Cadillac Escalade: Doppel-Whopper

Oberklasse-SUV wurde überarbeitet

Cadillac Escalade: Doppel-Whopper
Der neue Cadillac Escalade. © Cadillac

Der Cadillac Escalade ist gemacht für ein Land wie die USA. Nun wurde der Oberklasse-SUV der GM-Tochter zum Generationswechsel überarbeitet – und dabei wurde in die Vollen gegangen.

Die Straßen in Amerika sind breiter, die Kurven weiter, die Parkplätze größer und das Benzin viel, viel billiger. Warum also sollte man dort kleine Autos fahren? Niemand weiß das besser als Cadillac. Zwar hat auch die vornehme GM-Tochter mittlerweile ordentliche Limousinen im Format von Dreier- und Fünfer-BMW im Programm.

Doch ihr Geld verdienen die Amerikaner mit einem Auto, das ebenso groß wie großartig ist. Dem Cadillac Escalade. Die amerikanische Antwort auf Mercedes GL und Range Rover mag gemessen an Dauerbrennern wie dem technisch eng verwandten Chevrolet Suburban und seinem kleinen Bruder Tahoe noch vergleichsweise jung sein. Schließlich wird er erst seit 1999 angeboten und steht gerade mal in der vierten Generation.

Escalade meistverkaufter Cadillac

Aber er ist jenseits des Atlantiks nicht nur eines der erfolgreichsten SUV in der Oberliga, sondern er ist weltweit auch der meistverkaufte Cadillac. Kein Wunder also, dass die Amerikaner beim aktuellen Generationswechsel, der sich in Amerika schon jetzt und bei uns erst zum Jahresende vollzieht, wenig Bescheidenheit üben und stattdessen lieber noch einmal in die Vollen gehen.

Das beginnt beim ebenso stolzen wie kantigen Design, das dem Betrachter mit jeder Menge Chrom am Kühler und den 22-Zoll-Rädern sowie LED-Effekten vorn und hinten auch zur Dämmerung noch die Sonnenbrille ins Gesicht zwingt. Das geht weiter mit der Ausstattung, die von den elektrisch ausklappbaren Trittleisten bis zum WLAN-Hotspot und dem Head-Up-Display so ziemlich alles bietet, was General Motors an Finessen so auf Lager hat.

Auch XXL-Version im Angebot

Cadillac Escalade
Der Innenraum des Escalade Cadillac

Das ist auch beim Platzangebot noch nicht zu Ende. Denn obwohl der Escalade bei 5,18 Metern Länge und 2,95 Metern Radstand schon in der Standard-Version mehr Raum bietet als jedes bessere Hotelzimmer in Las Vegas oder New York, gibt es die Wuchtbrumme auch noch in einer XXL-Version, die noch einmal um über 50 Zentimeter in die Länge geht. Und zum ersten Mal wird dieser Cadillac Escalde ESV jetzt auch bei uns angeboten.

Wer den bestellt, der kann seine Eigentumswohnung getrost verkaufen oder in ein kleineres Appartement umziehen. Denn die Sessel sind bequemer als daheim in der guten Stube. Der Nachwuchs hat auch in der dritten Reihe mehr Platz als im Kinderzimmer. Und der Kofferraum fasst mit mindestens 1,1 und maximal 3,5 Kubikmetern mehr als die meisten Kellerräume.

Die schönsten Blüten treibt die charmante Großmannssucht der Amerikaner aber unter der Haube: Diesel? Hybrid? Downsizing? Who cares? Ein großes Auto braucht einen großen Motor, und was gibt es da besseres als einen soliden Achtzylinder. Also fährt auch der neue Escalade wieder mit einem 6,2 Liter großen V8-Motor. Der hat zwar – so viel Political Correctness muss schon sein – eine Zylinderabschaltung.

Und wenn man auf einem tempolimitierten US-Highway dahin bummelt, dann kocht der Escalade tatsächlich überraschend häufig auf vier Töpfen. Aber wenn man aufs riesige Fahrpedal tritt, dann passiert auch was: Kolben dick wie Fußballerbeine stampfen durch die Zylinder, mobilisieren bis zu 420 PS und maximal 623 Nm und beweisen, dass man mit dem richtigen Motor auch die trägste Masse flott in Fahrt bringen kann. Nicht umsonst liegt der Sprintwert für den 2,7 Tonnen schweren Luxusliner bei etwa 6,0 Sekunden und das Spitzentempo ist nur wegen der amerikanischen Gesetzgebung auf rund 170 km/h limitiert.

120 Liter-Tank sorgt für 700 km Reichweite

Oft sollte man das allerdings nicht ausreizen. Sonst ist selbst der 120-Liter-Tank schneller leer als der Cola-Vorrat, den man beim Fahrtantritt in einem knappen Dutzend Cupholder gebunkert hat. Wenn man dagegen schön gemächlich mit ruhigem Puls und niedrigem Blutdruck dahin rollt, ist der Escalade fast schon ein sparsames Auto und kommt locker mehr als 700 Kilometer weit.

Und vor allem genießt man dann eine Ruhe, wie man sie sonst nur in der Wüste von Arizona oder auf den großen Plains von Colorado erleben kann. Denn von dem Kraftwerk unter der Haube hört und spürt man im Innenraum bei gemächlicher Gangart nichts, so gut ist der Wagen in der neuesten Auflage gedämmt. Das fühlt sich an, als führe der Wagen von Geisterhand was bei so einem dicken Schiff besonders gespenstisch wirkt.

Lässiges cruisen, das ist in diesem Auto nicht nur die billigste, sondern auch die beste und vor allem bequemste Art der Fortbewegung. Dann schluckt die Magnetic Ride Federung wirklich jede Bodenwelle und bettet einen wie auf Wolken, die etwas träge Sechsgang-Automatik kommt beim Schalten tapfer mit und man hält den Kurs so entspannt wie ein Kapitän auf seinem Ozean-Dampfer. Ja, der Escalade kann auch schneller. Aber dann wird’s am Steuer ziemlich anstrengend, in Kurven hält man schnell mal die Luft an und in engen Ortsdurchfahrten schnellt der Puls in die Höhe.

Preise stehen noch nicht fest

Cadillac Escalade
Das Heck des Escalade Cadillac

Weil es noch fast ein halbes Jahr dauert, bis dieser Doppel-Whopper offiziell auch in Europa serviert wird, wollen die Amis noch keine Preise verraten. Aber so viel ist sicher: Billiger als die 79.690 Euro für das aktuelle Modell in der Basisversion wird das Vergnügen kaum werden. Von den US-Preisen ab umgerechnet knapp 54.000 Euro jedenfalls können wir nur träumen. Und wenn man die Platinum-Version mit allem Furz und Feuerstein haben will, steht womöglich sogar eine Neun an erster Stelle.

Doch beim Escalade kann sich Cadillac solch eine selbstbewusste Preispolitik sogar erlauben. Denn anders als Limousinen wie der ATS oder der CTS hat der Gigant für Boulevard und Buckelpiste bei uns durchaus eine Chance. Schließlich ist er in Europa allein auf weiter Flur und muss allenfalls den Mercedes GL fürchten. Und mal ganz ehrlich: Wenn schon einen Riesen-Burger, dann doch bitte auf Amerikanisch und nicht auf Schwäbisch. Oder? (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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