Nein, Cupra bringt neben dem Born und dem Tavascan vorerst kein weiteres Elektro-Modell. Mit dem Terramar kommt zunächst ein reichweitenstarker Plug-in-Hybrid.
Die Modelloffensive bei der selbsternannten Challenger-Brand Cupra geht weiter. Der Terramar, ein Name der die südländischen Worte „Erde“ und „Meer“ vereint, soll für die erst 2018 ins Leben gerufene Marke der ganz große Wurf werden. Schließlich überragt er das durchaus erfolgreiche SUV Ateca um 13 Zentimeter, den nächstgroßen Formentor um deren sieben. Klingt beides wenig, ist aber im Hinblick auf die Geräumigkeit des Innenraums und das Platzangebot für die Hinterbänkler ein Quantensprung, der von einem Familienauto erwartet wird.
Die hauseigene Design-Schneiderei geht beim Kleid des Neulings bewusst andere Wege als bei den kleineren Brüdern. Als Pate fungierte eher der deutlich längere Tavascan, der und wohl mit dem Terramar um das Prädikat „Flaggschiff“ der Cupra-SUV wetteifern wird. Doch der Tavascan ist ein lupenreines Elektroauto, wird bei den Jüngern des Fortschritts offene Türen einrennen.
Auch als Plug-in-Hybrid
Der Terramar liefert dagegen ein Stück Verbrenner-Nostalgie, setzt auf dicke Muckies unter der Haube, egal was da hinten rauskommt. Dabei kann er zumindest zeitweise auch Elektro, kombiniert einen 1,5-Liter-Vierzylinder mit einem Elektromotor, dessen per Stecker aufladbarer 19,7 kWh-Akku für eine elektrische Reichweite von bis zu 120 km sorgt. Natürlich nur, wenn man den Verlockungen der mächtigen Systemleistung (272 PS) tapfer widerstehen kann.
Welchen Beitrag zur CO2-Einsparung so ein Plug-In-Hybrid in der Praxis wirklich bringt, hängt also vom Fahrer ab. Im Preis sind der Stromer Tavascan und sein Verbrenner-Kollege in gleichen hohen Bereichen unterwegs, wobei der Stromer mit seinen 53.240 Euro sogar rund 3000 Euro günstiger als sein hauseigener Rivale daherkommt. Klingt nach einer Art von Cupra-Strafzoll für die Gestrigen. Und die wollen nun mal bevorzugt sportlich unterwegs sein. Dazu bringt der Terramar das nötige Rüstzeug. Die Frontpartie mit der leicht nach oben gewölbten Haube, die von gen Asphalt strebenden Karosserie-Linien geprägt ist. Darunter ein schmallippiger Lufteinlass, der den vergitterten gewaltigen Kühlergrill beschirmt.
Vielzahl von technischen Nettigkeiten
Das ist das Cupra-Gesicht, das auch den Elektro-Tavascan oder den Formentor ziert. Mit etwas Fantasie sind auch die Grundzüge des Porsche-Urgesteins Cayenne erkennbar, auch wenn keinerlei Verwechslungsgefahr besteht. Garniert ist das alles mit Schmankerln wie dem LED-Matrix-Licht, das tagsüber ein Dreiecks-Design aus OLED-Scheibchen bildet. Zur Komposition gehört auch eine Haifischnase (Shark-Nose). Die Dreiecks-Optik ist auch bei den Heckleuchten zu finden, die mit einer leuchtenden Lichtspange miteinander verbunden sind. Auch das mittige Cupra-Logo ist beleuchtet und lässt bei Hinterherfahrenden keinen Zweifel, aus welchem Stall der Vordermann kommt.
Der Kommandostand des Fahrers wird wie heute üblich von einem 12,9-Zoll-Monitor dominiert, Die wichtigen Angaben zu Tempo, Drehzahl oder Batteriestand bedienen ebenfalls die virtuelle Welt, die sich hinterm Lenkrad breitmacht. Ein Head-Up-Display ist ebenso obligatorisch wie ein kleines Rändelrad unter einem Cupra-Logo, das die Elektronik veranlasst, die Kraft des Motors voll auszureizen und dabei auch die Fähigkeiten des Doppelkupplungs-Getriebes zu fordern. Hinzu kommt ein elektrischer Bremskraft-Verstärker, der spontaner ansprechen soll. Geregelt werden kann auch das Fahrwerk, dessen Stoßdämpfer je nach Laune in Richtung Komfort oder Sportlichkeit angepasst werden können. Ein Gesamtkunstwerk, was da auf uns zurolllt, das edle Materialien nutzt, passgenaue Sitze bereitstellt und schön anzusehen ist.
Leistung von 272 PS
Bei den Testrunden um die Cupra-Heimat Barcelona herum kommt schnell Wohnlichkeit auf, unterstützt durch ein Audio-System von Sennheiser. Die meisten der zahlreichen Funktionen, die das Cockpit bietet, sind schnell erklärt. Einige andere erfordern eine Lehrstunde, wie der Umgang mit den verschiedenen Modi des elektrischen Fahrens, die Tricks für das verbrauchsgünstigte Laden der Batterie oder die Anleitung, wie ein entferntes Ziel ohne des Einsatzes des Benziners zu erreichen ist.
Wenn dann die Autobahn erreicht ist, droht schnell Ungemach seitens aufmerksamer Ordnungshüter. Bei 120 km /h ist in Spanien Sperrstunde angesagt. Und natürlich scheinen die 272 Pferde unter der Haube gierig darauf zu lauern, ihr enges Verliess auf Befehl ihres Pferdehirten zu verlassen. Der Terramar könnte, wenn er dürfte, auf der linken Spur einer deutschen Autobahn schnell ein Held und könnte dank seiner feinen Lenkung, seiner Durchzugskraft und seiner Spurtreue locker den Titel des Kurvenkönigs der Landstraße einheimsen.
Viel Platz im Innenraum
Doch da ist ja diese zweite Seite des Terramar, denn der iberische Sportler ist im Zweitberuf ja auch noch ein Familienversteher. Dank des großzügigen Radstandes von fast 2,70 Metern werden die Rücksitze zur Wohlfühlzone der Hinterbänkler, Platz für die Großeltern oder für den Nachwuchs, der in ungewohnt heimeliger Umgebung in seine Instagram-Welt abttauchen kann. Ladebuchsen sind natürlich in Reichweite. Lobenswert auch der volllständige Katalog der Sicherheitssysteme. Manche serienmäßig andere gegen Aufpreis.
Fraglos wird sich der Terramar seinen Weg bahnen und so die Frage beantworten, ob sich ein Verbrenner der eher klassischen Art gegen die vielleicht auch bald wieder stärker werdenden Stromer auf Dauer wird behaupten können. Das Einstiegsmodell des Terramar, der unter dem im VW-Konzern bekannten Kürzel 1,5 e-TSI antritt und ist mit 130 PS gerade noch ordentlich unterwegs. Der kleine Vierzylinder reicht für den Alltag locker aus. Das 48 Volt Bordnetz und ein kleiner elektrischer Motor liefern auch hier elektrische Impulse. Dieser Terramar ist mit 43.020 Euro gut 13.290 Euro günstiger als sein nobles Schwestermodell, der mit den zwei Herzen. (SP-X)