BMW X6 M: Sonderfall für PS-Hungrige

Bärenstarkes SUV-Coupé

BMW X6 M: Sonderfall für PS-Hungrige
Die neue Generation des BMW X6 legte kräftig zu. © BMW

Die M-GmbH hat den BMW X6 in seiner sportlichsten Variante noch einmal um ein paar Pferdchen verstärkt. Auf den stärksten Einzelmarkt kommt der Bolide gerade zur rechten Zeit.

Von Axel F. Busse

Für Frank van Meel ist das M der „stärkste Buchstabe der Welt“. Und wenn man sich das neueste Produkt der Firma anschaut, der er vorsteht, fällt es nicht schwer, das zu glauben: Der BMW X6 M hat 423 kW / 575 PS, noch eine Schippe mehr als das Vorgänger-Modell, das ebenfalls von der M-GmbH getunt wurde.

BMW X6 M kommt am 11. April

Der bärenstarke Allradler kommt für die Marketing-Strategen von BMW genau zur rechten Zeit. Der M-Gmbh sind die USA der wichtigste Markt weltweit und dort ist der Sprit zurzeit so billig wie schon lange nicht mehr. Deutlich weniger als zwei Dollar müssen an der Zapfsäule im Schnitt für eine Gallone (3,8 Liter) Benzin bezahlt werden, umgerechnet nicht mehr als 40 Euro-Cents je Liter. Da wundert es nicht, dass Autos, deren Verbrauch im Alltagsbetrieb zuverlässig zweistellig ist, wieder Konjunktur haben. Und deshalb kann die M-GmbH getrost mit einem neuen Absatzrekord rechnen, auch wenn 2014 mit rund 45.000 Auslieferungen weltweit bereits eine neue Bestmarke aufgestellt wurde.

Ab 11. April werden die deutschen Kunden die ersten der im US-Werk Spartanburg gefertigten X6 M bekommen. Man erkennt sie an den großen Lufteinlässen an der Front, den neuen Sportsitzen mit integrierten Kopfstützen sowie dezenten M-Applikationen an den vorderen Kotflügeln und am Heck. Die skulpturale Modellierung der Heckpartie lässt eine nach unten offene Spange erahnen, die das Fahrzeug satt und breit auf die Straße stellt. Der etwas kantige und weniger emotional aufgeladene X5 M rollt zeitgleich an.

BMW verteilt 20 PS mehr für X6 M

575 PS wurden dem BMW X6 M mitgegeben.
Das Heck des BMW X6 polarisiert auch in der M-Version BMW

Antrieben wird das fünftürige SUV-Coupé von einem 4,4 Liter großen V8-Turbomotor, dessen 20-PS-Zuwachs mit einer Steigerung des Drehmoments um 70 Newtonmeter auf 750 Nm einher geht. Die Anordnung der Lader zwischen den Zylinderbänken dient einer kompakten Bauweise, erfordert aber auch ein ausgefeiltes Temperatur-Management. Fünf Kühlkreisläufe mit ebenso vielen Pumpen sowie zehn Kühler sorgen für eine ausgeglichene Temperierung.

Die für die Portionierung der Kraft zuständige achtgängige Steptronic wurde modifiziert und der höchste Gang länger übersetzt. Für ein explosionsartiges Anfahrgefühl sollen die zylinderbankübergreifenden Abgaskrümmer sorgen, bei denen jeweils zwei zusammengeführte Abgasströme die beiden TwinScroll Turbolader vierfach antreiben. Heraus kamen beeindruckende Fahrleistungen. In 4,2 Sekunden ist im Bedarfsfall der Sprint auf 100 km/h erledigt – ein Wert, der sogar im Sportwagen-Segment nur selten erreicht wird. Nur sind dort die Autos im Schnitt 800 bis 1000 Kilogramm leichter als das massige Über-SUV. Von Hause aus ist der X6 M bis zu 250 km/h schnell, kann aber noch zulegen. Kunden, die ein Drivers Package buchen, lassen die elektronische Bremse bis auf 280 km/h hinaus schieben. Eingefangen wird das Temperament von Bremsen aus Verbund-Werkstoff, die neu und sogar serienmäßig sind.

BMW X6 M wie für die Rennstrecke gemacht

575 PS wurden dem BMW X6 M mitgegeben.
BMW

Um die Kraft adäquat auf die Straße zu bringen, wurden gemeinsam mit Pirelli und Michelin neue Reifen für 20- und 21-Zoll-Felgen entwickelt. Abweichend vom Vorgänger sind sie nicht in Run-Flat-Technologie ausgeführt, was einerseits den Fahrkomfort fördert und andererseits Gewicht einspart. Insgesamt ist das Fahrzeug laut BMW trotz größerer Produktsubstanz um etwa 40 Kilogramm leichter geworden.

Da der Athlet unter dem bayerisch-amerikanischen SUV so offensiv auf Leistung spielt, probiert man ihn zweckmäßiger Weise gleich auf der Rennstrecke aus. Dort beeindruckt er durch spontane Leistungsentfaltung, agiles Handling und präzise Reaktion auf Lenkbefehle. Freilich kann er seine anabolika-verdächtige Muskelmasse nicht ganz kaschieren und gibt bei scharfer Kurvenfahrt eine gewisse Karosserieneigung zu erkennen.

BMW X6 M um 20 Zentimeter abgesenkt

575 PS wurden dem BMW X6 M mitgegeben.
Nicht ganz optimal gepolstert ist das Cockpit des BMW X6 M BMW

Das ist wenig überraschend, denn trotz des gegenüber dem Standardmodell abgesenkten Fahrwerks liegt der Fahrzeug-Schwerpunkt noch immer jenseits von 60 Zentimetern über Grund – das sind rund 20 Zentimeter mehr als beispielsweise bei einem BMW 2er-Cabrio. Die mit dem letzten X6 M eingeführten Abstützpolster an der Mittelkonsole lernt man daher in Linkskurven wieder neu zu schätzen. Bei Rechtskehren muss das linke Knie des Fahrers die Fliehkräfte auffangen, weshalb man bei BMW ruhig über ein weiteres Polster an der Türverkleidung nachdenken könnte.

Der Allradantrieb ist heckbetont ausgelegt und er lässt bei entsprechender Vorwahl im Fahrstabilitäts-Programm vorsichtige Driftwinkel zu. Im Extremfall kann die Elektronik das komplette Antriebsmoment an die Vorderachse schaufeln. Trotz der hohen bewegten Massen reagiert die Fuhre sensibel auf Lenkbefehle und stellt selbst in verschärfter Gangart keine zu großen Anforderungen an Fahrerin oder Fahrer. Während bei gemächlicher Autobahnfahrt durchaus Verbräuche mit einer zehn vor dem Komma erzielbar sind, kann der Ausflug auf die Rennpiste leicht mit dem zweieinhalbfachen geahndet werden. Offiziell gibt BMW den Verbrauch mit 11,1 Litern je 100 Kilometer (nach EU-Norm) an.

Die aktuellen Spritpreise lassen dies zwar weniger schmerzhaft erscheinen, dennoch bleibt der X6 M ein Sonderfall für PS-hungrige und gleichzeitig zahlungskräftige Kunden. Das Fahrzeug kostet in Grundausstattung (mit 20-Zoll-Felgen) 117.700 Euro, der X5 mit dem starken Zusatzbuchstaben kostet 114.300 Euro.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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