Der Citroen Berlingo bietet 30 Ablagemöglichkeiten. Doch wer sich für einen Hochdachkombi entscheidet, der verlangt genau nach solchen Details – und noch viel mehr.
In unserem Alltagstest erweist sich der Hochdachkombi als äußerst vielseitig und technisch auf dem neusten Stand. Soll es richtig gediegen sein, hat das allerdings einen fast schon stolzen Preis.
Einfach nur Kasten reicht heutzutage nicht mehr, weshalb Citroen unter anderem dem Blech-Kunststoffkleidchen des Berlingo viel eigenen Charme mit auf den Weg gegeben hat. Die bullige Front mit kuriosem Scheinwerfer-Layout, Plastikverkleidung in den Flanken, der angedeutete Unterfahrschutz oder nicht zuletzt eine Lackierung in Mintgrün verleihen dem Raumriesen Charakter.
Citroen Berlingo lediglich 4,40 Meter lang
Im Vergleich zu den derzeit besonders gefragten SUV wirkt der hochbauende Franzose zudem verblüffend wuchtig, obwohl wir die lediglich 4,40 Meter lange M-Version getestet haben. Alternativ ist der Citroen Berlingo auch in einer um 35 Zentimeter längeren XL-Version zu haben. Bereits die kompakte Variante vermag einen eigentlich gestandenen Hochbeiner wie den Kia Sportage optisch zum Autozwerg zu degradieren.
Ein „kleiner“ Berlingo sollte jedenfalls für die meisten Bedürfnisse des durchschnittlichen Familienbetriebs völlig ausreichen. Die vorderen Gäste können erhöht und damit recht bequem ein- und aussteigen und viel Freiraum genießen. Vor allem die Kopffreiheit ist enorm, auch längere Beine lassen sich locker unterbringen. Selbstverständlich kann man Fahrersitz und Lenkrad auf seine individuellen Bedürfnisse hin anpassen. Ebenfalls geräumig ist der beidseitig über praktische Schiebetüren erreichbare Fond, der optional drei gleichgroße und auch für Erwachsene ausreichend breite Sitze bietet. Auch dank der Abwesenheit eines Kardantunnels ist der Franzosen also ein vollwertiger Fünfsitzer.
Sitze lassen sich einfach umlegen
Hinter und unter den gegen Aufpreis besonders schick gepolsterten Einzelsitzen erstreckt sich eine mächtige Nutzwertlandschaft. Mit jeweils einem Handgriff direkt an der Lehne lassen sich die Sitze einzeln nach vorn klappen. Dank der sich parallel absenkenden Sitzfläche machen sie sich zudem besonders flach. Die reinen Literwerte sind imposant: 775 fasst das Gepäckabteil, 3.500 sind es bei umgelegten Rücksitzen.
Dank des ebenfalls umlegbaren Beifahrersitzes kann man im „kleinen“ Berlingo zudem bis zu 2,70 Meter lange, sperrige Gegenstände einladen.
Im Frühjahr 2019 wollen die Franzosen ein Umklappen der Rücksitzlehnen vom Heck aus per Fernentriegelungshebel ermöglichen. Weitere smarte Lösungen sind eine separat in der riesigen Kofferraumklappe aufklappbare Heckscheibe und einige der eingangs erwähnten Zusatzstaufächer. Für den Dachhimmel des Kofferraums gibt es eine großzügige Plastikbox mit zwei Schiebetüren, im Fußraum des Fonds befinden sich zwei Bodenfächer und mittig durchs Fahrzeug zieht sich noch eine Dachablage aus semitransparentem Kunststoffglas, welches es leicht macht, dort deponierte Gegenstände – auch ein Smartphone – auszumachen.
Hoher Nutzwert
In Sachen Nutzwert kann dem Berlingo also kaum jemand das Wasser reichen, in puncto Qualitätsanmutung schon eher. Jedenfalls sind hier softe Kunststoffflächen rar gesät. Im angenehm ergonomisch gestalteten Cockpitbereich dominiert Hartplastik mit zum Teil etwas spröder Anmutung und gewissen Einbautoleranzen. Es finden sich aber ebenfalls ein paar Feinheiten wie etwa der haptisch angenehme und zudem mit Leder bezogene Schalthebel aus Metall, Head-up-Display, die schicke Bedieneinheit der Klimaautomatik mit kleinen, digitalen Temperaturanzeigen oder der große, feststehende Touchscreen mittig im Armaturenbrett.
Letzterer ist Basis für das vielseitig nutzbare Infotainmentsystem, das gegen Aufpreis auch navigieren und dabei auch Echtzeitverkehrsinformationen für eine recht präzise Stauprognose einbeziehen oder DAB-Radiosender empfangen kann.
Diesel mit 130 PS
Allein schon dank dieser Technik ist der Citroen ein angenehmer Partner für lange Touren, auf denen insbesondere der starke 1,5-Liter-Diesel mit üppigen 130 PS überzeugt. Die 300 Newtonmeter Drehmoment schieben den 1,6-Tonner in 11,5 Sekunden auf Tempo 100, maximal sind offizielle 186 km/h möglich. Mit viel Heimweh und Rückenwind lässt sich die Tachonadel auch mal jenseits der 200 km/h treiben. Der dank Adblue für die Abgasnorm Euro 6d-temp fitte Franzose wird allerdings bei forciertem Tempo etwas durstig. Die 4,4 Liter Normverbrauch lassen sich auch auf deutlich über 7 Liter treiben. Bei vielen flotten Autobahnkilometern haben wir es im Schnitt auf letztlich knapp über sechs Liter gebracht.
Flottes Fahren, zumindest wenn es geradeaus geht, bereitet auch dank des Fahrwerks Freude, denn der Wagen liegt selbst bei Topspeed angenehm vertrauenerweckend und ruhig auf der Straße. Und in klassisch französischer Art werden Unebenheiten weggefiltert, was vor allem im Stadtverkehr eine Wohltat ist. Straßen mit Kopfsteinpflasterung nimmt der Citroen jedenfalls jeglichen Schrecken.
Geringe Windgeräusche
Auch die Windgeräusche halten sich in erfreulicher Weise zurück. Zwar bietet der Citroen Berlingo einen angenehm kleinen Wendekreis, allerdings sind schnelle Kurven nicht so ganz sein Metier. Den Hochdachkombi kann man auch flott ums Eck scheuchen, doch die dabei stark wankende Karosserie offenbart dem Fahrer die Abwesenheit stabilisierender Ausbuchtungen im Sitz. Außerdem verhagelt die recht synthetische wirkende Lenkung mit einem gewissen Eigenleben die Freude an spontanen Richtungswechseln.
Ähnlich vorhersehbar wie das nur mäßig agile Fahrverhalten ist auch sein Preis. Der driftet, sofern man bei den vielen attraktiven Antriebs- und Ausstattungsoptionen ein gehobenes Niveau wünscht, in monetären Sphären ab, die kaum mehr als familienfreundlich durchgehen.
Wer es gediegen mag, darf auf den Basispreis von rund 19.000 Euro noch locker eine fünfstellige Summe draufschlagen. Dann reicht es für den starken 130 HDi in der Topausstattung Shine sowie eine Reihe attraktiver Extras. Dazu gehören zum Beispiel das 400 Euro teure Drive-Assist-Paket mit Verkehrszeichenerkennung sowie den jeweils feinfühlig arbeitenden Abstandstempomaten und Fernlichtassistenten. Die Navigation mit DAB-Radio kostet weitere 600 Euro. Gar 2.000 Euro verlangt Citroen für eine Achtgangautomatik, die den Komfortreigen nach oben hin abrundet. In jedem Fall ordern sollte man das Komfort-Paket mit Induktionsladeschale für Smartphones, die damit ihren fest zugewiesenen Platz im Citroen Berlingo haben und nicht mehr so leicht im Ablagen-Gewimmel untertauchen. (SP-X)