Dacia Spring: Mehr als nur günstig

Dacia Spring: Mehr als nur günstig
Der Dacia Spring sieht durchaus peppig aus. © Dacia

Teuer, schwer, reichweitenschwach – diese Klischees hat sich bei Teilen potenzieller E-Auto-Kunden verfestigt. Es geht auch anders, wie der Dacia Spring zeigt.

Huch, wer summt denn da heran? Als Mobilitäts-Discounter hat sich die rumänische Marke Dacia in Deutschland etabliert, jetzt will sie auch im Elektromarkt der Kleinwagen Fuß fassen.

Mittel zum Zweck ist ein Produkt aus der Renault-Kooperation mit dem chinesischen Hersteller Dongfeng. Ein 3,73 Meter kurzer Fünftürer, der aktuell nach Abzug der Umweltprämie für 13.550 Euro ausgepreist wird. Vielen könnte das als kostengünstiger Einstieg ins emissionsfreie Fahren erscheinen.

Peppige SUV-Optik

Wer beim Discounter seinen täglichen Bedarf deckt, weiß, dass er nicht das reichhaltige Angebot vorfindet, das der wohlsortierte Supermarkt vorhält. Das ist im Pkw-Bereich kaum anders, auch wenn sich der Dacia Spring bemüht, durch peppige SUV-Optik den Geschmack der Zeit zu treffen. Horizontales Tagfahrlicht, schwarz eingefärbte Radläufe und muskulös ausmodellierte Kotflügel, ausstattungsabhängige Kontrastfarben – alles da, was ein modernes Auto ausmacht.

Auch eine Dachreling gehört zur Karosseriekosmetik, sie ist aber ein Fake, denn eine zugelassene Dachlast gibt es ebenso wenig wie eine Anhänge- oder Stützlast.

Mäßige Zuladung, ordentliche Ausstattung

Beschrämkt aufs Wesentliche: das Cockpit im Dacia Spring. Foto: Dacia

Bei 2,42 Metern Radstand darf man keine Raumwunder von der Kabine erwarten. Vier Erwachsene finden, so sie denn die Durchschnittsgröße nicht überschreiten, einigermaßen gut Platz. Übergewichtig sollten sie möglichst nicht sein, denn sonst muss eventuell am Start der Reise das Gepäck zurückbleiben: Nur 255 Kilogramm Zuladung sind für den Spring laut Datenblatt erlaubt. Da die Karosserie 1,51 Meter hoch ist, müssen sich die Insassen aber nicht über mangelnde Kopffreiheit beklagen. Innen ist die Kabine vorn 1,26 Meter breit, für die hinten Sitzenden 1,24 Meter.

Auch wenn sich nach einer gewissen Nutzungsdauer die Abwesenheit von allerlei Liebgewonnenem offenbart, ist nicht zu behaupten, dass der Dacia Spring frei von Komfort-Merkmalen wäre. Außer einer Klimaanlage und elektrischen Fensterhebern sind da noch Zentralverriegelung und Tempomat, Lichtsensor und höhenverstellbare Gurte, DAB-Radio und Bluetooth-Schnittstelle sowie die (einteilig) umklappbare Rücksitzlehne. In der Version Comfort Plus kommen Rückfahrkamera, Einparkhilfe hinten, Navigations-System und Metallic-Lackierung hinzu.

Geräuschdämmung Fehlanzeige

Was während der Testfahrten nicht so gut ankam, waren die Schabegeräusche in der Lenksäulen-Verkleidung beim Rangieren, offenliegende Schrauben und unpraktische Außen-Klappgriffe der Türen (schon länger ein Dacia-Thema), die fehlende Verstellbarkeit des Lenkrades und die kaum vorhandene Geräuschdämmung, die dazu führt, dass bei 100 km/h auf gut asphaltierter Landstraße im Innenraum um die 70 Dezibel gemessen werden können.

Genauso viel übrigens wie bei 25 km/h auf Kopfsteinpflaster, denn da scheppert die Heckklappe und das Lenkrad zittert wie ein Tropenbewohner am Nordkap. Großflächig verbautes Hartplastik wird hier ausdrücklich nicht kritisiert, denn das sieht man inzwischen auch bei Marken, die keinen Anspruch erheben, notorische Preisbrecher zu sein.

270 Liter Kofferraumvolumen

Auch wenn die Zuladung beschränkt ist, ist die Ladekante mit 75 Zentimetern nicht unnötig hoch und der Gepäckraum fasst zwischen 270 und rund 950 Litern. Will man stets zwei Ladekabel mitführen, reduziert sich das Volumen jedoch noch. Die Ladebuchse befindet sich mittig an der Front und ist deshalb gut zugänglich, nur leider kann man den Öffnungshebel im Innenraum nur ertasten und ihn deshalb auch mal mit dem der Fronthaube verwechseln.

Wer für 600 Euro extra einen CCS-Ladeanschluss bestellt, kann dort mit einer Leistung von 30 kW Strom zuführen, ohne dies beträgt die verwertbare Wechselstrom-Ladeleistung 6,4 kW und der Vorgang dauert rund fünf Stunden. Auffällig bei den Ladetests war, dass die errechnete Reichweite nach einer Nacht an der Haushaltssteckdose bei 200 km lag, während sie sich an der öffentlichen Ladesäule nicht über 170 Kilometer bringen ließ. Ein Praxisverbrauch von weniger als 15 kWh je 100 Kilometer ist aber realistisch.

Eco-Modus bremst bei Tempo 100

Die vom Hersteller angegebene Reichweite von 230 Kilometern lässt sich allenfalls bei permanenter Rekuperation im Stadtverkehr erreichen. Insofern entspricht die Nennkapazität des Akkus von 27,4 kWh dem bevorzugten Einsatzgebiet von Kleinwagen. Die Nutzer können auch einen verbrauchsmindernden Eco-Modus wählen, der die erreichbare Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt. Maximal sind 125 km/h möglich. Unkonventionell ist die Getriebesteuerung per Drehknopf, der ohne „P“-Stellung auskommt. Die gute alte Hebel-Handbremse erfüllt diese Funktion.

Günstiger Einstieg in die E-Mobilität: der Dacia Spring. Foto: Dacia

Fahrdynamisch weckt die Motorleistung von 33 kW (44 PS) keine besonderen Hoffnungen, was auch gut so ist, denn die Sitze bieten nur mäßigen Seitenhalt. Zwar spurtet der Wagen beim Tritt aufs Fahrpedal spürbar munter los, jedoch wollen Überholmanöver gut überlegt sein. Die Lenkung ist nahezu gefühllos und entwickelt nur ein minimales Rückstellmoment. Angesichts des Fahrzeuggewichts von kaum mehr als einer Tonne sollte man bei Überlandfahrten auf eine gewisse Seitenwind-Empfindlichkeit gefasst sein.

Der Dacia Spring ist weder teuer noch schwer, seine Alltags-Reichweite entspricht grob gerechnet dem zur Verfügung gestellten Stromvorrat. Wer einen günstigen Einstieg in die Elektromobilität sucht und bereit ist, Abstriche bei Fahrkomfort oder Ausstattungs-Optionen in Kauf zu nehmen, kann mit ihm durchaus Freude haben. Denn er ist unkompliziert, vielseitig und erfüllt, wozu viele Menschen ein Auto brauchen: Um von A nach B zu kommen.

Vorheriger Artikel«Wir setzen gerade vor allem auf Voll-Hybride»
Nächster ArtikelMercedes setzt auf dynamischere Klangwelten
Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

Keine Beiträge vorhanden