Der Bär unter der Motorhaube

Fahrbericht Lada Niva 4x4 mit Autogas

Er dürfte mit seinen 32 Baujahren eines der ältesten aktiven Serienangebote auf dem deutschen Automarkt sein. Man muss kein gutes Haar an ihm lassen, aber kann durchaus auch seine Freude an dem Auto haben.

Von Martin Woldt

Hallo Freunde der rustikalen Fortbewegung. Unser heutiger Tipp ist ein Fahrzeug mit beträchtlichem Spaß- und Erinnerungspotenzial, für Ostalgiker und Nostalgiker gewissermaßen, die der moderne Kapitalismus vielleicht schon ziemlich weit von der einstigen Fahrkultur entfremdet hat. Sollten Sie längst vergessen haben, wie sich ein Flug mit einer Iljuschin 18 anfühlte, beim dem es Sie auf die Sitze zwischen den Propellern verschlagen hatte. Voila! Beim Lada Niva 4x4 müssen Sie nur am Schlüssel (links vom Lenkrad) drehen und kurz aufs Gas gehen, bis Sie spüren, wie Ihnen der bärige Brummton die Beine hoch kriecht und den Mageninhalt sedimentieren lässt.

Mit Gewehrhalterung

Längst löst beim Auftouren kein Nato-Horchposten mehr Alarm wegen einer vermeintlich startenden östlichen Panzerflotte aus, so dass der Niva auch ganz offiziell mit einer 280 Euro teuren Gewehrhalterung zwischen den Vordersitzen angeboten werden kann. Für Jäger versteht sich. Dass das in 32 Jahren mehr oder weniger unverändert gebaute, 3,72 Meter lange Auto so richtig auf den Straßen Westeuropas angekommen wäre, ist deswegen aber noch nicht zu vermelden. Es kennt nach wie vor keine Airbags oder ESP und die Lenkung ist in etwa so zielführend wie die Planwirtschaft, in der sie einst entwickelt wurde. Die Schaltung des Fünfgang-Schaltgetriebes ist hakelig. Hin und wieder zirpt zikadengleich ein Bodenblech, um so urplötzlich wieder zu verstummen wie dem Rückspiegel einfällt, die Blickrichtung zu ändern. Aber man kann nicht sagen, dass das Autos deswegen keinen Spaß macht.

Unterwegs mit Autogas

Die Heckklappe ist nur über einen Haken neben der Rückbank zu öffnen. Foto: Press-Inform

Denn neben der Straße agiert die 81 PS-Maschine mit ungebrochener Unverwüstlichkeit und wartet in aller Seelenruhe auf den Tag, an dem der deutsche Straßenbau seinen Offenbarungseid leisten muss. Das Alles ist im Grunde nicht so neu. Uns interessierte vielmehr die nach dem JVC-Autoradio mit USB-Anschluss (!) zweit modernste Technologie im Niva 4x4: Autogas. Die Umrüstung darauf (2690 Euro) wird zwar schon eine ganze Weile vom Importeur angeboten, war aber vielleicht nie so wertvoll wie heute. Die Technologie ist unauffällig im Fahrzeug integriert und schmälert den knappen Kofferraum nicht nicht im Geringsten. Vier grüne Leuchtdioden informieren stetig über den Füllstand des Gastanks. Das Befüllen ist nach kurzer Internetsuche wegen einer geeigneten Autogas-Tankstelle zumindest hier in Berlin unkompliziert.

Abenteuer für robuste Naturen

Das Cockpit atmet den Geist der siebziger Jahre Foto: Press-Inform

Leistungsunterschiede oder ein anderes Fahrverhalten konnten wir nicht beobachten. Nur wenn man sich, wie wir nach unserem kleinen Abenteuer, mit spitzen Bleistift hinsetzt, erscheint der Gasbetrieb so ökonomisch nicht, als dass man die Umrüstung als den ultimativen Spartipp empfehlen könnte. Der Autogasvorteil für 100 Stadtkilometer betrug 12,50 Euro gegenüber 13,44 Euro für Benzin zu aktuellen Preisen. Aber auf den kurzen Wege im Stadtverkehr kann er wohl auch nicht besser ausfallen. Doch andererseits, den Niva 4x4 als Langstreckenauto anzupreisen, ist ein Abenteuer, das nur robusten Naturen anzuraten wäre.

Magere Ausstattung

Alles Nötige an Bord Foto: Press-Inform

Letztlich muss man sich genau überlegen, wie lange man diesen postsozialistischen Autotraum im Alternativbetrieb träumen möchte. Lange, wäre unsere Empfehlung, sonst fährt man die Umrüstungskosten nämlich nicht wieder ein. Den Fahrspaß, den das Auto vermittelt, bekommt man allerdings auch im Normalbetrieb. 11.950 Euro kostet der Lada Niva 4x4 bei ziemlich spartanischer Ausstattung. Ein anderes Allradfahrzeug, das in vergleichbare Nähe kommt, wäre der Suzuki Jimny, der sich schon etwas moderner gibt, aber auch kein ESP kennt und 14.600 Euro kostet.

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