu beanstanden. Allerdings ist das manuelle Sechsganggetriebe doch mit viel Gefühl zu betätigen. Lässt man es beim Gangwechsel vermissen, ist ein unschönes Ruckeln beim Anfahren zu spüren.

Zudem erweist sich der Motor alles andere als sparsam. Während im Kombi-Verbrauch 8,6 Liter seitens des Herstellers versprochen werden, lag er bei den Testfahrten bei 10,5 Litern. In der Stadt konnte der angegebene Verbrauch von 11,9 Liter bei umsichtiger Fahrweise indes auf 11,1 Liter gesenkt werden. Doch wirklich gut sind diese Werte nicht - Mitbewerber zeigen auch hier, wie es besser geht. Zudem ruft Saab Preise auf, die es einen schwer machen, sich für ein Auto aus Trollhättan zu entscheiden. So kostet unser Testwagen mindestens 41.100 Euro. Dafür bekommt man bei anderen Herstellern ohne Frage modernere Fahrzeuge vor die Tür gestellt.

Saab 9-3 SportCombi Aero Foto: Saab

Doch um Modernität geht es Saab-Kunden auch nicht primär. Sie setzen auf besagten Individualismus und den besonderen Charme der Marke. Dafür nehmen sie auch Nachteile in Kauf. So war es halt schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben. Für die Marke und die Beschäftigten bleibt zu hoffen, dass sie diesen Individualismus ihrer Kunden auch weiter bedienen kann.

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